Anlässlich des 65. Jahrestages der Befreiung des ehemaligen Konzentrationslagers in Auschwitz gibt es eine Reihe von Gedenkveranstaltungen und Bemühungen den Holocaust aufzuarbeiten, das angeblich Unfassbare einer Erklärung zuzuführen. Wie konnte so etwas geschehen? Wir versuchen auf Grundlage der dialektisch-materialistischen Methode einen Beitrag zu dieser Debatte zu liefern.
Antisemitismus hat in Ländern wie Deutschland, Österreich, Polen, der Ukraine oder in den baltischen Staaten u.a. eine lange Tradition. Auch hier kam es immer wieder zu gewaltsamen Übergriffen, Pogromen und massenhafter Verfolgung. Der Antisemitismus, der in Europa bis dahin vor allem religiös motiviert war und seit Jahrhunderten gehegt und gepflegt wurde, bekam unter den Nazis aber eine völlig neue Ausrichtung und wurde rassistisch erklärt. Ernest Mandel schreibt in seinem Buch „Der Zweite Weltkrieg“, dass die alte Form des Antisemitismus „zu Pogromen führte, die im Vergleich zu den Nazi-Mördern das waren, was ein Messer im Vergleich zur Atombombe ist.“
Der Antisemitismus gehörte von Anfang an zu den Grundpfeilern des nationalsozialistischen Gedankenguts. Die Nazis waren aber keineswegs die Erfinder dieser rassistischen Ideologie. Hitler und seine Mitstreiter sahen sich als die konsequentesten Vertreter der nationalen Idee, die in der Gesellschaft des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts immer stärker an Einfluss gewann. Der Nationalismus jener Epoche ging meist Hand in Hand mit einer Anwendung der Darwinschen Evolutionstheorie auf die Gesellschaft und die Nation, welche als Organismen dargestellt wurden, die von außen durch eine Art gefährlichen Virus bedroht seien. Hier liegt auch der gedankliche Ursprung so mancher Umvolkungsideologen von heute.
Es sollte hier aber doch auch darauf hingewiesen, dass Antisemitismus, Rassismus und Nationalismus alles andere als rein deutsche Phänomene darstellten. In ganz Europa erlebten diese Ideologien in dieser Zeit eine Hochblüte. Ein wesentlicher Bereich der bürgerlichen Kultur war durch Rückgriffe auf den Mystizismus, eine hysterische Angst vor den Massen und eine Idealisierung vorchristlicher, germanischer Kulte geprägt. Die nationalsozialistische Bewegung knüpfte an diese reaktionäre „New Age“-Welle gezielt an und wurde zu ihrem wichtigsten Sprachrohr.
Gegen diesen Aufschwung reaktionärer Ideologie war auch die Arbeiterbewegung nicht immer immun. Je stärker reformistische Strömungen in dieser wurden, desto eher machten sich auch nationalistische und rassistische Ideen breit. Der Reformismus unterstützte in der Regel die imperialistischen Expansionsbemühungen der eigenen herrschenden Klasse und war dementsprechend offen für Ideologien, die diese Politik zu rechtfertigen versuchten.
Imperialismus und Rassismus
Die faschistischen Regime verfolgten im Interesse der herrschenden Klasse eine aggressive imperialistische Politik. In Deutschland war diese Idee einer Expansion der eigenen Einflusszonen eng mit dem Konzept der Eroberung „neuen Lebensraums“ vor allem im Osten Europas verbunden. Hier, wo das deutsche Großkapital nach Märkten, Rohstoffquellen und billigen Arbeitskräften strebte, sahen viele Deutsche die Möglichkeit, auf fruchtbarem Boden dem Ideal des „freien deutschen Bauern“ nachzugehen. Vor allem die deutschen Minderheiten in den durch die Neuaufteilung Europas nach dem Ersten Weltkrieg entstandenen osteuropäischen Staaten wurden dabei gezielt als Speerspitze des vom deutschen Imperialismus gewünschten „Drangs nach Osten“ eingesetzt.
Dabei bot der Rassismus der Nazis die passende Ideologie für diese imperialistische Expansionsstrategie. Slawen und Juden, welche diesen Plänen im Wege standen, wurden von den Nazi-Vordenkern als „minderwertige Rassen“ definiert. Diese Rassenideologie sollte auch die Versklavung, Vertreibung und schließlich sogar die Vernichtung dieser Nationen legitimieren.
Der Rassismus war im Nationalsozialismus in den Rang einer Wissenschaft erhoben worden. Die Juden wurden mit Tieren gleichgesetzt, denen konsequenterweise die grundlegenden Menschenrechte sodann auch nicht zukommen können. Die angebliche Minderwertigkeit der „jüdischen Rasse“ wurde nun zu einer genetischen Tatsache hochstilisiert. Dies gipfelte in dem Wahn, die „deutsche Volksgemeinschaft“ vor dieser Gefahr schützen zu müssen. Die konsequente Antwort musste in der Vernichtung der Juden liegen. Den Weg einer kulturellen oder religiösen Assimilation, den viele Juden in den Jahrzehnten zuvor gegangen waren, um dem Antisemitismus zu entfliehen, gab es unter den Nazis nicht mehr. Wer nicht fliehen konnte oder wollte, dem/der war die Deportation in die Todeslager gewiss.
Mit der Machteroberung Hitlers im Jahre 1933 ging eine gezielte Umsetzung antisemitischer Konzepte einher. Anfangs beschränkte sich dieser staatliche Rassismus auf das Verdrängen der Juden aus dem öffentlichen Leben. Dem folgte das systematische Konfiszieren jüdischen Eigentums. Mit der „Reichskristallnacht“ 1938 bekam der Antisemitismus eine neue Dimension. Systematisch wurde nun eine Pogromstimmung gegen die jüdische Bevölkerung geschaffen. Diese gewaltsamen Übergriffe waren aber kein „spontaner Ausdruck des Volkszorns“, sondern vielmehr eine organisierte Aktion der Nazi-Schlägertrupps – mit oder ohne Uniform der SA oder der SS. Die Nazis verfügten zweifelsohne über eine breite Massenbasis, vor allem im durch die kapitalistische Krise deklassierten Kleinbürgertum.
Es gibt aber durchaus Hinweise, wie der Soziologe Zygmunt Baumann in seinem Buch „Modernität und der Holocaust“ aufzeigt, dass sich die Nazis in Folge der Reichspogromnacht klar wurden, dass diese Politik der Gewalt in der Bevölkerung nicht die von ihnen erhoffte Unterstützung genoss. Aus dieser Erfahrung erst wurden die Stimmen in der NSDAP und im Staatsapparat lauter, die eine besser organisierte Vorgehensweise bei der „Lösung des Judenproblems“ einforderten.
In diesem Zusammenhang sei auch darauf verwiesen, dass die westlichen Demokratien wie die USA, Großbritannien, Frankreich oder auch das ‚liberale‘ Schweden bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 1939 die wirtschaftlichen und diplomatischen Beziehungen zu Hitler-Deutschland aufrecht erhielten. Zu verführerisch waren für die Kapitalisten die winkenden Profite im Zuge der deutschen Aufrüstungspolitik.
Dabei waren sich die anderen imperialistischen Mächte durchaus bewusst, mit wem sie da ihren Umgang pflegten. An Nachrichten über die innenpolitische Lage in Deutschland, die systematische Verfolgung Oppositioneller, die Existenz der Konzentrationslager, in denen anfangs in erster Linie „Politische“ (vor allem aus der Arbeiterbewegung) saßen, die antisemitische Ideologie der Nazis usw. mangelte es nicht. Mit Ausbruch des Krieges sollte sich dies ändern, aber nicht so sehr weil man in den Nazis eine Gefahr für die Demokratie und die Menschenrechte sah, sondern weil die Eroberung Polens das gesamte Machtgefüge in Europa in Frage stellte und die britischen und französischen Imperialisten um ihre Einflusssphären fürchteten.
Der Krieg und die „Endlösung“
Im Zuge des Krieges verfolgten die Nazis auch in ihrer Politik gegenüber den Juden eine immer extremere Strategie. Der Krieg bot erst die Voraussetzungen für „die Endlösung“. Widerstand wurde unter diesen Umständen immer schwieriger. Es herrschte Kriegsrecht und jede Form des Protests und des Widerstands wurde als Hochverrat gehandhabt. Neben dieser offenen Repression, die von einem engmaschigen Netz an nationalsozialistischen „Blockwarten“ in Kooperation mit dem Staatsapparat durchgesetzt wurde, stand der antifaschistische Widerstand zumindest zu Beginn des Krieges noch einer weiteren großen Hürde gegenüber.
Viele Deutsche verknüpften das eigene Schicksal, wie es in einem Krieg eben üblich ist, mit dem Schicksal der gesamten Nation. Alles wird auf die Frage des eigenen Überlebens bzw. dem Überleben der engsten Verwandten und Freunden reduziert. Die nationalistische Ideologie vom „wir“ gegen „die anderen“ scheint zum einzig wahren Erklärungsmuster zu werden. In einer Situation, wo der Tod allgegenwärtig ist, verliert auch schrittweise der Respekt vor der menschlichen Würde an Kraft. Angesichts des Kriegs und der allgegenwärtigen Repression war für die überwältigende Mehrheit, die ums tägliche Überleben kämpfte, Widerstand keine wirkliche Option. Die anfänglichen Kriegserfolge der Wehrmacht ließen viele wahrscheinlich sogar an die Nazi-Propaganda von einem schnellen Sieg glauben und von der Möglichkeit in Zukunft unter besseren Umständen, wenn nicht sogar in Wohlstand, leben zu können. Die Bedingungen für einen massenhaften Widerstand ähnlich wie in Italien, wo sich das faschistische Regime schon stark abgenutzt hatte, oder anderen von den Nazis besetzten Ländern waren somit (noch) nicht gegeben. Zu stark saß das nationalsozialistische Regime noch im Sattel.
Vor diesem Hintergrund konnten die Nazis tatsächlich an die Umsetzung ihres menschenverachtenden Rassenwahns gehen. Die Eroberung Polens und die Invasion in der Sowjetunion im Jahre 1941 brachten große Teile der jüdischen Bevölkerung Europas unter die Kontrolle der Nazis. Ghettos wurden nun errichtet, wo die Juden zusammengetrieben wurden. In den von der Wehrmacht besetzten Gebieten der Sowjetunion machten die Nazis in Kooperation mit lokalen faschistischen Kollaborateuren meist kurzen Prozess mit Juden, „Zigeunern“, aber auch mit Kommunisten und Partisanen.
Da Deutschland in der ersten Hälfte des Krieges fast den gesamten Kontinent unter seine Kontrolle bringen konnte und über ein gut ausgebautes Transportsystem verfügte, gab es auch die materiellen Voraussetzung für die Umsetzung des braunen Rassenwahns. Dazu kam, dass der Krieg und die innere Repressionsmaschinerie die deutsche Arbeiterklasse atomisiert hatte und in einem Zustand der individuellen Passivität hielt. Die Arbeiterklasse war durch den Nationalsozialismus ihrer Organisationen und ihrer kollektiven Stärke beraubt worden. Dies ließ dem reaktionären Treiben der braunen Brut, die sich aus den Massen des deklassierten Kleinbürgertums rekrutierte, freien Lauf. Unter diesen Bedingungen fanden sich die willigen Vollstrecker für die Vernichtungskonzepte der Nazis.
1942 ging man ausgehend von der berühmt berüchtigten „Wannsee-Konferenz“ nahe Berlins an die „Endlösung“ für ein „Problem“, das nur in den von Irrationalität geprägten Köpfen der Nazi-Schergen existierte. Gleichzeitig war aber die Spaltung der deutschen Arbeiterklasse entlang nationaler Linien eine Voraussetzung für das Kapital, um international wieder konkurrenzfähig zu werden. Hier wurde der Weg für die industrielle Vernichtung der Juden, also das was als Holocaust in die Geschichtsbücher einging, geebnet – ein grauenhafter Massenmord, der zumindest die Folge kapitalistischer Profitlogik ist.
Die Methoden für diese Vernichtungsmaschinerie wurden auf niedrigerer Stufenleiter bereits im Vorfeld in speziellen Kliniken an anderen Bevölkerungsgruppen (z.B. geistig Behinderten, psychisch Kranken) ausgetestet. In dieser „Aktion T4“ wurden rund 200.000 Deutsche, die man als „Untermenschen“ aussiebte, bereits vergast. Als die Massenexekutionen, die an der Ostfront auf der Tagesordnung standen und auch für gewöhnliche Wehrmachtssoldaten zur Realität gehörten, die Moral der Truppen zu untergraben drohten, entschieden sich die Nazis für eine industrielle Form der Massenvernichtung in Form der Vergasungen. Die Lösung lag in einer nach den Kriterien der industriellen Produktion – mit der dazu gehörigen Arbeitsteilung – organisierten Vernichtungsmaschinerie. Die Beteiligten an diesem unmenschlichen System waren plötzlich nur noch kleine Räder in einer großen Maschine ohne all zu viel individuelle Verantwortung (ohne als Person zu töten), was ihr Funktionieren erleichtern sollte.
Irrational und einzigartig?
Von nicht wenigen bürgerlichen Historikern wird das System des Holocaust als völlig irrational beschrieben. Hier wähnt man einen Schwachpunkt in der marxistischen Faschismusanalyse, welche den Faschismus als Produkt der kapitalistischen Krise und als Versuch zur Verbesserung der Kapitalverwertungsbedingungen definiert und die Machteroberung von Hitler als im Interesse des deutschen Kapitals sieht. Überausbeutung und Sklaverei, wie wir es in den KZs hatten, sind tendenziell immer irrational. Die Kosten der Arbeitskraft werden dabei so weit eingeschränkt, dass die Reproduktion der Arbeitskraft nicht mehr gewährleistet ist. Wer 10 Stunden im Steinbruch schuften muss und nur 800 Kalorien beziehen darf, der/die ist früher oder später dem Tod geweiht. Die durchschnittliche Arbeitsproduktivität ist in diesem System natürlich extrem niedrig. Unter der Prämisse, dass jedoch permanent Arbeitskräfte nachgeliefert werden können, erhalten selbst solche Methoden eine gewisse Rationalität – zwar nicht im Sinne der Menschen, aber im Sinne des Geldes.
Der Eroberungsfeldzug in Osteuropa sollte diesen Nachschub an Arbeitskräften garantieren. In den KZs wurden durch ein ausgefeiltes Selektionssystem die „Untermenschen“ in geeignete Arbeitskräfte und sofort zu Liquidierende unterteilt. Das KZ wurde so einerseits zur Fabrik im Sinne von Produktionsstätte, mit der sich einige eine goldene Nase verdienten, und andererseits zur Todesfabrik, wo Menschen nicht viel mehr als Rohstoffe waren. Zahnfüllungen oder abrasierte Haare, die wieder verwertet wurden, waren mehr wert als das menschliche Individuum selbst. Dies ist die konsequente, wenn auch rassistisch übersteigerte Fortsetzung einer Praxis, die Menschen als reines Anhängsel von Maschinen und als Waren behandelt, wie es im Kapitalismus immer der Fall ist. Auch wenn der Kapitalismus (und zwar auch der deutsche unter der nationalsozialistischen Herrschaft) auf der freien Lohnarbeit beruht, die im Nationalsozialismus ganz nach den Bedürfnissen des Kapitals zugerichtet war, so war das System der Sklavenarbeit in den KZs doch in die gesamte kapitalistische Produktionsweise integriert.
Der Holocaust hatte unvorstellbare Dimensionen erreicht. Dies gilt sowohl für die Zahl der Opfer (rund 6 Millionen Juden wurden ermordet) wie auch für die Tatsache, dass hier systematisch die Vernichtung einer ganzen Nation betrieben wurde. Auch wenn z.B. mehr Russen (nämlich ca. 20 Millionen) als Juden im Zweiten Weltkrieg ums Leben kamen, so lässt gerade dieser systematische Charakter und sein ideologischer Zweck den Holocaust als besonders schreckliches Kapitel der Geschichte des 20. Jahrhunderts, ja als etwas einzigartig Grausames in der Menschheitsgeschichte erscheinen. Der Holocaust war somit wohl der schlimmste Auswuchs des Zweiten Weltkriegs mit seiner hochkomplexen und chaotischen Dynamik.
Die Auseinandersetzung der Bürgerlichen mit dem Holocaust versucht diesen als jenseits aller rationalen Erklärung darzustellen. Auf der Grundlage einer materialistischen Analyse von Kapitalismus und Imperialismus bekommt aber selbst dieses historische Ereignis eine Logik. Der Rassismus ging, wie gesagt, von Anfang an Hand in Hand mit Kolonialismus und Imperialismus. In nicht wenigen Fällen gipfelte dieser Rassismus in Massenvernichtung und Genozid. Die imperialistische Unterdrückung braucht eine ideologische Legitimation, die der Rassismus liefern soll.
Insofern reiht sich der Holocaust in eine lange Kette von unvorstellbaren Verbrechen des Kapitalismus ein. Der Genozid an den Juden knüpft an konkrete historische Vorbilder an. Die Massenversklavung und Tötung von Schwarzen im Zuge des Sklavenhandels mit Amerika, die Ausrottung eines Großteils der indigenen Bevölkerung ebendort durch die Konquisitadoren usw. Auch hier wurden die Verbrechen damit begründet, dass es sich um „minderwertige“ Gruppen handle, denen das Menschsein abgesprochen wurde.
Die Nazis, deren imperialistisches Projekt vor allem gegen Osteuropa gerichtet war, brachten diese Methoden aber erstmals nach Europa. Der Völkermord an den Juden war dabei nur der Beginn. Hitlers Zielvorstellung eines „Tausendjährigen Reiches“, das sich bis zum Ural erstrecken sollte, sah die Vormachtstellung der „arischen Rasse“ vor. Alle Nationen, die dem entgegen standen und eine Gefahr für dieses Projekt darstellten, mussten über kurz oder lang mit einer ähnlichen Verfolgung rechnen, wie dies im Zweiten Weltkrieg den Juden widerfahren ist. Sinti, Roma, Slawen und Homosexuelle waren ebenfalls auf der Liste gewesen.
Der Holocaust war im extremen Rassismus (wovon ja der Antisemitismus letztlich nur eine Sonderform ist), dessen sich der deutsche Imperialismus bediente, angelegt. Rassenwahn und das Kalkül der Elite des deutschen Kapitals und Staatsapparates gingen dabei Hand in Hand. Die planmäßige Vernichtung der Juden war auf der Grundlage einer materialistischen Analyse der ganzen Entwicklung des nationalsozialistischen Deutschlands voraussehbar. So schrieb Leo Trotzki bereits 1938: „Es ist ohne Schwierigkeit möglich, sich vorzustellen, was die Juden beim bloßen Ausbruch des künftigen Weltkrieges erwartet. Aber sogar ohne Krieg wird die nächste Entwicklung der Weltreaktion die physische Ausrottung der Juden bedeuten.“
Niemals wieder!
Das offizielle Holocaust-Gedenken, das sich auf die Darstellung des Leidens und auf beschämte Schweigeminuten und Trauerakte beschränkt und die Wurzeln des Faschismus und seiner Verbrechen im Dunkeln lässt, leistet keinen ausreichenden Beitrag dazu, dass sich diese Verbrechen nicht wiederholen können. Genau da muss aber eine marxistische Auseinandersetzung mit diesem Thema ansetzen und auf die Frage nach dem „Warum“ klare Antworten geben können.
„Niemals wieder!“ – das muss unsere Losung sein. MarxistInnen werden mit aller Kraft gegen jegliche Versuche des Geschichtsrevisionismus von Nazis und Rechtsextremisten auftreten. Es ist aber auch unser Anliegen, nicht nur dieser furchtbaren historischen Ereignissen zu gedenken, sondern es gilt auch in der Arbeiterbewegung, das Bewusstsein für eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Faschismus und den eigenen Fehlern, die zur Machteroberung der Nazis geführt haben, zu schärfen.
Wie in allen anderen Fragen, so vertreten wir auch in der Frage des Nationalsozialismus und seiner unmenschlichen Verbrechen einen unabhängigen Klassenstandpunkt. Im Kampf gegen den Faschismus können wir uns nicht auf den bürgerlichen Staat und seine Institutionen verlassen. Das beginnt beim Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus und der historische Aufarbeitung der Geschichte. Wir brauchen unsere eigenen theoretischen Analysen und eine eigene Geschichtswissenschaft, die wir als Ausgangspunkt für den heutigen Kampf gegen die extreme Rechte und den Faschismus nehmen müssen. Gleichzeitig ist eine Theorie ohne Praxis nichts; sie kann sich nur auf der Basis derselben wirklich entwickeln. Daher müssen wir heute überall dort sein, wo die faschistische Hydra ihre Köpfe aus dem braunen Sumpf reckt!