Krokodilstränen und leere Worte

Die Bundesregierung hat verkündet, wie sie das Budget sanieren will. Und dieses Sparpaket ist ein Hammerschlag, dem weitere folgen werden. Wie positioniert sich die Gewerkschaft dazu? Von Konstantin Korn.
Ende Jänner, als FPÖ und ÖVP ihr Sparbudget präsentierten, ging ÖGB-Chef Wolfgang Katzian mit einem seiner kantigen Sprüche an die Öffentlichkeit: „Das Sparpaket ist ein Kas, die Arbeitnehmer sind die Gelackmeierten.“ Vier Monate später kennen wir die Vorhaben der Bundesregierung für das aktuelle Budget. Das Defizit ist mittlerweile noch höher als Anfang des Jahres angenommen, und das Sparpaket noch härter. In der ORF-Pressestunde bekam Katzian die Möglichkeit, die Position der Gewerkschaft darzulegen. Sein Resümee: „Das neue Budget ist letztlich ausgewogen“ (!).
Die Gewerkschaft ist in die Regierungsgeschäfte voll eingebunden. Sie war eine der treibenden Kräfte, dass die SPÖ Teil dieser Regierung wurde – nach dem Motto „Koste es, was es wolle“. Hauptsache, die Gewerkschaft hat wieder einen direkten Draht in die Ministerien und kann versuchen, durch politische Kontakte die Krise des Kapitalismus abzufedern. Und das Um und Auf: Als Teil der Regierung kann sie dafür sorgen, dass der Apparat der Arbeiterkammer nicht zusammengekürzt wird.
Es sind keine rosigen Zeiten für die Gewerkschaftsbürokratie, aber sie ist bereit den Kelch bis zur bitteren Neige zu trinken. Finanzminister Marterbauer, der aus der Arbeiterkammer kommt, und die Gewerkschafterin Korinna Schumann als Sozialministerin lassen keinen Zweifel aufkommen, dass dieses Sparpaket alternativlos ist. Und Katzian steht ihnen dabei voll zur Seite, wohlwissend, dass das Budget überproportional auf dem Rücken der Lohnabhängigen saniert wird. Der ÖGB-Chef fühlt sich im ORF aber zumindest bemüßigt, Krokodilstränen zu verdrücken: „Mir blutet das Herz, wenn die unteren Einkommensgruppen besonders stark belastet werden.“
Katzian weiß, dass das dicke Ende noch folgt. Die schlechte Wirtschaftslage bedeutet, dass nach dem Doppelbudget ein weiteres Sparpaket kommt. Die richtig großen Angriffe, wie eine Erhöhung des Pensionsantrittsalters, drohen dann erst. Im ÖGB ist man sich dessen bewusst. Und zur Beruhigung wird deshalb wieder einmal die Forderung nach einer Vermögens- und Erbschaftssteuer in den Raum gestellt. Mit dieser Karotte vor der Nase hält man seit Jahren die eigene Basis auf Kurs. In den Verhandlungen mit der ÖVP ist dies stets die erste Verhandlungsmasse. Einen ernsthaften Kampf um eine Vermögenssteuer hat der ÖGB noch nie geführt, und wird er von sich aus auch nicht führen.
Bei der jüngsten AK-Vollversammlung in Niederösterreich wurde eine Resolution verabschiedet, die sich zumindest gegen eine Kürzung bei den Sozialausgaben ausspricht. Statt den Sparstift bei den arbeitenden Menschen anzusetzen, sollen die Kapitalisten ordentlich besteuert werden. Solche Beschlüsse dürfen keine leeren Worte bleiben, mit denen man die Basis ruhigstellt. Wir müssen uns aber bewusst sein, dass die Gewerkschaftsführung nichts tun wird, damit den Worten Taten folgen. Dazu braucht es Druck von unten aus den Betrieben. Den müssen wir selber organisieren.
(Funke Nr. 234/28.05.2025)