Nach dem Fall des Assad-Regimes in Syrien wetzen die westlichen Imperialisten ihre Messer, um „ihren“ Teil aus dem Land herauszuschneiden. Auch die österreichische Bourgeoisie verlor keine Zeit, politisches Kleingeld aus dem Chaos im Nahen Osten zu schlagen und fordert Abschiebungen von Syrern, die hier leben. Von Christoph Pechtl.Asyl sei nur „Schutz auf Zeit“ sagt Karl Nehammer und meint damit, Asyl sei nur Schutz, bis die ÖVP ihre eigenen Probleme mit einer weiteren Rassismus-Kampagne kaschieren muss. Karl Nehammer, dessen Horizont nicht über den Verhandlungstisch der Ampelkoalition (das Einzige, was ihn von seinem verdienten Ende rettet) hinausgeht, setzt als erster europäischer Regierungschef Asylverfahren von Syrern aus. So begann nur wenige Stunden nach dem Fall von Baschar al Assad eine zynische Rassismus-Kampagne zur Abschiebung von syrischen Flüchtlingen in das Kriegsland.
Österreich setzte alle laufenden Asylverfahren (7.300) aus. Das lässt tausende syrische Flüchtlinge in einem rechtlosen Limbo zurück, ohne Zugang zum Arbeitsmarkt, zusammengepfercht in Asylquartieren. Die ÖVP rühmt sich, zwei Drittel aller Asylquartiere in den letzten Monaten geschlossen zu haben. 5.800 Familiennachzugsverfahren wurden ebenso eingestellt. Nachdem Herbert Kickl (FPÖ) Massenabschiebungen gefordert hatte, setzte Karl Nehammer (ÖVP) nach und kündigte an, alle positiven Asylbescheide von syrischen Flüchtlingen der letzten Dekade erneut zu prüfen. Dies betrifft beinahe 100.000 Menschen, die vor Bürgerkrieg und Verfolgung nach Österreich flüchteten. Mit politisch angeschobener Beamtenwillkür sollen Flüchtlinge „zur freiwilligen Rückkehr aufgefordert – oder notfalls zwangsweise außer Landes gebracht“ werden (Die Presse). Dafür soll ein nationales „Rückführ- und Abschiebeprogramm nach Syrien“ vorbereitet werden.
In diesen rassistischen Chor stimmt das restliche österreichische Polit-Establishment mit ein. Der Stopp von Asylverfahren wird von keiner einzigen Partei auch nur hinterfragt. In der Nationalratssitzung vom 11. Dezember überbieten sich die Fraktionen im Treten auf Flüchtlinge: Die SPÖ argumentiert, Herbert Kickl sei als Innenminister nicht hart genug gegen die Flüchtlinge vorgegangen und hätte nicht versucht, andere Länder zur Aufnahme der Asylsuchenden zu zwingen. Die Neos üben sich in Verschwörungstheorien und kritisieren die FPÖ dafür, mit Putin unter einer Decke zu stecken, der bewusst Syrien zerstört hätte, um durch Flüchtlingswellen Europa zu destabilisieren. Mit europäischer Staatsräson forderten die Grünen, dass sich nun die EU in Syrien etablieren solle, um das Land unter Kontrolle zu bringen und es zu einem „internationalen Partner“ zu machen. Die Rückführung von Flüchtlingen zur Stärkung einer pro-westlichen Zivilgesellschaft sei hier also nur recht und billig.
Der völkische Rechtsextremist Martin Sellner macht Freudensprünge. „Der Wind hat sich gedreht“, erklärt er in einem Interview. Seine Vorstellung von „Remigration“ und Massenabschiebungen seien endlich in der Mitte der Politik angekommen. Er hat vollkommen Recht: Die politische Schamgrenze der Parlamentsparteien ist komplett gefallen. Die Damen und Herren Sozialdemokraten und Liberalen haben das ganze Jahr die Trommel der Demokratie gerührt, nur um im ersten Moment unter dem Applaus der extremen Rechten auf die am meisten Unterdrückten zu spucken und zu treten.
Während die Imperialisten (die österreichischen zuerst) weltweit gegen Kriegsflüchtlinge wettern, versuchen sie gleichzeitig vor Ort, sich ihren Anteil an der Beute zu sichern. Schon bisher war Syrien ein zerstückeltes Land unter Kontrolle unterschiedlicher Warlords, Armeeeinheiten und Milizen mit einer repressiven aber schwachen Zentralregierung. Die islamistische HTS ist jetzt die neue dominante Kraft. Erdogan plant im Norden Syriens die kurdische Autonomie anzugreifen, während Israel über ganz Syrien die mächtigste Luftoffensive seiner Geschichte fliegt und eine „Pufferzone“ bis knapp vor Damaskus militärisch besetzt. Auch US-nahe Milizen rücken in Richtung Zentrum des Landes vor. Nach dem Fall des Assad Regimes wird das Machtvakuum von anderen reaktionären Kräften und ihren imperialistischen Financiers und bewaffneten Einheiten gefüllt. Eine Fortsetzung des Bürgerkriegs ist unvermeidlich.
Die „sichere Heimat Syrien“, von der Nehammer fantasiert, ist eine dreiste Lüge. Alle Parlamentsparteien zeigen in dieser Krise ihr wahres Gesicht, indem sie versuchen, von der Krise ihres eigenen Systems abzulenken und die aufgestaute Wut der Bevölkerung auf syrische Flüchtlinge zu lenken. Die Linie der Sozialdemokratie untergräbt dabei jede Klassensolidarität und wird die FPÖ weiter anschieben. Wir Revolutionäre Kommunisten kämpfen gegen jeden zynischen Versuch, die Not von Geflohenen politisch zu instrumentalisieren.
- Nein zu jeglichem Stopp von Asylverfahren!
- Gegen jede Zwangsabschiebung!
- Bleiberecht für alle!
- Nieder mit den Imperialisten und ihren Helfershelfern, für die sozialistische Föderation im Nahen Osten!