Am 3.10. tagt die Wiener Landeskonferenz der Gewerkschaft Younion. Die öffentliche Daseinsfürsorge und Verwaltung strecken sich nach der Decke. Investitionen werden auf die lange Bank geschoben, es kommt zu Verzögerungen bei Material und Reparaturen, es fehlt an Personal. Durch die „Aufnahmestopps“ der Vergangenheit ist die Belegschaft überaltert (im Pflegebereich etwa sind ein Drittel der Beschäftigten über 50) und die kommenden Pensionsantrittswelle wird die Lücken vergrößern. Eine Gegenstrategie ist nicht erkennbar. Von Lisa Auer & Martin Gutlederer (Delegierte zur Wr. Landeskonferenz).
Vor den Wahlen ist der administrative Druck groß, die Öffentlichkeit in Sicherheit zu wiegen und die Leitungsstrukturen tun ihr Möglichstes, um die Lücken zu übertünchen, oft auf Kosten der Beschäftigten. Wir wissen auch von Betroffenen, dass Dienstposten- und Leistungskürzungen in Vorbereitung sind. Nach dem Wahlsieg der Bürgerlichen wird diese Tendenz in Folge auch politisch offensiv vorgetragen werden: „Wir müssen alle sparen!“
Vor diesem Hintergrund ist es besonders ernüchternd, dass sich die Arbeiterbewegung zu zentralen politischen Fragen in Österreich nicht positioniert. Vor dem Rassismus und den Spaltungsversuchen der Bürgerlichen wird wahlweise geschwiegen (KPÖ) oder kapituliert (SPÖ). Dabei ist klar: Wir brauchen in der Daseinsfürsorge jede zusätzliche Arbeitskraft, gleichberechtigt, gewerkschaftlich organisiert und ohne reaktionäre Vorurteile! Wir denken, dass es eine offensive Politik seitens der Gewerkschaften und der Arbeiterbewegung braucht, um rassistischer Spaltung entgegenzutreten.
Es wird nicht reichen, die Beschäftigten mit Gutscheinen und höheren Zulagen zu vertrösten. Die Arbeitsintensität ist schlicht zu hoch. Was wir brauchen, ist eine Offensive hinsichtlich unserer Arbeitsbedingungen und bessere Personalschlüssel. Diese Debatte müssen wir breit und kollektiv führen. Umso enttäuschender ist es, dass auf der kommenden Younion Landeskonferenz diese Debatte nicht geführt werden soll. Es gibt keinen Leitantrag, Anträge von Basisdelegierten sind nicht zugelassen. Stattdessen verweist man auf „partizipative Prozesse in den Häusern“, die eine Vorbereitung über „Zukunftsthemen“ für künftige Konferenzen sein sollen. So sehr wir es befürworten, dass eine breitere Schicht an Gewerkschaftsmitgliedern miteinbezogen werden soll, so skeptisch sind wir hinsichtlich dieser Methoden. Eine Vereinzelung und moderne pädagogische Konzepte ersetzen keine kollektive Debatte der Gewerkschaftsaktivisten und führen nicht zur Aktivierung der Belegschaft. Dafür werden wir uns weiter einsetzen.
(Funke Nr. 227/07.10.2024)