Die Nationalratswahl offenbart die herrschende Polarisierung in der Gesellschaft und verschärft die innenpolitische Instabilität. 20.000 Menschen gingen am Donnerstag nach der Wahl in Wien auf die Straße, um ihre Kampfbereitschaft gegen einen Durchmarsch der FPÖ zu manifestieren. Von Emanuel Tomaselli.
Derweil herrscht eine hartnäckige Wirtschaftskrise mit starken Einbrüchen in allen Produktionsbetrieben. Die Arbeitslosigkeit ist im Steigen begriffen. Der Krieg in Nahost weitet sich aus und der Westen steht in der Ukraine vor einer Niederlage. Es ist unvermeidlich, dass sich wieder Hunderttausende auf die Flucht machen müssen, weil sie von imperialistischen Raketen aus ihren Wohnungen gebombt werden. Frischer Wind auf die Mühlen der reaktionären Demagogen, die die unmittelbarsten Opfer des Kapitalismus hierzulande für ihr dreckiges Geschäft der Spaltung der Arbeiterklasse missbrauchen!
Die Versorgung Österreichs mit russischem Gas droht mit 31.12.24 gekappt zu werden (auf Anlass der Regierung der Ukraine) und Israel will die iranische Ölindustrie bombardieren. Österreich steht an der Klippe der imperialistischen Konflikte, da auch das einheimische Finanzkapital (Raiffeisenbank mit Milliardenprofit in Russland) unter dem Sanktionsdruck der Großmächte ächzt. Kein einziges soziales Problem wurde gelöst. Im Gegenteil: Sie verschärfen sich. Der heimische Wohnbau halbiert (!) sich. Auch im neuen Schuljahr sind die Bildungseinrichtungen mit Kinderpädagogen und Lehrern unterbesetzt. Ist es tatsächlich unmöglich in Österreich, Kinderhorte und Schulen so zu organisieren und mit Personal auszustatten, dass alle Kinder und Jugendliche sinnvoll lernen können? Offensichtlich schon. Kein Problem hingegen ist es, acht Milliarden Euro für eine Raketenabwehr zusammenzukratzen. Wir stellen die Frage: Geht die größte Gefahr für unsere Lebensperspektiven tatsächlich von Putins Raketen aus? Nein, was unser aller Leben bedrückt und den Planeten kaputt macht, ist der Kapitalismus!
Schon vor der Wahl war das Programm der kommenden Regierung festgelegt. Wirtschaftskrise, zerrüttete Staatsfinanzen und Kriege zwingen die Kapitalisten, die Arbeiterklasse anzugreifen und im europäischen Gleichschritt Militarismus und Handelskriege hochzufahren. Was vorher bestritten wurde, wird seit der Minute, als das letzte Wahllokal geschlossen wurde, zum politischen Programm gekocht: Man muss viele Milliarden einsparen. EU-Kommission und „Wirtschafts-Experten“ wie Fiskalratschef Badelt, Sprechpuppen des Finanzkapitals, trommeln seit Monaten, dass bis zum Ende der Legislaturperiode Ausgaben im Ausmaß des gesamten Bildungsbudgets (12 Mrd.) wegmüssen. Jetzt zeigen die „Experten“ schon auf, wo das zu holen ist: Massensteuern, Pensionsraub, Abschaffung der Bildungskarenz. Der Klassenkonflikt spitzt sich unweigerlich zu – international und in Österreich.
Die Parteien der Arbeiterbewegung und Linken, allen voran die SPÖ (aber auch die KPÖ), tun nichts dafür, die tatsächliche Lage des Kapitalismus aufzuzeigen und der Bewegung Zuversicht und eine Perspektive zu geben. Dies entspricht dem Wesen des Reformismus, der stets nur Wähler mobilisiert, aber nie den Klassenkampf bewusst organisiert. Aber die Arbeiter sind nicht blöd. Jeder weiß, dass Erzählungen, Inszenierungen und sogar feste Wahlversprechen nach Wahlschluss nur noch wenig wert sind, und das Versprechen „Wähle uns, wir lösen dein Problem“ eine Lüge ist. Arbeiter, Unterdrückte und Jugendliche können den Kampf für ein besseres Leben nicht delegieren und die Auswahl der Parlamentarier ist letztlich nicht das entscheidende Feld des Klassenkampfes.
Aktuell ist weiter unklar, welche Regierung überhaupt gebildet werden kann. Würde man den inhaltlichen und personellen Festlegungen der Parteien vor der Wahl Glauben schenken, gäbe es keine parlamentarische Mehrheit für irgendeine Koalitionsregierung. Bundespräsident Van der Bellen bereitet sich seit einem Jahr aktiv auf diese Situation vor, um eine Regierung sicherzustellen, die aus Sicht der Kapitalisten das „Notwendige“ tut. Schon am Wahlabend trat er vor die Bevölkerung, um klar zu machen, dass er es sei, der die Regierung ernennt (und nicht das gerade gewählte Parlament).
Dieses Ersatzkaiser-Gehabe ist ein Novum der jüngeren Geschichte und zeigt, wie tief die politische Krise ist. Die Regierungsbildung wird auf die lange Bank geschoben, um eine feste politische Konstellation für soziale Angriffe und Militarismus herzustellen. Das Staatsoberhaupt signalisierte auch welche programmatische Ausrichtung die kommende österreichische Regierung haben muss: „Grundpfeiler unserer liberalen Demokratie müssen respektiert werden, etwa Rechtsstaat, Gewaltenteilung, Menschen- und Minderheitenrechte, unabhängige Medien und die EU-Mitgliedschaft.“ Gaza erinnert täglich daran, dass diese angeblich unteilbaren Werte eine himmelschreiende Heuchelei sind. Was Van der Bellen wirklich meint, ist einfach nur, dass eine österreichische Regierung zentrale Interessen des westlichen Imperialismus akzeptieren und vorantreiben muss, etwa den Ukrainekrieg, die Kriege im Nahen Osten, das europäische Raketenprogramm Sky Shield und generell eine stabile EU-Kommission. Dies deutet darauf, dass er auf eine Koalition von ÖVP-SPÖ- NEOS setzt.
Tatsächlich übte sich die SPÖ-Spitze sofort in nervöser Liebedienerei gegenüber dem geschlagenen Nehammer und den NEOS. Ihr Spitzenmann in Vorarlberg machte etwa sofort klar, dass Reichen- und Erbschaftssteuern natürlich auf dem Altar der gewünschten Koalition geopfert werden, und die Top-Gewerkschafter verlautbaren, dass sie die Wirtschaft anschieben können.
Es ist völlig klar: Der Preis für eine Regierungsbeteiligung der SPÖ wäre eine völlige Aufgabe ihres Programmes. Eine solche Regierung würde die Instrumentalisierung der größten Arbeiterpartei für den Zweck bedeuten, die schärfsten Sparpakete und Angriffe auf die Arbeiterklasse seit Jahrzehnten durchzusetzen und die Arbeiterbewegung im Angesicht dieser Angriffe passiv zu halten.
Jugendliche und klassenbewusste Arbeiter müssen daher nach den Wahlen noch viel mehr als vorher eine eigenständige politische und ideologische Position einnehmen. Wir müssen verstehen, dass die FPÖ nicht institutionell, sondern nur politisch besiegt werden kann. Um die FPÖ zu besiegen, braucht es Klassenkampf, keine Logik des geringeren Übels! Und andersherum: Wenn sich die Arbeiterbewegung für das Geschäft der Kapitalisten hergibt, wird die FPÖ dadurch nur noch mehr gestärkt werden.
Wie auch immer die nächste Regierung aussehen mag: Dass eine Verschärfung des Klassenkampfes auf der Tagesordnung steht, ist klar und unvermeidlich. Nach Jahren fallenden Einkommens, schlechter werdenden Arbeitsbedingungen und öffentlichen Leistungen wird die Arbeiterklasse nicht einfach ruhig zusehen, wie ihr Leben völlig zerstört wird. Nur Zyniker (meist Reformisten) können das glauben.
Doch ob diese Klassenkämpfe letztendlich erfolgreich sind, hängt auch davon ab, wie stark der revolutionäre Sektor der Arbeiterbewegung ist.
Was der Arbeiterbewegung fehlt, ist eine Revolutionäre Kommunistische Partei, die die Wahrheit ausspricht und den klassenbewussten Arbeitern und Jugendlichen als Instrument dient, um den Kapitalisten und ihren Helfershelfern entgegenzutreten. Wir haben uns entschieden, diese Partei zu gründen! Auch wenn wir noch zu wenige sind, um unmittelbar den Lauf der Geschichte zu ändern: Nichts ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist. Die Arbeiterklasse hat die Macht, die Welt aus den Angeln zu heben, und die kommenden Jahre werden das von ihr auch verlangen.
Daher: Tritt uns bei, um die Revolution vorzubereiten – in jeder Schule und Uni, in jedem Grätzl und Betrieb braucht es eine straff organisierte Gruppe aus revolutionären Kommunisten und Kommunistinnen! Der Kapitalismus ist kaputt und instabil, daher werden wir gewinnen. Statt Pessimismus und der Politik des geringeren Übels: Sozialismus zu unseren Lebzeiten! Tritt ein, Bau auf!
Aus dem Inhalt:
- Leserbriefe
- Tritt bei, bau auf! Gründungsveranstaltung der RKP
- Klassenkampf
- An die Wand gefahren! Krise in der Autoindustrie
- SWÖ: Kampfplan statt Demobilisierung nötig
- Younion: Demokratie statt Partizipation!
- Klassenkampf Ideologie
- ÖVP gegen Antisemitismus: Heuchelei hoch 10
- Den Palästinakongress zum Erfolg machen, auf zur sozialistischen Revolution!
- Imperialismus
- Draghi: Europa in „existenzieller“ Krise
- Nein zum Krieg in Nahost! Kampf dem Krieg und Imperialismus!
- Ukraine: Russland auf dem Vormarsch
- Inland
- NR-Wahl: Polarisierung nimmt zu
- Wirtschaftskrise geht weiter
- Kindergartenstreik
- Weltgeschehen
- Frankreich: Linker Wahlsieg gestohlen
- Serbien: Aufstand gegen imperialistischen Bergbau
- RKP & RKI
- Freiheit für Palästina! Solidarität mit Alyona und Leonard!
- „Was Tun“ Neuerscheinung
- 72.000€ für den Aufbau der RKI!
- Chris Smalls: „Zur Hölle mit ihnen allen!“
- Generation Revolution: Wir kämpfen für unsere Zukunft!