Ein Kommentar zu den jüngsten Entwicklungen rund um die faschistische „Goldene Morgenröte“ von Mario Wassilikos.
Nach der Ermordung des antifaschistischen Rappers und Gewerkschaftsaktivisten Pavlos Fyssas wurden am 28. September zahlreiche Mitglieder der Goldenen Morgenröte (GM), darunter Parteichef Nikolaos Michaloliakos, festgenommen. Ihnen werden Körperverletzung, Totschlag, Erpressung, illegaler Waffenbesitz, Sprengstoffanschläge, Geldwäsche und die Bildung einer kriminellen Vereinigung zur Last gelegt.
Die Zerschlagung der Neofaschisten löst natürlich ganz spontan eine große Genugtuung bei allen Linken aus. Aber nur keine Illusionen in die Rolle des bürgerlichen Staates! Zwar feiern die bürgerlichen Medien jetzt die Verhaftungswelle als „Herrschaft des Rechts“, jahrzehntelang war der bürgerliche Justizapparat aber blind gegenüber den zahlreichen kleinen und großen Verbrechen der Faschisten gegen Linke und AusländerInnen. Die Unterwanderung der Polizei durch die Nazis ist eine Tatsache, und die Institutionen der bürgerlichen „Rechtsstaatlichkeit“ unterstützten aktiv die Faschisten. So wurden Funktionäre der GM immer wieder mit für Zivilisten verbotenen Waffen während Streiks bzw. Demos in der Öffentlichkeit gesichtet, ohne dass die Behörden dagegen einschritten, während ihre politischen Gegner sehr oft unter übertriebener Polizeigewalt leiden mussten. Offensichtlich diente die GM der herrschenden Klasse als willkommene Hilfstruppe im Kampf gegen die revolutionäre Linke, die gegen das Spardiktat revoltierte. Doch die GM begann, gestärkt durch Wahlerfolge und immer besser werdende Umfrageergebnisse, ihre eigenen Interessen zu verfolgen. Mit Schutzgelderpressungen gegen Geschäftsinhaber überspannte sie in letzter Zeit endgültig den Bogen. Außerdem gefährdeten die rabiaten Faschisten den „sozialen Frieden“, den die griechische Regierung in letzter Zeit immer wieder propagierte. Politischer Terror und Straßenkampf erschweren eben die Durchsetzung harter Sparmaßnahmen und verschrecken internationale Geldgeber.
Was soll die Linke in dieser Situation nun tun? Bei aller Euphorie über die Zerschlagung der GM muss sie unbedingt aufzeigen, dass hier nicht die Demokratie über den Faschismus gesiegt hat. So versucht der „demokratische“ bürgerliche Staat in der Krise mithilfe seines repressiven, bürokratischen Apparats, das Programm der Verarmung der Lohnabhängigen mit aller Kraft durchzusetzen. Notfalls auch mit Polizeigewalt. Entlarvend dabei ist, dass von der politischen Elite Griechenlands nicht die Ideologie, Politik und die Methodik des Faschismus, sondern nur die kriminellen Handlungen der GM angeprangert werden. Diese Trennung der Motive von den Handlungen ist nicht zufällig, wie unsere GenossInnen der Kommunistischen Tendenz in der SYRIZA festhalten. Damit sichern sich die bürgerlichen „Verfolger“ der GM den Raum zur Wiederherstellung einer faschistischen Bewegung unter einem anderen Namen und in einer anderen Form. Das Vertrauen in den bürgerlichen Staat samt seinen Institutionen ist daher absolut fehl am Platz. Nur eine konsequente antifaschistische Agitation, die Schaffung einer antifaschistischen Einheitsfront der Organisationen der Arbeiterklasse sowie die Gründung antifaschistischer Selbstverteidigungsmilizen können den Faschismus wirksam bekämpfen.
Dieser Artikel erschien in Der Funke, Nr. 120