Serbien – für ein revolutionäres Programm!

Fast ein Jahr dauern die Mobilisierungen in Serbien, doch das Vucic-Regime scheint weiter fest im Sattel zu sitzen. Die EU steht voll hinter dem Regime, das immer deutlicher auf Repression setzt. Dies befeuert die politische Debatte innerhalb der Bewegung: wieso werden aktuell so viele Regierungen gestürzt, aber die serbische noch nicht? Von Vincent Angerer.
Die internationale Welle an Massenbewegungen und Revolutionen wird in Serbien fieberhaft verfolgt. Die Palästina-Massenaktionen in Italien wurde mit Solidaritätsbotschaften begrüßt, wie auch die Blockade-Bewegung in Frankreich. Schlussfolgerungen werden gezogen. Ein symptomatisches Beispiel:
“Damit die Armee auf die Seite des Volkes übergeht – wie etwa in Nepal – braucht es eine Gruppe fähiger Offiziere, die einen Putsch durchführt und den Gehorsam gegenüber der Regierung beendet. Und da die Offiziere allgemein ihre Seele verkauft haben, wird daraus nichts. Doch der durchschnittliche Soldat – der verflucht die SNS (Regierungspartei) und den „Scheiß-Albaner-Vucic“, aber wenn er den Befehl zu schießen bekommt, dann wird er auch schießen.” (Reddit Serbia, 19. Nov)
Dieser Kommentar zeigt die Widersprüche. Einerseits die richtige Erkenntnis, dass die Massenbewegung einen Fokus braucht, um die Armee zu spalten. Andererseits die Zuflucht zu großserbischem Nationalismus.
Die aktuelle Führung der Studierendenbewegung schiebt den Nationalismus an – durch das Anheizen von Chauvinismus für eine neue, falsche politische Orientierung. Der Gesamtausschuss der Studenten-Plena beschloss mehrheitlich die Unterstützung der am 20. September in Belgrad abgehaltenen Militärparade. Diese Taktik ist opportunistisch und falsch. Die theoretische Rechtfertigung für diesen Schwenk war es die Sympathie der Basis der Armee zu erheischen. Tatsächlich sollen einzelne Armeeangehörige auf der Parade sympathisierende Gesten zum Anti-Regierungslager gesetzt haben. Doch großserbischer Nationalismus wird die Armee nicht spalten, im Gegenteil: er hält sie zusammen.
Wir sagen: Schluss mit Abkürzungen über die Klippe! Die Idee, dass die EU den Sieg der Revolution bringen wird, war falsch, die Neuwahlorientierung eine Sackgasse, die Armee zum politischen Akteur zu machen ist gefährlich. Der einzige erfolgreiche Weg ist die Mobilisierung der Arbeiterklasse als Klasse. Für die energische und systematische Ausweitung der Zborovi auf alle Arbeitsplätze in Serbien – für die Organisierung eines revolutionären Generalstreiks. Es ist die massenhafte Beteiligung der Massen, die der serbischen Revolution ihre Kraft verlieh und die auch jetzt der einzige Weg nach vorne ist. Dann wird der „durchschnittliche Soldat“ auch nicht schießen, wenn er den Befehl dazu bekommt, nicht durch das Schüren politischer Rückständigkeit und nationaler Spaltung.
Auf Basis der als Klasse mobilisierten Arbeiter kann man nicht nur das Vucic-Regime beenden, sondern auch den Kapitalismus am Balkan und die Produktion unter die Kontrolle der Massen stellen. Somit gäbe es erstmals in der Geschichte der Region wahren Sozialismus: kein von oben gelenkter Bürokratismus, sondern einen Staat, geführt von den Massen.
Die Ereignisse zeigen: Massenmobilisierung reicht nicht, man braucht klare Ideen und eine Organisation die diese systematisch in der Bewegung verbreitert. Stärk die revolutionären Kommunisten in Jugoslawien und Österreich!
(Funke Nr. 237/24.09.2025)