„Doch die Blumenkinder, wer konnt das ahnen, gingen den Weg aller Bananen – heute grün und morgen gelb und übermorgen schwarz“, so besingt Marc-Uwe Kling die Grünen in seinem Lied Zug der Opportunisten. Wie steht es mit den Grünen in Österreich? Sind sie nach den Bilanzen ihrer Regierungsbeteiligungen in Graz und Oberösterreich, einer Koalition mit dem Team Stronach, der Ankündigung Eva Glawischnigs, dass eine Asylreform keine Koalitionsbedingung sei und dem rassisistischen Wahlplakat „Wer putzt bei dir?“ noch eine Alternative? Und waren sie überhaupt jemals eine Alternative? Sind sie einfach eine bessere linkere SPÖ? Diesen und anderen Fragen sowie den Grünen selbst soll im Folgenden auf den Grund gegangen werden. Eine historische Analyse von Martin Gutlederer.
Die Banane fiel weit vom Stamm
Die Entstehung der Grünen begann mit der Bildung von Wahllisten nach dem Erfolg der Volksabstimmung über das Atomkraftwerk Zwentendorf 1978. Unter einer Vielzahl von ökologischen und alternativ-antikapitalistischen Bewegungen, Listen, Initiativen und Projektgruppen, von denen sich verschiedene als außerparlamentarisch verstanden, etablierten sich zwei Wahlparteien österreichweit: Die progressivere Alternative Liste Österreich (ALÖ) und die konservativen Vereinten Grünen Österreich (VGÖ). Die Alternative Liste Österreich wurde als „linksalternative Partei“ ins Leben gerufen und ließ sich in einen rechten, auf den Parlamentseinzug fixierten „Grazer Flügel“, und in einen linken „Wiener Flügel“ unterteilen. Als linksalternative Partei gegründet bekannte sich das Programm der ALÖ zwar zu den radikalen Forderungen der neuen sozialen Bewegungen, die entstanden waren, doch wurden diese nur gestreift, ins Harmlose verfremdet oder gar in ihr inhaltliches Gegenteil verkehrt. So wandte man sich im Programm zwar gegen Vorurteile gegen Homosexuelle, Slowenen und AusländerInnen, aber in einer Art, die einer Distanzierung von diesen Gruppen gleichkam. Als die Alternativen Wiener Listen der Bundes-ALÖ beitraten, wurden sogar eine homosexuelle Person und eine „schrille Feministin“ verhindert um keine Wähler zu verschrecken.
Das Konzept der VGÖ unterschied sich von Grund auf von dem der ALÖ: Ziel war die Erstellung einer Wahlliste mit namhaften Persönlichkeiten und WissenschaftlerInnen, die ins Parlament einziehen sollten. Zu diesem Zweck wurden die Vereinten Grünen Österreichs von Alois Englander, einem liberal-konservativen Atomgegner angemeldet. Dabei fanden auch Teile der „ökologischen“ Rechten wie der Bund für Volksgesundheit ihren Platz, aber auch Personen wie Herbert Fux, der mit Johannes Voggenhuber in einer Salzburger Bürgerliste aktiv war, wurden in den Vorstand gewählt. Teile des VGÖ standen mit dem nationalen Flügel der FPÖ in Verbindung oder hatten Verbindungen zu rechtsextremen Kreisen wie der Nationaldemokratischen Partei Norbert Burgers oder standen in der Tradition der Ludendorffer (Bund für Deutsche Gotterkenntnis). Das Konzept der Prominenten-Liste ging nicht auf, weil für die Liste nur der Schauspieler Herbert Fux (s.o.) und ein weniger bekannter FPÖ-Spitzenkandidat des Burgenlands, der wegen mangelnder Chancen bei der FPÖ überlief, gewonnen werden konnten.
Was sich hier bereits in den ersten Keimzellen der Grünen zeigt ist, dass sie zwar in Folge von neuen sozialen, alternativen und ökologischen Bewegungen entstanden, die in der Volksabstimmung über Zwentendorf ihren Höhepunkt fanden, aber nie eng mit diesen verwoben waren oder in diesen Wurzeln geschlagen haben. Während die ALÖ bereits in ihrer Entstehungsphase aus wahltaktischen Gründen BasiskandidatInnen verhinderte, verstanden sich die VGÖ sowieso als Prominenten-Liste. Die Banane fiel also weit vom Stamm alternativer sozialer Bewegungen. Diese Nicht-Verankerung in einer Basis sollte charakteristisch für die Grünen werden.
Und dann kam Hainburg
Die Nationalratswahlen 1983 brachten für keine der beiden Parteien ein Mandat, was in Druck zur Vereinheitlichung bzw. Fusion seitens der Medien und der grünalternativen WählerInnen und SympathisantInnen mündete. Gemeinsamen Wahlplattformen zwischen Alternativen und Grünen war mit wenigen Ausnahmen kein Erfolg beschieden und es kam selbst bei Einzug in unterschiedliche Gremien bald wieder zur Spaltung. Die Niederlage bei den Nationalratswahlen führte bei der ALÖ zu einem politischen und personellen Terraingewinn der „Wiener“ in der Bundespartei, bei gleichzeitigem Rückzug der „Grazer“. Diese näherten sich auch immer weiter öko-liberalen Positionen an und versuchten die Bundespartei zu sabotieren, nachdem sie ihre Dominanz über sie verloren hatten. Die ALÖ verkam in dieser Phase immer mehr und konnte, als mit Hainburg wieder gesellschaftliche Dynamik entstand, nicht als politische Kraft handeln. Die VGÖ konnten sich organisatorisch zwar festigen, blieben jedoch in allen Wahlgängen hinter dem Ergebnis von 1983 zurück.
Eine Zäsur in der Geschichte bildete die gesellschaftliche Auseinandersetzung um den Kraftwerksbau in der Hainburger Au, bei der die Alternativen und die Grünen nur Trittbrettfahrer blieben. Die ersten Schritte setzte das nach dem österreichischen Verhaltensforscher benannte „Konrad-Lorenz-Volksbegehren“, in dem Konservative (die ÖVP-nahe Aktionsgemeinschaft, die Junge Volkspartei und VP-Wien-Chef Erhard Busek nahmen eine Anti-Hainburg-Position ein) zur Intervention in den Grünbereich ansetzten. Mediale Unterstützung fanden die KraftwerksgegnerInnen anfangs in der zum Raika-Imperium gehörenden Zeitung „Kurier“. Später machte die „Kronen Zeitung“ mit ihrem Engagement Hainburg zum österreichweiten Fall und wurde so zum bestimmenden Faktor des Volksbegehrens, während der Krone-Journalist Günther Nenning für die Umsetzung sorgte. Er war auch die Verbindung zum Geldgeber Dichand, dessen Sponsorenschaft ein offenes Geheimnis war. Politisch führte dieser Einfluss der Krone – wie konnte es auch anders sein – zu einem Rückschritt der sozialen Bewegungen rund um Umweltschutz. Während zu Beginn der ökologischen-alternativen Bewegungen zumindest noch Kritik an der kapitalistischen Entwicklung von Produktivkräften geübt wurde, fehlte dies in Hainburg völlig – grüne Politik wurde auf Naturschutz reduziert. Darüber hinaus kam es zu religiöser Propaganda: geistliche Messen waren in Hainburg Großveranstaltungen, Nenning bemühte sich um eine Audienz beim Papst und auch Patriotismus durfte nicht fehlen, rot-weiß-rote Fahnen wurden hochgehalten und die Bundeshymne gesungen.
Basisdemokratie von Oben
Nach dem Sieg der Hainburger-Bewegung und der Au-Besetzung kam es zu weiteren Schritten Richtung Formierung einer Grünpartei, bei der nicht mehr nur die Alternative Liste Österreich und die VGÖ, sondern auch Einzelpersonen, verschiedene andere Gruppen sowie die Bürgerinitiative Parlament (BIP) eine Rolle spielten. Die BIP stellte dabei die Idee einer ökologischen Personenliste in den Raum, an die Stelle einer grünen Partei sollte ein grüner Klub aus honorigen Einzelpersonen treten. An dieser Initiative beteiligten sich anfangs verschiedene Strömungen der Grünen. In verschiedenen Prozessen der Einigung (die hier nicht beschrieben werden können) und unter Zeitdruck bildete sich eine Wahlpartei mit Kandidatenliste unter Hegemonie der Rosagrünen (ehemaligen SozialdemokratInnen wie Freda Meissner-Blau und Peter Pilz). Ziel war es Meissner-Blau, nachdem diese bereits Spitzenkandidatin für die Bundespräsidentenwahl war, auch für die Nationalratswahl in jeder Landeslist auf Platz 1 zu hieven. Dafür setzten die Rosagrünen zum Angriff auf die Linken innerhalb der Bewegung an. Diese wurden personell bei Abstimmungen über Kandidatenlisten mit fragwürdigen Methoden zurückgedrängt – der Begriff Autobusdemokratie wurde zum geflügelten Wort. Er bedeutet nichts anderes, als dass „Wahlvieh“ zu Abstimmungen gekarrt wurde um Freda Meissner-Blau auf jeder Landesliste als Spitzenkandidatin durchzusetzen, wo dies nicht als sicher galt. Durch offene Versammlungen war es leicht möglich so demokratische Mehrheiten zu ändern: Am Tag der Versammlungen wurden einfach zum Zweck der Wahl von Meissner-Blau UnterstützerInnen aufgenommen. Diese Art der Basisdemokratie von Oben sollte auch in Wien angewendet werden, wo sich die Hochburg der Linken befand. Doch der Plan scheiterte, Meissner-Blau wurde deutlich nicht gewählt und auch Peter Pilz erhielt nicht den gewünschten Listenplatz in Wien. Diese demokratische Wahl wurde nun als „K-Gruppen Putsch“ bezeichnet und eine einflussreiche Strömung innerhalb der Grün-Alternativen als Polit-Sekte dargestellt. Die Mehrheit der Grünen Wahlbewegung erkannte das demokratische Ergebnis der Wiener Abstimmung an und man drängte auf einen Kompromiss, die einhellige Anerkennung scheiterte nur am Veto von drei Personen – darunter Peter Pilz. Man erkannte das Ergebnis einfach nicht an und warf die Linken aus dem Wahlbündnis. Eine demokratische Kandidatenliste wurde restlos beseitigt und potenziellen AktivistInnen wurde die Verfügungsgewalt über den grünen Wahlverein abgesprochen. Dies führte dazu, dass diejenigen, die zuerst das Ergebnis der Wiener Versammlung anerkannten, reihenweise umfielen: So Johannes Voggenhuber, der am selben Tag die Anerkennung revidierte. Der Krone-Redakteur Nenning legte ironischerweise mehr Anstand an den Tag als die Saubermänner Voggenhuber und Pilz. Er lehnte ein Mandat auf der Wiener Liste mit folgenden Worten ab: „Eine Liste, die in einer Wohnung entstanden ist (die Liste die Meissner-Blau & Co. präsentierten), hat eine andere Würde als eine durch eine Versammlung mit 400 Aktivisten.“
Bewegung war einmal
Die im Wohnzimmer erstellte Liste schaffte unter dem Namen Grüne Alternative 1986 den Einzug ins Parlament. Dies führte zu einer skurrilen Situation: es gab zwar einen einheitlichen Grünen Parlamentsklub, aber die Organisationen waren noch keineswegs vereint. Nun wurde versucht die Strukturen zu zentralisieren und zu organisieren, doch die Vereinten Grünen Österreichs scherten aus und erschwerten bzw. verhinderten den Einzug der Grünen Alternative in verschiedene Landtage. Die Grünen waren quasi ohne Organisation und Basis. Wie bereits oben erwähnt, gab es keine ernsthaften Verbindungen zu einer Basis in sozialen Bewegungen oder breiten Teilen der Bevölkerung. Die Grünen hatten sich schon weit von ihren anfänglichen Ursprüngen in den ökologischen Bewegungen entfernt, wie an folgendem Beispiel ersichtlich wird:
1987 kam es bei Demonstrationen gegen den Opernball zu massiven Polizeiübergriffen. Gewalttätigkeiten Einzelner setzten erst im Rahmen des Übergriffes ein und standen in keinem Verhältnis zum Polizeieinsatz. Die Grünen in Person von Freda Meissner-Blau beantworteten im Rahmen dieses Vorfalles die Frage nach ihrem Verhältnis zu sozialen Bewegungen folgendermaßen: Sie forderte den damaligen Innenminister Blecha auf, dafür zu sorgen, dass in Hinkunft derartige Elemente von der Polizei isoliert würden und bot an, der Polizei Tipps zu geben, wie man demonstrierender Gewalttäter besser habhaft werden könnte. Auch Peter Pilz äußerte sich ähnlich. Die Grüne Partei war zwar anderer Meinung, aber der Parlamentsklub handelte wie er wollte.
Eine weitere interessante Episode ereignete sich, als Andreas Wabl im Parlament in einer Rede eine Hakenkreuzfahne zog, und darauf hinwies, dass Kurt Waldheim – wir erinnern uns, nur sein Pferd war bei der SA – unter dieser Fahne diente. Wabl nahm damit auf die Waldheimaffäre Bezug, in der Kurt Waldheim, späterer Bundespräsident Österreichs, aufgrund seiner Vergangenheit im dritten Reich unter schwere Kritik kam. Auf Druck der Medien distanzierten sich Pilz und Meissner-Blau quasi postwendend von Wabls Aktion. Sie wussten, dass die vierte Partei in gewisser Weise von den Medien abhängig war und fügten sich dem Zuruf der durch die Zeitungen ging. Dieses Phänomen zeigte sich auch als die Grünen bei den diesjährigen Nationalratswahlen 2013 aufgrund der Medienpräsenz die den NEOS und dem Team Stronach gegeben wurde nicht wie erwartet abschneiden konnten.
Die Verbindung zwischen den Grünen als Partei und neuen sozialen Bewegungen war einmal. Die Grünen machten in der folgenden Zeit eine Phase von „Auf und Ab’s“ durch und konnten ihren ersten großen Wahlsieg erst wieder erlangen, als Peter Pilz im Rahmen des Untersuchungsausschusses der Lucona-Affäre brillierte und von Medien wie dem Profil unterstützt wurde: „Pilz gegen den Filz.“ Der Aufdecker Pilz war mithilfe der Medien geboren. Die Grünen wandelten sich immer mehr zur 4. eingesessenen Partei ohne Basisdemokratie und konnten sich unter Alexander van der Bellen endgültig stabilisieren.
Was interessiert mich das Geschwätz von gestern?
Nun mag man einwenden, dass das alte Geschichten von gestern sind und dies alles nichts mit der Politik der Grünen von heute zu tun hat. Dem ist aber nicht so, ein Blick auf die Praxis der Grünen in den letzten Jahren zeigt, dass sie auch heute keine Alternative sind. Es gibt eine klare Kontinuität zwischen der Trennung der Grünen von den neuen sozialen Bewegungen und den Grünen wie sie heute sind. Es ist kein Zufall, dass Eva Glawischnig kurz vor der Wahl tönt, eine Asylreform sei keine Bedingung für eine Koalition oder, dass mit dem Plakat-Sujet „Und wer putzt bei dir?“ klar rassistische und sexistische Klischees wohlhabender Schichten von KleinbürgerInnen bedient werden. Da kann die Basis noch so schimpfen – sie ist bei den Grünen irrelevant. Ihre Legitimation erhalten die PolitikerInnen durch Wahlen und da braucht es bei den Grünen angepasste Politik und angepasste Menschen, und das nicht erst seit heute. Bereits 2008 wurde unter anderem das Fixmandat der Behindertensprecherin Theresia Haidlmayr für wirtschaftsnähere und jüngere KandidatInnen geopfert. Um Haidlmayr zu zitieren: „Weil die Signale der Grünen einfach so gesetzt sind, dass man Wirtschaftskompetenz verstärkt will, junge und neue Gesichter und man will in die Regierung.“ Dem entgegnet man, dass aufgrund der Grünen Basisdemokratie kein Listenplatz fix ist, worauf Haidlmayr laut der Presse antwortete, dass die Listenplätze keineswegs beim Bundeskongress gewählt werden, sondern im Vorfeld bereits paktiert werde, wie gewählt werden muss. Von der Basisdemokratie der Anfangszeit ist nicht einmal der Schein geblieben.
Da verwundert es auch nicht, dass die niederösterreichischen Grünen sich als marktwirtschaftlicher betrachten als die ÖVP, wie die Spitzenkandidatin Petrovic verlautbarte: „Beim Parken sind wir Grünen marktwirtschaftlicher als die ÖVP: Dinge, die knapp sind, wie Parkplätze, muss irgendjemand zahlen.“
Grüne Regierungsbeteiligungen
Ein noch aussagekräftigeres Zeugnis über die Grünen geben ihre Regierungsbeteiligungen, insbesondere in Oberösterreich und der Stadt Graz, ab. Der Sparkurs der ÖVP in Oberösterreich wurde widerstandslos mitgetragen. Zulagen wurden als Beiwagerl des oberösterreichischen Landeshauptmann Pühringer gekürzt, Arbeitszeiten angeglichen, Pensionssicherungsbeiträge erhöht – sozusagen Anpassung an die Privatwirtschaft. Zu diesem Sparpaket gehörten auch Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen im Spitalsbereich, Reduktion der Betten und die Schließung von Abteilungen. Ein ganz besonderes Schmankerl ist jedoch, dass die sogenannte Umweltpartei dabei war als man beinahe die Energie AG in Oberösterreich privatisiert hätte, womit Atomkonzerne Zugriff auf die oberösterreichischen Energiewerke gewinnen hätten können. Auch bei den jüngsten Arbeitskämpfen rund um die oberösterreichischen Ordensspitäler merkte man wenig von der sozialen Ader der Grünen, die gemeinsam mit der ÖVP, Gegner der ArbeitnehmerInnen in den Spitälern waren.
Und auch in Graz trugen die Grünen so ziemlich alles mit, was von der ÖVP an Verschlechterungen verordnet wurde. So wurden die Grazer Stadtwerke zügig nach der Koalitionsbildung mit Marschrichtung Privatisierung umgekrempelt. Ebenso was parteipolitische Machtpolitik betrifft waren die Grünen recht schnell lernfähig. Die Umfärbung der städtischen Gesellschaften stand recht bald ganz oben auf dem Tapet der schwarz-grünen Koalition. Der Schutz für Minderheiten in Parlamenten, Gemeinderäten und Landtagen war den Grünen nur ein Anliegen solange sie nicht selbst an den Trögen der Macht fraßen. Aber auch in sozialen Fragen war schwarz-grün in Graz nicht besser als anderswo, eine Gebührenautomatik bei Müll und Wasser sorgen dafür, dass Wien auch nach einer saftigen Erhöhung in dieser Frage hinter Graz zurückbleibt.
Was genau in Tirol und Salzburg in der schwarz-grünen beziehungsweise schwarz-grün-Stronach Landesregierung passieren werden wird ist noch unklar, aber es wird wohl nicht im Sinne der arbeitenden Menschen sein. Eine der ersten Handlungen der neuen Tiroler Landesregierung ist aber bekannt: Bahnverbindungen (soviel zum Engagement der Grünen für den öffentlichen Verkehr) wurden gestrichen.
Aber so richtig belämmert!
Neben den Beteiligungen der Grünen an schwarzen Regierungen zeigt sich aber auch im Wahlkampf zur Nationalratswahl 2013, dass sie nur noch eine bürgerliche Partei von vielen sind. Im Wahlkampf konzentrierte man sich nicht darauf, soziale Forderungen oder Verbesserungen für das Asylwesen auf die Tagesordnung zu bringen (zwei Dinge für die sie fälschlicherweise von linken WählerInnenn Stimmen bekommen), sondern sie positionierten sich als sauberere und kompetentere Partei der Bürgerlichen und sprachen mit einem zwanghaft „lustigen“ Wahlkampf „hippe-moderne-junge-urbane“ Schichten – kurz Bobos – an. Man bediente sexistische Klischees in der an die Bravo angelehnten Zeitschrift „Eva“ und plakatierte die Parteichefin mit einem Schaf und schlicht dem Vornamen. Man wird zwangsläufig an den Wahlkampf von Jörg Haider aus dem Jahr 1994 erinnert, der mit „Einfach ehrlich – einfach Jörg“ in die Wahlschlacht zog. Die Schusterin Eva Glawischnig kehrte zurück zu ihren bürgerlichen Leisten – schon immer schnitten die Grünen in bürgerlich dominierten Gegenden wie dem Westen Österreichs besser ab, fischten am ehesten bei ÖVP-nahem Klientel und versuchen dieses auch im Wahlkampf zu bedienen. Da haben soziale Forderungen auf den Plakaten natürlich keinen Platz, schließlich wird man von Menschen gewählt, die es sich eh richten können. Die Prolos in den Fabriken, Spitälern und Geschäften finden solche Bobos einfach nur belämmert und haben wenig übrig für deren Sorgen und Nöte. Deswegen ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass es Personen wie der Sozialsprecher Karl Öllinger trotz Zugewinnen nicht geschafft haben in den Nationalrat einzuziehen und die Grünen gerade an die NEOS relevant viele Stimmen verloren haben.
Keine Alternative
Was hat dieser geschichtliche Exkurs mit den Grünen heute zu tun? Er zeigt auf, dass die aktuellen Entwicklungen der Grünen keineswegs Zufall oder einer schlechten Führung geschuldet sind. Sie sind natürliche Folge der spezifischen Natur der Grünen als Wahlpartei ohne Verankerung in der Basis was auch den größten Unterschied zu ArbeiterInnenparteien wie der SPÖ, mögen diese eine noch so verlogene Führung haben, markiert. Die SPÖ ist durch die Gewerkschaften und ihre doch noch immer vorhandene Parteibasis mit den arbeitenden Menschen verbunden, während die Grünen ein freischwebendes Teilchen sind. Ohne echten Bezug zu einer sozialen Klasse sind sie erbarmungslos den gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen ausgeliefert. Vor allem seit sich die grünen Parteien von ihren ehemaligen basisdemokratischen Konzepten verabschiedet haben, finden die verschiedenen Elemente vorherrschender bürgerlicher Ideologie direkten Zugang zu den Köpfen ihrer SpitzenpolitikerInnen. Ihr Agieren in verschiedenen Regierungen zeigt eindrucksvoll wie sehr sich die Grünen von jeglichen Idealen der neuen sozialen Bewegungen verabschiedet haben.
Jenen SympathisantInnen der Grünen, die das unvermeidliche Coming-Out ihrer Partei mit Verbitterung und Enttäuschung zur Kenntnis nehmen müssen, wurde zu Bewusstsein gebracht, dass das Wörtchen „Alternative“, schon lange nicht mehr mit dem Namen der Grünen verbunden ist. Das zeigen gerade die jüngsten Plakatsujets und Aussagen von Eva Glawischnig im vergangenen Wahlkampf. Eine Alternative kann unter diesen Vorzeichen nur ein kämpferisches Organisieren von unten sein. Sicher auch in sozialen Bewegungen, in erster Linie jedoch am Arbeitsplatz, in der Schule und an der Uni. Dem Sozialabbau und der Umverteilung nach oben oder dem Sparzwang ist nicht durch Wahlen beizukommen.
Und Rot-Grün könnte uns aber doch retten oder?
Selbst wenn sich in der zweiten Reihe, der Grünen einige durchaus linke ProponentInnen befinden, bleibt es dabei: die wirklich wichtigen Dinge im Leben muss man selbst in die Hand nehmen. Das Wahlkreuz zu machen und sich danach zurückzulehnen – Rot-Grün wird’s schon machen – ist zu einfach, und hilft auch nicht, wie man an der Rot-Grünen Koalition in Wien eindrucksvoll sehen kann. Entscheidend bleibt der Druck, den wir im Verlauf der nächsten Jahre von unserem Arbeitsplatz, unserem Lernort, oder unserem Wohnort auf die Gewerkschaften, die Gemeindeverwaltung oder selbst auf Wohnbaugenossenschaften und damit auf die SPÖ ausüben, um diejenigen Maßnahmen zu erreichen, die wir uns vorstellen. Je vernetzter dieser Druck aufgebaut wird, desto spürbarer wird er für die FunktionärInnen dieser Organisationen sein.
Die Grünen freilich sind für diesen Druck immer unerreichbarer – je mehr ihre führenden RepräsentantInnen ihre Legitimität ausschließlich aus Wahlen beziehen, desto immuner können sie gegenüber Anliegen auftreten, für die wir uns direkt und abseits von bürgerlichen Wahlen organisieren.
Manch Funktionär der SPÖ träumt insgeheim davon, diesem Druck, diesem potentiellen Regulativ, genauso wie die Grünen nicht mehr ausgesetzt zu sein, man denke nur an „GenossInnen“ wie Faymann und Rudas. Was uns anbelangt, wir müssen diesen Druck erhöhen und spürbarer werden lassen – egal ob in den Organisationen der ArbeiterInnenbewegung, den Schulen, den Betrieben oder den Universitäten. Der Kampf zur Verteidigung des Metaller-KVs und die Frage des Widerstands gegen eine Koalition des Sparens sind eine Chance dazu, die wir nutzen müssen!
Quellen:
- SCHANDL, Franz/ SCHATTAUER, Gerhard: Grünen in Österreich – Entwicklung und Konsolidierung einer politischen Kraft. Promedia Druck- und Verlagsgesellschaft; Wien, 1996.
- Standard, 9.10.2007 Pilz: „Wir wollen in der EU gemeinsame Streitkräfte mit einem gemeinsamen Verteidigungsminister […] Die Neutralität wird damit ersetzt.“
- Andreas Mölzer, in: Europa im rechten Licht, S. 97; Wien 2004