Wohnen wird immer mehr zum Luxus. Das Thema Wohnen prägt seit Wochen den Vorwahlkampf. Doch bieten die derzeit diskutierten Programme der Parteien tatsächlich eine Lösung dieses Problems? Von Helene Steiner.
Die Arbeiterkammer zeigt in einer Studie von 2012 sehr schön, wieso das Thema leistbares Wohnen so vielen Menschen wichtig ist. Anhand des Mikrozensus der Statistik Austria zeigt die Studie, dass die Mieten zwischen 2000 und 2010 um durchschnittlich 34% gestiegen sind, der Medianlohn jedoch nur um 22%. Diese Zahlen spiegeln nur wider, was die meisten Menschen in den letzten Jahren bei der Wohnungssuche schon selbst erlebt oder aus ihrem persönlichen Umfeld gehört haben: Wohnen wird immer mehr zum Luxus.
Österreichweit leben über 40% der Menschen in einem Mietverhältnis, in Wien sind es mehr als ¾ der EinwohnerInnen. Dementsprechend wichtig ist die Entwicklung der Mieten für den Lebensstandard großer Teile der Bevölkerung. Die Gesetzeslage betreffend Mieten ist relativ komplex und für MieterInnen kaum nachvollziehbar. Diese haben also große Mühen um an ihr Recht zu kommen. Kurz zusammengefasst kann man Folgendes sagen: Es gibt Richtwerte je nach Bundesland, dazu kommen diverse Zuschläge, wie z.B. für die Lage und Betriebskosten. Die AK zeigt auf, dass dieses System sehr schwammig ist, weil die Kriterien für Zuschläge sowie deren Höhe nicht gesetzlich geregelt sind. Das zeigen auch die Ergebnisse der Studie zu befristeten Mietverträgen auf: Diese müssten billiger sein (vorgeschrieben wäre ein Abschlag von 25% gegenüber einem unbefristeten Mietverhältnis), in der Realität sind diese durchschnittlich aber teurer. Immer mehr Mietverträge werden jedoch befristet abgeschlossen, ohne dass die VermieterInnen Gründe dafür nennen müssen. Das führt zu weiteren Kosten für die MieterInnen (Vertragsgebühren, Umzug, Maklerprovision, Wohnungssuche) und bedeutet, dass Menschen in zunehmender Unsicherheit leben.
Im völlig privaten Wohnbereich besteht noch ein weiteres Problem: MieterInnen sind ihren VermieterInnen bis zu einem gewissen Grad ausgeliefert. Berichte zeigen zumindest für Wien, wie MieterInnen aus den Wohnungen gedrängt werden sollen (z.B. indem das Gas abgedreht wird), wenn sich der/die VermieterIn durch Neuvermietung oder Verkauf eine höhere Rendite erwartet. MieterInnen können das zwar rechtlich belangen oder die Miete reduzieren, in der Realität ist die Wirksamkeit jedoch gering, ist der zu erwartende Gewinn für VermieterIn nur hoch genug. Vor allem Menschen, die sich rechtlich oder sprachlich nur schwer artikulieren können, sind solchen Methoden oft hilflos ausgeliefert.
Allgemein zeigte sich, dass die Mieten vor allem auf dem privaten Wohnungsmarkt rasant steigen: zwischen 2005 und 2010 um 22%, während sie bei gemeinnützige Wohnungen um 11% und bei Gemeindewohnungen nur um 9% stiegen. Eva Bauer (Beigewum) zeigt in einem Artikel zum „gemeinnützigen Wohnbau in Österreich“ auch auf, dass der private Bausektor vor allem Wohnungen für das Hochpreissegment baut, die gemeinnützigen die mittlere Schicht abdecken und die kommunalen Wohnungen günstige Mieten vorweisen.
Gemeinnützig
Die Gemeinden bauen jedoch schon länger nicht mehr, auch Wien hat den kommunalen Neubau aufgegeben und investiert nur mehr in den gemeinnützigen Wohnbau. Begründet wird das mit den fehlenden finanziellen Möglichkeiten. Auch in diesem Bereich herrscht ein Spardruck und die öffentliche Hand hofft auf Private. Sollten aber die Banken Hilfe benötigen, dann ist genügend öffentliches Geld da.
Die Errichtung von Wohnungen für soziale Zwecke wird somit ausschließlich privaten gemeinnützigen Vereinigungen übertragen. Diese sind zwar nicht profitorientiert und müssen Überschüsse reinvestieren, trotzdem ist diese Form des Wohnbaus stärker den marktwirtschaftlichen Einflüssen ausgesetzt als der Gemeindebau. Die Kontrolle wird privaten Bauorganisationen übergeben. Diese wiederum sind zum Teil Genossenschaften, zum anderen Teil Kapitalgesellschaften. In manchen Neubauhäusern führt dies zum Ergebnis, dass die größten und schönsten Wohnungen in den oberen Stockwerken privat finanziert werden, während die eher kleineren und schlechter gelegenen genossenschaftlich vermietet werden. Egal welcher politischen Partei diese Bauvereinigungen nahe stehen, die Möglichkeit der Mietbeeinflussung wird auf alle Fälle von der öffentlichen Hand abgegeben. Ein Teil dieser Wohnungen, die mit Geldern der Gemeinden gefördert werden, werden in späterer Folge sogar von den MieterInnen gekauft. Damit geht in Zukunft die Möglichkeit zur sozialen Leistung mittels dieser Wohnungen völlig verloren.
Ein anderer fraglicher Punkt ist die Form der Finanzierung gemeinnütziger Wohnbauten. Bei Neuerrichtung ist ein Finanzierungsbeitrag zu leisten, der auch über 30.000€ betragen kann. Für ärmere Menschen, für die diese Wohnungen doch angeblich gedacht wären, ist das nicht leistbar. Wo bleibt die soziale Komponente, wenn Menschen für eine Wohnung einen Kredit aufnehmen müssen?
Antworten der Parteien
In der (Medien-)diskussion zwischen den Großparteien und ihren Jugendorganisationen zeichnen sich zwei grundlegend verschiedene Konzepte ab. Während die Sozialdemokratie die Mieten billiger machen will, will die ÖVP private Häuselbauer finanzieren.
Die öffentliche Dabette wurde u.a. von der Sozialistischen Jugend losgetreten, die seit Monaten mit ihrer Kampagne „Junges Wohnen muss leistbar sein“ in den Medien present ist. Die SJ fordert u.a. die Zweckwidmung der Wohnbauförderung, eine Widmungskategorie für sozialen Wohnbau und Sanktionen für brachliegendes Bauland.
All das zielt also vor allem darauf ab, den sozialen Wohnbau (mit all seinen oben bereits beschriebenen Problemen!) zu fördern. Die Forderung nach einem öffentlichen Wohnbauprogramm in Form einer Wiederaufnahme des Gemeindebaus erhebt die SJ-Kampagne jedoch nicht. Lediglich in Vorarlberg und Wien setzt sich die SJ für diese Forderung ein.
Die JVP/ÖVP-Position zeigt sehr leicht, wen die Konservativen ansprechen wollen. Gesagt wird, dass man jungen Menschen das Wohnen verbilligen will, aber man will es nur für Menschen ermöglichen, welche sich ein eigenes Haus oder eine Wohnung kaufen können. Wenn man bedenkt, dass ein Quadratmeter Neubauwohnung in Wien nicht mehr unter 3.000 Euro zu haben ist, kann man sich vorstellen, dass für durchschnittliche Unter-25-jährige der Erwerb einer Eigentumswohnung keine Option darstellt. Die Finanzierung geht bei diesem Konzept übrigens vollkommen auf staatliche Kasse. Zudem sollen Immobilien, die sich im öffentlichen Eigentum befinden, verkauft werden. Da kommt einem doch sofort der BUWOG-Verkauf in den Sinn.
Ursachen
Behauptet wird immer, dass es zu wenige Wohnungen gibt und deshalb die Mieten steigen. Eine Studie geht aber davon aus, dass es allein in Wien 60.000-80.000 leerstehende Wohnungen und Geschäfte gibt. Diese sind nicht alle einfach verfallen und unbewohnbar. Vielmehr sind viele von ihnen absichtlich nicht am Markt, weil sich die EigentümerInnen zu einem späteren Zeitpunkt einen besseren Preis erhoffen. Mit einer deutlichen Erhöhung der Grundsteuer müsste man dem entgegenwirken. Nach zwei Jahren Leerstand sollte die Immobilie in öffentliches Eigentum überführt werden.
Auf dem Markt gibt es jedenfalls zu wenige leistbare Wohnungen. Das Angebot an neugebauten und renovierten Wohnungen gibt es vor allem im mittleren und höheren Preissegment. Den größten Anstieg bei den Mietpreisen gibt es laut der AK bei Wohnungen, die vor 1945 errichtet wurden sind (“Altbau”). Private Bauunternehmen konzentrieren sich vor allem auf Spekulation und Renovierung. Man denke nur an das Phänomen des Dachgeschoßausbaus in Wien. Durch das neue Kapital am Wohnungsmarkt werden aber kaum neue Wohnungen geschaffen und wenn, dann nur für eine sehr reiche Schicht von KundInnen. Einige Wohnungen werden vielleicht verbessert und wirklich teurer werden alle Wohnungen durch die Spekulation. Die Zeitung ‘Die Welt’ beschreibt am Beispiel von Deutschland, wie das Wohnen in vielen Städten durch verstärkte Investitionstätigkeit teurer wird. Als Grund wird genannt, dass viele Anleger „angesichts der niedrigen Zinsen an den Kapitalmärkten nicht wüssten, was sie mit dem Geld anderes machen sollten.“
Wohnen sollte ein Recht sein, das ist momentan aber nicht gegeben. Nur durch ein massives öffentliches, kommunales Wohnbauprogramm und der Aufhebung der Marktbindung der Mieten für Gemeindewohnungen (wie das momentan durch den Mietrichtzins passiert), kann man das Wohnen leistbar machen. Diese Forderung ist aber nur durchzusetzen, wenn wir die herrschende Sparlogik ablehnen.
Lesetipp: AK Wien: Mietensteigerungen in Österreich und Wien; 2012.