Der Menschenrechtsgerichtshof hat entschieden: für Lesben und Schwule muss die Stiefkindadoption ermöglicht werden! Und nun schrillen in Österreich bei Konservativen und Rechten sämtliche Alarmglocken. Ein Kommentar von Harald Stadler
In geradezu dankenswerter Offenheit sprach die FPÖ-Nationalratsabgeordnete Belakowitsch-Jenewein in der ORF-Sendung „IM ZENTRUM“ am 24.02.2013 aus, was die Rechtspopulisten am Adoptionsrecht für homosexuelle Paare stört: die Strukturen der „normalen“ (sprich heterosexuellen) Familie und damit die Grundlagen der Gesellschaft würden massiv Schaden nehmen oder gar ruiniert. Das sei ja „marxistisch“, behauptet die besorgte Dame, die offenkundig von der marxistischen Theorie nicht den geringsten Tau hat.
Und auch Stephanie Merckens, Mitarbeiterin der Bioethikkommission und der Erzdiözese Wien, ereifert sich, zu betonen, dass es keine Diskriminierung wäre, wenn „ungleiches ungleich behandelt“ würde. Schliesslich hätten ja „alle Menschen“ nun einmal „Mutter und Vater“. Selbstverständlich behaupten beide Frauen, dass sie bei alle dem nur das „Kindeswohl“ im Auge
hätten. Dabei tun die beiden „Expertinnen“ so, als wäre in den monogamen, heterosexuellen Kleinfamilien alles in bester Ordnung. Mit keinem Wort wird erwähnt, wie viele Arbeiterfamilien schon in Armut leben oder gerade noch am Existenzminimum dahinschlittern. Um halbwegs über die Runden zu kommen, müssen beide Elternteile einem – oftmals schlecht bezahlten Job – nachgehen. Und das keineswegs zu „familienfreundlichen“ Arbeitszeiten. Erschwingliche Kinderbetreuungseinrichtungen sind Mangelware, häusliche Gewalt ist in vielen Familien keine Seltenheit.
Gezeigt hat sich in der Debatte aber mit absoluter Klarheit, dass es nicht ein einziges Sachargument gibt, das gegen die Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare spricht. Ganz nebenbei bemerkt gibt es die Stiefkindadoption natürlich bereits in einigen europäischen Staaten und siehe da: die bürgerliche Gesellschaft und die herrschenden Strukturen sind dadurch keineswegs „zusammengebrochen“, ja nicht einmal das kleinste bisschen angekratzt worden. Im Gegenteil: immer mehr konservative Politiker(innen) können der „Gleichstellung“ homosexueller Partnerschaften etwas abgewinnen. Es geht ihnen dabei jedoch keineswegs um Gleichberechtigung; sie haben im Auge, dass sich auf Lesben und Schwule im Bereich Familie und Erziehung sehr gut und ohne Probleme Kosten abwälzen lassen. Angesagt sind Homosexuelle, die in „geordneten“ (sprich: bürgerlichen) Verhältnissen und Gemeinschaften leben. Wie andere anständige Leute eben…
Für die Kinder wird es letztendlich keine Rolle spielen, ob die Menschen, bei denen sie aufwachsen
und von denen sie Wärme und Zuneigung bekommen ihre „biologischen“ Eltern sind oder welches
Geschlecht sie haben. Kümmern sollten sich die empörten Herrschaften von ÖVP und FPÖ lieber
darum, dass alle Zugang zu Bildung und Ausbildung haben, dass es leistbare Wohnungen gibt und
Löhne, die ein anständiges Leben ermöglichen! Oder tragen diese Faktoren für Konservative und
Rechte etwa nicht zum „Kindeswohl“ bei?
Der Autor ist aktiv in der SoHo Salzburg.