Nein zum Ausverkauf von Gemeindewohnungen
Die Straßen von Wiener Neustadt sind geprägt von ihrer Arbeiterbewegung. Hier steht der erste Gemeindebau Österreichs, der 1919 den Beginn der Wohnbauoffensive in den roten Gemeinden einläutete. Lange Zeit war die Stadt mit 2255 Gemeindewohnungen ein Spitzenreiter im öffentlichen Wohnen. Das soll nun ein Ende haben. Über 70% der Gemeindewohnungen sollen in den kommenden Monaten verkauft werden. Von Maya Kwich
Im Gemeinderat hat am 7. Oktober eine Mehrheit für den Verkauf von drei Vierteln der Gemeindewohnungen gestimmt. Die bunte Stadtregierung (ÖVP, SPÖ, FPÖ) will die Privatisierung mit ihrem Gerede von einem „mehrstufigen, transparenten Vergabeprozess“ schönreden. Mit gutem Beispiel gehen sie dabei nicht voran: Die entscheidende Gemeinderatssitzung am 7. Oktober fand hinter geschlossenen Türen statt. Die Abstimmung erfolgte nicht offen. Jegliche Debatte wird damit passiviert und auf ein reines Fingerzeigen zwischen FPÖ und SPÖ reduziert, die sich gegenseitig beschuldigen, den Ausverkauf entgegen vorheriger Versprechungen möglich gemacht zu haben.
Seit heuer ist die SPÖ, die über Jahrzehnte Wiener Neustadt regiert hat, mit Vizebürgermeister Spenger wieder für die Wohnungen der Stadt verantwortlich. Da sie auch in Zukunft Teil der Stadtregierung sein möchte, bleibt ihr nichts anderes übrig, als widerwillig den Verkauf mit umzusetzen. Hauptsache, man kann „konstruktiv mitgestalten“. Dieses Selbstverständnis zieht sich wie ein roter Faden durch die letzten zwei Jahrzehnte des Reformismus.
2006 wurden die Gemeindebauten unter dem letzten roten Bürgermeister wegen Budgetproblemen in die Tochtergesellschaft IFP ausgegliedert. Seitdem werden sie von mehreren Genossenschaften verwaltet. Die Sanierungen waren weiterhin von der Stadt zu bezahlen, was in den letzten zehn Jahren immer schwieriger wurde. Gerade einmal 80 öffentliche Wohnungen wurden jährlich hergerichtet. Die langgestreckte Sparpolitik wurde von der Realität der schlechten Wohnungszustände eingeholt. Sanierungen sind notwendig geworden, doch das Geld fehlt. Jetzt kann sich die Stadt nicht mal mehr das Sparen leisten.
Die Stadtregierung erhofft sich zusätzlich zur finanziellen Entlastung, die der Verkauf bringen soll, auch, dass notwendige Modernisierungen in Gang gesetzt werden. Wie man die Privaten dazu bringen soll, nach der längst überfälligen und dementsprechend teuren Sanierung keine beträchtliche Mieterhöhung zu verlangen, bleibt unbeantwortet.
Um ein leistbares Wohnen in Wiener Neustadt zu sichern, muss die SPÖ mit der Versöhnungspolitik abschließen. Die Stadtregierung gehört aufgekündigt, um einen echten Widerstand gegen den Verkauf organisieren zu können. Zurzeit stellt die Unterschriftenaktion der KPÖ die einzige Opposition in der Stadt dar, die der Privatisierung entgegenwirken will, doch das reicht nicht! Das Stadtbudget steht unter immensem Druck, denn mit der Krise des Kapitalismus kommt auch die Krise der Gemeindefinanzen. Während die Gemeinden den Gürtel enger schnallen müssen, investiert der Bund selbstverständlich weiter in die Aufrüstung. Die lokale Militärakademie bekommt ironischerweise eine neue Unterkunft, die 31 Millionen kosten soll. So viel wurde im vergangenen Jahrzehnt nicht in den Gemeindebau investiert. Was die Stadt braucht, ist eine kommunistische Opposition, die kompromisslos gegen Privatisierung und Kürzungen kämpft.