Die steirische Landesregierung hat ein brutales Sparpaket vorgelegt. Widerstand formiert sich, berichtet unser Korrespondent aus Graz.
Als der steirische Landtag im vergangenen Februar ein totales Bettelverbot beschloss, war Max Lercher der einzige SP-Mandatar, der dagegen stimmte. Wie sich der Chef der steirischen SJ verhalten wird, wenn die „Reformpartnerschaft“ aus SPÖ und ÖVP im April ihr Budget beschließt, ist offen. Indes mobilisiert ein breites Bündnis gegen die drohenden 25%-Kürzungen.
Leicht hat sich Lercher die Entscheidung nicht gemacht. „Irgendwie total heavy“ sei das gewesen und ein „Gefühl“, das man „gar nicht beschreiben“ könne, gab der Neo-Mandatar am Tag, nach dem er sich dem Klubzwang widersetzte und gegen ein totales Bettelverbot in der Steiermark stimmte, gegenüber derstandard.at zu Protokoll. Vor der Abstimmung stellte freilich Landeshauptmann Franz Voves dem SJ-Chef einen Persilschein aus. Man müsse es verstehen, wenn heute „ein junger Mandatar“ dagegen stimme, sagte er sinngemäß.
Voves kann’s verkraften. Immerhin steht dem Landeshauptmann in Bälde eine Abstimmung weit größerer Tragweite bevor: Der Beschluss eines Landesbudgets, das vor allem jene treffen wird, die in den vergangenen Jahren ohnehin schon einen hohen Preis für die Wirtschaftskrise zahlen mussten. Diente das Bettelverbot demnach vor allem dazu, den Druck auf die Marginalisierten zu erhöhen und Armut aus der öffentlichen Wahrnehmung zu verbannen, weist die Bedeutung des zu erwartenden Budgets weit darüber hinaus. Hier wird sehenden Auges Armut erzeugt.
All das ruft seit geraumer Zeit Widerstand hervor. Die „Plattform 25“, ein Bündnis aus mehr als 300 Organisationen ruft für den 25. März zu einer Großdemonstration in Graz auf. Lercher freilich hat sich bei den Bündnistreffen – im Gegensatz zu mehreren sozialdemokratischen Betriebsratsvorsitzenden, vornehmlich aus dem Sozialhilfebereich – bislang nicht blicken lassen. Wer kann es ihm verdenken. Immerhin ist der smarte Mittzwanziger eigenen Angaben zufolge schon im Zuge der Abstimmung zum Bettelverbot „um drei Jahre gealtert. Ich wünsche mir eine solche Situation überhaupt nicht mehr. Ich habe Vertrauen, dass wir einen guten sozialdemokratischen Weg gehen“, durfte man im derstandard.at Interview nachlesen.
Jenen Informationen zufolge, die bislang durchgesickert sind, kommt die angepeilte ausgabenseitige Kürzung um 25 Prozent allerdings einem sozialen Kahlschlag ohne Beispiel gleich. Konkret drohen die Kürzung der Mittel für Menschen mit Behinderung und der Wohnbeihilfe, die Einführung von Kindergartengebühren, die Kürzung der Mittel in der Kinder- und Jugendwohlfahrt, Existenz bedrohende Kürzungen bei zahlreichen Sozial- und Kulturinitiativen, die Wiedereinführung der Rückzahlungspflicht (Regress) für Angehörige bei Pflegekosten, die Einführung des Regresses für Angehörige von EmpfängerInnen der Mindestsicherung und eine massive Verschlechterung bei der Mindestsicherung gegenüber der Sozialhilfe. Dazu kommen eine Nulllohnrunde im Landesdienst und die Streichung von 700 Stellen.
Die SJ hat sich am letzten Verbandstag gegen Sparpakete auf Landesebene ausgesprochen. Max Lercher muss sich daran messen lassen, ob er diesen Beschluss umsetzt oder ob er diesmal dem Klubzwang gehorcht. Sein Abstimmungsverhalten wird zum Lackmustest seiner politischen Glaubwürdigkeit werden. Stimmt er dagegen und schließt er sich den außerparlamentarischen Protesten gegen das drohende Budget an, dann könnte er ein neues Kapitel sozialdemokratischer Politik aufschlagen. Tut er das nicht, ist er innert weniger Monate vom aufmüpfigen Jungsozialisten zum sozialdemokratischen Vorzeigekarrieristen avanciert.
Es stellt sich aber allgemein die Frage, wie der Widerstand gegen das Sparpaket geführt werden sollte. Die Großdemo am 25. März ist ein wichtiger Schritt, das allein wird aber wohl zu wenig sein. Bereits jetzt sprechen sich viele Betriebsräte und die FSG gegen dieses Sparpaket aus. Der ÖGB Steiermark ruft für den 17.3. zu einer Protestkundgebung auf. Die Zeit bis zur Beschlussfassung im Landtag muss genutzt werden für die Organisierung von Streiks gegen das Sparpaket. Ein erster Schritt in diese Richtung wäre die Einberufung einer Betriebsrätekonferenz in den Tagen nach der Demo, um weitere Kampfmaßnahmen beschließen zu können.
ÖGB-Kundgebung:
Do., 17.3., 9.30 Uhr
Grazer Burg
Großdemo der „Plattform 25“:
Fr., 25.3., 15 Uhr
Treffpunkt: Südtirolerplatz