Mit der Demonstration von 300 SchülerInnen Bregenz begann der gestrige Bildungsaktionstag, mit der Großdemo in Wien endete er. Nachdem dieser Aktionstag nicht die Kraft der letztwöchigen Demonstrationen erreichen konnte stellen sich die Fragen der politischen Orientierung und der Methoden der Uniprotestbewegung heute in noch schärferer Form.
Die Bürgerlichen reiben sich die Hände – sie wollen den Protest ins Leere laufen lassen und ihn einfach aussitzen. Einerseits werden sie versuchen die ÖH in den Mittelpunkt des Geschehens zu rücken, andererseits mit einem „Unigipfel“ Ende des Monats eine „Expertenrunde“ einsetzen, deren Ratschläge – unter dem Protest der StudierendenvertreterInnen – eine Verschärfung des Unizuganges bei leichtem Erhöhen des Budgets (in Etappen bis zum Jahr 2025) sein wird.
Vom Regen in die Traufe?
Damit besteht die reale Gefahr, dass die bisherigen Proteste die politische und gesellschaftliche Aufmerksamkeit auf die Unis gelenkt haben, nun aber das Gesetz des Handelns von der Regierung übernommen wird. Faymann redet vom Nummerusklausel (sic!), die ÖVP ist von jeher gegen jede positive Reform der Bildungsinstitutionen (angefangen von Kindergärten über Schulen). Das österreichische Bildungsbürgertum kann sich kulturell von der ArbeiterInnebwegung nur dann abheben wenn hochwertige Bildung ihr Privileg bleibt. Man stelle sich vor, dass die Kinder der Schotterunternehmerin im Innenministerium mit den Gscherr ihrer Arbeiter in einer Allgemeinschule die Bank drücken müssten, und dann auf den Unis etwa auch noch Plätze streitig machen.
Wenn der Uniprotest den Zugang zu höherer Bildung frei machen will, dann müssen wir ernsthaft über die Perspektiven und die Methoden der Bewegung Klarheit verschaffen.
Solidarität ist eine Waffe…
… dafür muss sie aber organisiert und gelebt werden. Studierende haben keine ökonomische Macht, was im Kapitalismus jedoch der entscheidende Faktor in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung ist. Manche MitaktivistInnen sind der Meinung dass man dieses Manko durch die Besetzung von Räumlichkeiten und die Sympathie der Massenmedien gut machen könnte. Dies ist ein Irrglaube. Studierendenproteste haben dann eine Chance wenn es zu konkreter Solidarisierung, dem aktiven Zusammenschluss ihres sozialen Kampfes mit den sozialen Kämpfen der ArbeiterInnenbewegung gelingt.
Die Ansatzpunkte wiederholen wir hier nicht zum ersten Mal: Die Auseinandersetzung um den Kollektivvertrag der Drucker und Metalle, sowie der Protestbewegung des Kindergartenpersonals sind hier der konkrete Ansatz. In diesem Sinne begrüßen wir die gemeinsame Kundgebung der Metaller und Studierender am kommenden Donnerstag in Wien als wichtigen Schritt und werden diese aktiv bewerben und zahlreich daran teilnehmen. .
Das wichtige zuerst!
Michael Fleischhacker, der Herausgeber der Presse, und seines Zeichen intelligentester Kopf der schreibenden politischen Reaktion bringts in der heutigen Presse auf den Punkt woran die Unibewegung krankt: „Beide Bewegungen (die Regierung und die Unibewegung, Anm.) zeichnen sich durch einen Vorrang der revolutionären Logistik vor der vor der inhaltlichen Substanz aus. Im Audimax floss deutlich mehr Energie in den Aufbau einer wohlsortierten Volksküche als in das Verstehen der universitären Grosswetterlage.“ Abseits des beißenden Spottes (den man vom Klassengegner erwarten und aushalten muss), beleibt doch ein Denkauftrag für alle UniaktivistInnen. In der Zeitung des besetzten Audimax „Morgen“ war der Hinweis auf die Demonstration auf Seite Vier versteckt, hinter dem Bericht über die Putztrupps im Audimax. Eine kleine Meldung gleichberechtigt mit den Berichten über Volxküche etc.. Den RedakteurInnen des „Morgen“ ist kein Vorwurf zu machen, sie sind die getreuen Berichterstatter einer Bewegung die sich über Perspektiven und Methoden des Widerstandes völlig im Unklaren ist.
Diskussion ist notwendig, Entscheidungsfindung auch
Wir sind der Überzeugung, dass dies in erster Linie daher kommt, dass keine verallgemeinerte Diskussion auf den Unis stattfindet. Die AktivistInnen ziehen sich in Arbeitsgruppen zurück, an den Instituten ist die Reaktion auf ein Vakuum an Perspektiven sich auf „realistische institutsbezogene“ Forderungen zurückzuziehen. Es finden wenig Mobilisierungen in den übervollen Hörsäälen statt, die HörerInnenversammlungen in den besetzen Säälen bestehen hauptsächlich aus Berichten aus Kleingruppen. Die nur scheinbar progressive, offensichtlich vom post-modernen Ideologiediskurs inspirierte Fragmentarisierung des Widerstands wird so zur zentralen Schwäche der Protestbewegung. Das Fehlen von kollektiver Diskussion, Entscheidungsfindung und daraus abgeleiteter kollektiver Aktion und Initiative wird die Bewegung brechen, sofern sie nicht überwunden werden kann.
Dafür kämpfen wir weiter!
Die MarxistInnen des Funke sind aktiver Teil der Protestbewegung in Innsbruck, Salzburg, Linz, Wien, Graz und Vorarlberg. Wir begrüßen die heutige Vernetzungs-Pleanrdiskussion in der TU Wien. Marxistische AktivistInnen der Besetzungen aus Wien und Linz werden daran teilnehmen und folgende Vorschläge zur Diskussion stellen:
– die Bildung von Delegationen Studierender die mit den Gewerkschaften GPA-djp, der GMT, der Koordination des Kindergartenpersonals (Kindergartenaufstand), des Betriebsrates des Quelleversandes und der GÖD (LehrerInnen) in Diskussionen über einen nationalen Streiktag am 21. November tritt.
– das gemeinsame Motto dieser Mobilisierung soll „Eure Krise zahlen wir nicht“ lauten.
– Die Wahl einer (vorläufigen) bundesweiten Widerstandsleitung des Bildungswiderstands der eine Koordination der Unistandorte, der Studierenden, des wissenschaftlichen und administrativen Personals, sowie SchülervertreterInnen umfassen soll. Die Delegierten dieses Widerstandsrates sind von den entsendenden Bildungseinrichtungen jederzeit abwählbar und ersetzbar.
Wenn du dieses Aktionsprogramm stark machen willst unterstütze uns in den nächsten Wochen um eine breite soziale Bewegung gegen die Politik der Unternehmer und ihrer Regierung zu ermöglichen.
6.11.2009
Emanuel Toamselli