Alleine in der Stadt Derna an der nordafrikanischen Mittelmeerküste mit ca. 100.000 Einwohnern werden über 20.000 Tote vermutet, nachdem der Sturm Daniel über Libyen hereinbrach. Von Tobias Reinhard.
Seuchen werden folgen, da die toten Körper nicht geborgen oder begraben werden können – und Massengräber, die durch die Fluten freigelegt sind, zeichnen ein Bild absoluter Dystopie. Keineswegs ist es nur der Klimawandel, der die Ursache einer solchen Katastrophe ist. Extreme Naturereignisse bringen aber zum Ausdruck, welch barbarische Verhältnisse der Kapitalismus geschaffen hat.
2011, inmitten des arabischen Frühlings, sah der westliche Imperialismus die Zeit gekommen, den bereits schwankenden Diktator Gaddafi zu stürzen und sich die Rohstoffe des Landes militärisch zu sichern. Dabei stützen sich die imperialistischen Mächte auf lokale Warlords, die weite Teile des Landes unter Kontrolle brachtenn und statteten sie mit modernen Waffen und Militärtechnologie aus, um die Kontrolle über das ein oder andere Ölfeld zu behalten. Darin liegt letztlich der Grund für den bis heute anhaltenden Bürgerkrieg und die Spaltung des Landes. Heute züchten Italien, Frankreich, die Türkei, Katar und selbst lokale Mächte wie Ägypten bewaffnete Banden hoch, um ihre nationalen Kapitalinteressen in Libyen zu verteidigen. Am Wiederaufbau des so durch Bürgerkrieg geschändeten Landes sind diese Herren nicht interessiert.
Zurück nach Derna: Der Fluss Derna hat durch den Starkregen zwei Staudämme mitgerissen und die Küstenstadt, die von Felsen eingekesselt ist, komplett überflutet. Die Wartung und notwendige Vergrößerung der Staumauern wurden seit einem Jahrzehnt nicht mehr durchgeführt. Die regionale Regierung hatte nicht einen Cent dafür ausgegeben, die kaputte Anlagen zu sanieren – stattdessen sind Metallteile entfernt, geplündert und als Altschrott verkauft worden. Dasselbe gilt für die Infrastruktur in der Stadt. Die Straßen waren marode, die Häuser halb kaputt, ein Krankenhaus gab es nicht. Die Überschwemmung hätte nicht verhindert, aber die Auswirkungen und die Todesopfer hätten drastisch verringert werden können. Die Toten von Derna sind Opfer eines imperialistischen Krieges und der kapitalistischen Barbarei.
Ist der Blick auf Derna ein Blick in die Zukunft?
Heute behaupten sowohl Russland als auch der Westen, in der Ukraine um die „Freiheit“ zu kämpfen. Doch so wie in Libyen heute, wird auch dort am Ende nur Barbarei bestehen bleiben. Nicht nur die Löhne werden am Tiefstand bleiben, jede soziale Errungenschaft wird kaputtgespart werden und schließlich eine zerstörte Infrastruktur zurückbleiben. Aus immer häufiger werdende Naturkatastrophen aufgrund des Klimawandels werden so enorme menschliche Katastrophen wie in Derna. Das wird die Perspektive für viele weitere Länder dieser Erde sein, wenn die imperialistischen Mächte nicht aufhören um Absatzmärkte und Rohstoffe zu kämpfen. Stürzen wir dieses System der Barbarei! Organisieren wir zusammen den Kampf gegen die Profiteure der Monopole im eigenen Land!
(Funke Nr. 217/26.9.2023)