Im Bereich der privaten Erwachsenenbildung überschlagen sich derzeit die Ereignisse. DiE-Aktivist und Funke-Unterstützer Markus Haunschmid berichtet.
Die BasisaktivistInnen „Deutschlehrenden in der Erwachsenenbildung“ hatten 500 Euro Lohnerhöhung brutto pro Monat vorgeschlagen und dafür mit einer Petition erfolgreich unter KollegInnen mobilisiert. Das Verhandlungsteam aus gewählten BetriebsrätInnen (BR) und die Gewerkschaft GPA reduzierten diese auf 15%. Bei der öffentlichen Betriebsversammlung am 18.4. war die Stimmung kämpferisch, 1.000 Menschen fanden sich in Wien ein, viele selbstgebastelte Schilder wurden geschwenkt, es gab Sprechchöre. Die Arbeitgeber boten daraufhin dreiste 9,4% Lohnerhöhung. Richtigerweise stimmte das Verhandlungsteam mit überwiegender Mehrheit für einen mindestens 3 Stunden dauernden Streik am 3. und 4.Mai, so streiken die Volkshochschulen von 8 bis 11 Uhr. Die Forderung „Streikbereitschaft herstellen“ der Basisinitiative hat erstmals auf bescheidenem Niveau gefruchtet, GPA und Betriebsräte (BR) mobilisieren.
Berichte machten die Runde, dass manche nicht zur öffentlichen Betriebsversammlung kommen konnten, weil der Druck der Vorgesetzten zu hoch war. Hier gilt es Aufklärung zu leisten: Es muss für alle klar sein, dass wir das Recht haben, für gewerkschaftliche Forderungen einzutreten. Der BR muss uns die Teilnahme an Arbeitsniederlegungen ermöglichen, in Betrieben ohne BR ist es möglich, am besten zusammen mit KollegInnen an Informationsveranstaltungen und Arbeitsniederlegungen teilzunehmen, ohne Wenn und Aber. Wir sind nicht zuständig dafür, uns Lehrvertretungen zu organisieren. Es kommt jetzt darauf an, einen Prozess zum Erreichen unseres Ziels gemeinsam mit allen Kräften zu organisieren.
- Werde Gewerkschaftsmitglied
- Aktivistenkomitees: stimmen wir uns mit KollegInnen im Betrieb ab, was wir wollen und wie wir es durchsetzen können. Vernetzen wir uns in- und außerhalb der Branche, klären wir unser Umfeld über unsere Arbeitsbedingungen auf!
- Treten wir an unsere Betriebsräte heran: kein Tiefstapeln: 9,4% sind dreist, 15% Lohnerhöhung bleibt das Ziel
- Urabstimmung: wir wollen gefragt werden, ob uns die ausverhandelten Abschlüsse passen und was wir bereit sind zu tun, um unsere Ziele zu erreichen, bis zu ausgedehnten Streiks. An internationalen Vorbildern mangelt es nicht
- Unsere Petition ist ein geeignetes Mittel, um mit KollegInnen zu sprechen, dass es nötig ist zu streiken und uns zu organisieren, um einen angemessenen Abschluss zu erreichen.
(Funke Nr. 213, 24.4.2023)
Anbei veröffentlichen wir hier einen offenen Brief der DiE-Aktivistinnen und Aktivisten zum Streik:
Liebe Genoss*innen von der GPA,
liebe Betriebsrät*innen,die Deutschlehrenden in der Erwachsenenbildung (DIE), ein selbstorganisierter Zusammenschluss von Unterrichtenden, begrüßt ausdrücklich die Entscheidung, hinsichtlich der BABE-KV-Verhandlungen 2023 für 3. und 4. Mai zum Warnstreik aufzurufen. Auch wenn wir die von uns geforderte Lohnerhöhung von 500,- Euro Lohnerhöhung auf alle BaBe-Gehälter nach wie vor richtig finden: Die von Gewerkschaften und Betriebsrät*innen aufgestellte Forderung nach 15% Lohnerhöhung ist ein qualitativer Schritt in die richtige Richtung, hinter den wir nicht zurückfallen sollten, und wir werden uns an einem Streik für diese Forderung nach Kräften beteiligen.
Nun geht es darum wie wir tatsächlich so viele Kolleg*innen aus den Bildungseinrichtungen wie möglich zur aktiven Beteiligung am Warnstreik mobilisieren. Die in unseren Augen beste Option dafür ist eine gemeinsame Streikkundgebung mit den Belegschaften aller streikenden Betriebe im öffentlichen Raum. Für die VHS Wien wurde bereits eine gemeinsame Streikversammlung der VHS-Beschäftigten am 04. Mai von 8 bis 11 Uhr angekündigt. Wir freuen uns, dass mit konkreten Vorschlägen vorangegangen wird, möchten aber vorschlagen, die Versammlung aus den Räumlichkeiten der VHS hinaus auf die Straße zu verlagern und gemeinsam mit allen anderen Belegschaften durchzuführen und damit gemeinsam unsere Kraft sichtbar zu machen.
Das verstehen wir nicht als Gegevorschlag zu dezentralen Streikaktionen vor Ort in den Betrieben, die wir auf jeden Fall auch begrüßen. Was wir dagegen vermeiden wollen ist ein Szenario, wo am Ende nur in wenigen Einrichtungen tatsächlich gestreikt wird und woanders nichts wirklich passiert. Eine öffentliche Streikkundgebung wäre eine unkomplizierte Möglichkeit, woran sich alle beteiligen könnten.
Ebenso wichtig finden wir die aktive Mobilisierung. Dazu gehört zum einen, dass wir alle an unseren Standorten Streikaufrufe verbreiten, mit Kolleg*innen reden usw. Als weiteren Schritt schlagen wir vor, im Vorfeld des Streiks Mobilisierungsbesuche an den Standorten zu unternehmen und am Streiktag selbst in der Früh eine kleine Mobilisierungstour zu den verschiedenen Betrieben zu unternehmen, wo ansonsten weniger Beteiligung zu erwarten ist, und die Beschäftigten zur öffentlichen Streikversammlung einzuladen.
Wichtig für einen gelingenden Streik finden wir außerdem:
– Wahlen von Streikkomitees in allen bestreikten Betrieben.
-Verbreitung von Informationen zu Streikrecht und Streikgeld an alle Beschäftigten. Denn viele von uns haben bislang wenig oder keine Streikerfahrung und wissen nicht genau, welche Handlungen rechtlich gedeckt sind und wie sie mit möglichen Drohungen und Druck von Arbeitgeberseite umgehen sollen. Auch zu wissen, wo und wie man Streikgeld ausbezahlt bekommt, ist sicher hilfreich, damit möglichst viele Kolleg*innen tatsächlich bereit sind, mitzuziehen.
-Nicht zuletzt wollen wir die GPA ausdrücklich dazu ermutigen, die Mobilisierung zum Streik gleichzeitig dafür zu nutzen, für Gewerkschaftseintritt zu werben und Neumitglieder zu gewinnen und damit unseren Organisierungsgrad und unsere gemeinsame Kampfkraft zu stärken.Wir würden uns freuen, wenn unsere Vorschläge aufgegriffen werden.
Solidarische Grüße,
Deutschlehrende in der Erwachsenenbildung
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