Organizing & Klassenkampf

Nach dem schlechten Kollektivvertragsabschluss im privaten Busbereich steht das Bündnis „Wir fahren gemeinsam“ (WFG) der Gewerkschaft Vida mit Teilen der Klimabewegung vor der Frage, wie es weitergehen soll. Dafür braucht es ein klares Verständnis des Organizing-Konzepts. Von Oscar Jenner.
Die Teile der Klimabewegung, die mit dem Organizing-Konzept auf die Vida zugingen, um WFG zu gründen, wollten den Arbeitskampf voranbringen, um in erster Linie die schlechten Arbeitsbedingungen im Busbereich zu verbessern und allgemein einen Schritt Richtung Mobilitätswende zu unterstützen. Die Führung der Vida, die verstanden hat, dass Gewerkschaften mit den alten Methoden der Stellvertreterpolitik nicht mehr erfolgreich sein können, war offen für die Idee einer Organizing-Kampagne und stellte finanzielle Mittel für eine Kampagne in der Busbranche zur Verfügung. Der Gewerkschaftsapparat sieht darin in erster Linie ein Mittel, mehr Druck an den Verhandlungstisch zu bringen.
Das „Organizing-Modell“ in Kombination mit Formen der Demokratisierung der Gewerkschaft (Einbindung von Garagenverantwortlichen, Urabstimmungen) ist ein Schritt in die richtige Richtung. Im Organizing bekommen die Beschäftigten eine zentrale Rolle, es werden „organische Führungspersönlichkeiten“ in der Belegschaft gesucht und an den Streiks soll sich die ganze Belegschaft beteiligen. Besonders in den USA hat diese Strategie vielversprechende Erfolge gebracht (Amazon, Starbucks usw.).
Wie wir in der entscheidenden Phase des Kampfes der privaten Buslenker gesehen haben, zieht der Vida-Apparat dem Organizing enge Grenzen. Es geht der Vida nicht um eine Überwindung der schädlichen Sozialpartnerschaftslogik, sondern nur um eine bessere Verhandlungsposition im Rahmen der Sozialpartnerschaft.
Um wirkliche Kampfinstrumente gegen den steigenden Druck der Bosse und der Sparregierung zu sein, müssen die Gewerkschaften allerdings von den Arbeiterinnen und Arbeitern selbst kontrolliert werden. Dem steht die Gewerkschaftsführung im Weg, und zwar auch jene Teile, die dem Organizing gegenüber positiv eingestellt sind.
Solange die Organizer, egal ob bezahlt oder ehrenamtlich, von diesem Apparat abhängig sind, sind ihnen die Hände letztlich gebunden. Konstrukte wie die von Linken gegründete Firma Organizi.ng, die von der Gewerkschaft Aufträge erhalten, oder eben Kampagnen wie WFG bedeuten Abhängigkeit vom Gewerkschaftsapparat.
Als Kommunistinnen und Kommunisten sehen wir es als unsere Aufgabe, gerade in schlecht bezahlten, prekären, meist unorganisierten Sektoren die Arbeiterklasse zu organisieren. Die Methoden des Organizing können dabei eine wichtige Rolle spielen. Sie ersetzen aber keineswegs den Kampf für eine Revolutionierung der Gewerkschaften, und dafür braucht es eine klassenkämpferische Opposition in der Gewerkschaft, die sich für demokratische Methoden einsetzt.
Das schwache Ergebnis beim KV für den privaten Busbereich, vor allem der Zweijahresabschluss, stellt ein ernsthaftes Problem für WFG dar. Ein Arbeitskampf wird wahrscheinlich erst wieder im Herbst 2026 bei der nächsten KV-Verhandlungsrunde möglich sein. Bis dahin wird es keine Betriebsversammlungen und Streiks geben. Ohne ein Ziel, um das es zu kämpfen gilt, kann sich der Kampf nicht weiterentwickeln.
Es liegt der Vorschlag auf dem Tisch, in der Zwischenzeit auf eine andere Branche umzusteigen und dasselbe nochmal zu probieren. In finanzieller Abhängigkeit von der Vida zu bleiben, ist in jedem Fall nicht der richtige Weg. Es würde nur aus Aktivistinnen und Aktivisten, die die Organizing-Kampagne umsetzen, einen Teil des Gewerkschaftsapparats machen.
Als RKP halten wir es für einen positiven Schritt, dass Teile der Klimabewegung die zentrale Rolle der Arbeiterklasse in den künftigen gesellschaftlichen Kämpfen sehen, den Kapitalismus beseitigen und für Kommunismus kämpfen wollen. Als Kommunistinnen und Kommunisten kämpfen wir an vorderster Front gegen die Bosse. Um diesen Kampf erfolgreich führen zu können, müssen wir eine revolutionäre Partei der Arbeiterklasse aufbauen, die in der Lage ist, die kommenden Klassenkämpfe zum Sieg zu führen. Das erfordert völlige politische, organisatorische und finanzielle Unabhängigkeit vom Gewerkschaftsapparat und anderen reformistischen Organisationen und die Freiheit, das Programm der Arbeiterklasse uneingeschränkt formulieren und dafür kämpfen zu können. Wir laden alle in WFG ein, mit uns diese Partei aufzubauen. Wir laden gleichzeitig alle Klassenkämpfer ein, sich unseren Reihen anzuschließen und für den Sturz des Kapitalismus zu kämpfen!
(Funke Nr. 233/24.04.2025)