Der Industrielle Johannes Collini behauptete in der ersten KV-Verhandlungsrunde, seine Arbeiter würden so gut bezahlt, dass sie sich „Sportwagen“ von Marken wie „Maserati, Bugatti oder Audi, BMW“ leisten könnten. Wir sind der Behauptung nachgegangen und haben uns vor Ort umgehört. Sandro Tsipouras berichtet.
Am Montag, den 8. Oktober, besuchten einige AktivistInnen von Funke, Sozialistischer Jugend und Gewerkschaft das Collini-Werk in Hohenems bei Dornbirn. Dort verteilten wir einen Flyer mit dem Funke-Artikel „Fahren Metaller Maseratis?“, in dem der Sachverhalt prägnant dargestellt wird, und suchten das Gespräch mit den Beschäftigten.
Die Firma Collini beschichtet Oberflächen. Ihre Fabriken bezeichnet sie als „Kompetenzzentren“, zu deren Erfolg „Mitarbeiter aus 37 Nationen“ beitragen. Den Zynismus hinter dieser Behauptung erkennt sofort, wer am Ende der Spätschicht vor dem „Kompetenzzentrum“ versucht, ein Gespräch mit den übermüdeten, überarbeiteten, fluchtartig das Gebäude verlassenden Arbeiterinnen und Arbeitern zu führen. Der Großteil spricht kaum deutsch, versteht nicht, wovon die Rede ist, wenn wir um ein Gespräch über die Aussage ihres Firmeninhabers bitten, weiß mit dem Begriff „KV“ nichts anzufangen. Ein Schelm, wer Collini unterstellt, bei seiner Personalpolitik nicht an „ethnischer Vielfalt“, sondern vielmehr am Ausnutzen der schwierigen Situation migrantischer ArbeiterInnen interessiert zu sein! Aber auch diejenigen, mit denen ein Gespräch möglich wäre, wollen am Ende der Schicht nur noch nach Hause. Über die Behauptung des Firmeninhabers wird zwar gelacht, doch viele haben zu viele Hemmungen, sich auf ein Gespräch einzulassen. Es steht zu viel auf dem Spiel: Ein Arbeiter erklärt uns, dass es, wie in so vielen Metallbetrieben, auch hier normal ist, aus dem geringsten Grund entlassen zu werden. „Es geht zu wie am Bahnhof – alle 3 Tage kommt ein Neuer und ist gleich wieder weg. Man kann nicht mehr einlernen.“ In einem solchen Klima ist jedem klar, was mutigen Arbeitern droht, die es wagen, über die Zustände im Betrieb auszupacken.
Wie sieht es nun mit dem von Collini dahergeredete „Luxusfuhrpark“ seiner Arbeiter aus? Auf dem vorderen Parkplatz steht nicht ein „Sportwagen“. Auf dem hinteren Parkplatz stehen 54 Autos, davon 17, die gemeinhin als „bessere Marken“ gelten (BMW, Mercedes, Audi) – allerdings der Großteil davon sichtlich alt, gebraucht, geflickt. Ein Arbeiter erklärt, „Einzelne“ könnten sich zwar ein teures Auto leisten, aber nur auf Kredit, und nur, wenn sie noch bei ihren Eltern leben und keine Familie haben. Ein anderer zeigt uns seine über zehnjährige, geflickte Karosse: „Ja, hier haben wir einen dieser „Sportwägen“… ein ganz normales Auto.“ Er bestätigt nahezu wortgleich die Aussage seines Kollegen: Wer tatsächlich einen PS-stärkeren Neuwagen fährt, hat einen Kredit aufgenommen, lebt und hackelt nur fürs Auto, lebt noch bei den Eltern, hat keine Familie… und befindet sich offenbar in einer beklagenswerten Situation, die die Aussage seines Kapitalisten umso zynischer erscheinen lässt.
Mangelnder Zugang zu Sportwägen ist allerdings bei weitem nicht das einzige Problem der Arbeiter bei Collini. Wir erfahren einiges über die Zustände im Betrieb: ein Arbeiter gibt an, dass mehrere Tonnen täglich gehoben werden müssen, wobei Einzellasten von weit über 30kg keine Seltenheit sind. Während die Betriebsführung ihre Maserati-Sprüche aus klimatisierten Büros heraus klopft, sind die Arbeiter einer starken Luftbelastung mit Schwefelsäure und verschiedenen Dämpfen ausgesetzt. „Wenn ich morgen zum Arzt gehe, und der sagt mir, ich habe Krebs, wundert mich das gar nicht“, lautet ein Kommentar. Diese Packerei läuft in Vierschicht – auf sieben aufeinanderfolgende Arbeitstage folgen erst zwei freie Tage. Auf dem Lohnzettel stehen am Ende des Monats (für dienstältere Arbeiter!) 2000 Euro – „dafür, dass man sich körperlich und psychisch komplett aufreibt“, wie ein Kollege zusammenfasst. Wer das nicht durchhält, darf gehen: wir hören von 50 jährigen Kollegen, die bei gesundheitlichen Problemen sofort auf der Kündigungsliste standen.
Es ist also absolut folgerichtig und begrüßenswert, dass wir Äußerungen hören wie: „Merkel und Kurz und dem ganzen Haufen sollte man eine Spitzhacke in die Hand drücken und arbeiten lassen, und zwar 12 Stunden, damit sie sehen was sie anrichten.“
Wir bedanken uns für diese solidarischen und mutigen Berichte der Collini-Arbeiter und entgegnen Chefverhandler Johannes Collini: Die Firma Collini ist ein Ausbeuterbetrieb, wie er im Buche steht, auf einer Ebene mit Technosert und Lauda-Motion (wir berichteten).
Der „Witz“ des Geschäftsinhabers hat Tradition: 2017 argumentierte er die Forderung der Unternehmerseite nach Halbierung der Diäten damit, dass er sich von Müsli und Mineralwasser ernährt und deshalb ein gesunder Lebensstil nicht mehr als 13 € pro Tag kosten würde, 2012 erklärte er unserem Verhandlungsteam, dass es im Leben ums Glück gehen würde, aber nicht um Zulagen. Glück sei, Gesundheit, Freunde und einen Job zu haben. Niemand dürfe die „Harmonie“ der Beziehung zwischen Unternehmer und Arbeiter im Betrieb stören, usw. Die Vermutung liegt nahe, dass hier kein Irrtum vorliegt und dass die Verhandler der FMTI genau wissen, dass ihre Arbeitskräfte kaum etwas zu lachen haben, denn daher kommt schließlich ihr Reichtum.
Wer allerdings zuletzt lacht, der lacht am besten. Dieser Mensch und seine Freunde bei der FMTI haben nichts mehr verdient, als dass die Arbeiterklasse sie von ihrem hohen Ross stößt und ihnen zeigt, wo der Hammer hängt und wer wirklich die Macht in dieser Gesellschaft hat.
Kämpfen wir für den Aufbau einer umfassenden Streikbewegung! Holen wir uns die 5% und die Vier-Tage-Woche mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln!