Jedes Jahr wird an einem Samstag im Juni oder Juli, weltweit (an unterschiedlichen Tagen) der Christopher-Street-Day begangen, welcher sowohl einen Gedenktag, eine Feier, als auch eine Demonstration für die Rechte aller, die sich abseits der heterosexuellen „Norm“ definieren, darstellt.
Dieser Artikel wurde in der Juni-Ausgabe unseres Schulflugblatts „Fightback“ veröffentlicht.
Auch in Österreich werden in den meisten größeren Städten Demonstrationen abgehalten, die größte mit der Regenbogenparade am 16. Juni in Wien. In Wien ist diese aber nur der bunte und laute Höhepunkt (neben dem Life Ball) der sich über den gesamten Juni erstreckenden Vienna Pride. Obwohl er jetzt mehr oder minder nur noch eine gigantische Party ist, hat der Christoper-Street-Day eine sehr ernste Bedeutung.
Noch bis Ende der 1960er Jahre ging die Polizei von New York mit unfassbarer Willkür und Repression gegen Homosexuelle und Transgender-Menschen vor. Szenelokale wurden regelmäßig gestürmt, wo viele Verhaftet wurden, einfach nur weil sie in diesen Lokalen waren. Ebenfalls stellte die Polizei oft Identitäten fest und veröffentlichte die Namen in Zeitungen. Am 28 Juni 1969 wollte die Polizei wieder einmal eine solche Razzia im „Stonewall Inn“ in der Christopher Street durchführen. Doch diesmal begannen die Besucher und Angestellten der Bar, sich der Verhaftung durch die Polizei zu widersetzen, und vertrieben die Polizisten. Schnell schlossen sich Menschen aus umliegenden Bars und AnwohnerInnen an und lieferten sich über 5 Tage verteilt Straßenschlachten mit der Polizei. Dieser „Stonewall-Aufstand“ war ein Wendepunkt, da sich das erste Mal eine größere Gruppe der Polizeirepression gegen homosexuelle Menschen wehrte. Im Jahr darauf wurde das erste Mal eine Demonstration anlässlich der Jährung dieses Ereignisses in New York abgehalten. Dies hat sich zu einer jährlichen und, weltweit vollzogenen, Tradition entwickelt.
Mittlerweile sind viele Paraden anlässlich des Christopher-Street-Days mehr zu lauten Partys verkommen, oder werden als solche wahrgenommen, wobei die politische Botschaft oft verloren geht. Selbst die „fortschrittlichen“ PolitikerInnen in Österreich heute wollen uns weißmachen, dass die Probleme von Homosexuellen und Transpersonen durch rechtliche Gleichstellung weitgehend gelöst sind. Doch im wirklichen Leben gibt es weiterhin massive Diskriminierung und Anfeindungen, sei es in der Schule, am Arbeitsplatz, bei der Wohnungssuche oder beim Ausgehen. Der Grund dafür liegt tief im kapitalistischen System begraben. Denn solange wir uns die Köpfe gegenseitig einschlagen, werden wir nicht gegen die rückschrittliche Politik der Regierung und die Ausbeutung von großen Banken und Konzernen aufstehen. Deswegen haben die Herrschenden trotz aller Lippenbekenntnisse zur Gleichberechtigung keinerlei Interesse daran, die tiefsitzenden Vorurteile tatsächlich zu bekämpfen.
Deshalb muss der Christopher-Street-Day wieder politisch werden! Wir müssen alle gemeinsam gegen die Diskriminierung anhand der sexuellen Orientierung kämpfen, egal ob wir davon direkt betroffen sind oder nicht! Denn nur so werden wir die Möglichkeit schaffen, gemeinsam aufzustehen gegen das gesamte kapitalistische System und alle seine grausamen Auswirkungen. Dann haben wir tatsächlich etwas zu feiern!