Krieg im Iran: „Wen die Götter vernichten wollen, den machen sie erst verrückt“

Während ich diese Zeilen schreibe, richtet sich die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf einen Menschen. Jedes seiner Worte wird studiert, zerlegt und in allen wundersamen Details analysiert, in der Hoffnung, irgendeinen Hinweis darauf zu finden, was es heißen oder auch nicht heißen könnte. Von Alan Woods.
Zuerst veröffentlicht am 18.06.2025 auf marxist.com
Die Anstrengungen der selbsternannten Experten erinnern an die Astrologen der antiken Welt, die mit gleicher Sorgfalt die Eingeweide toter Tiere studierten, um die Zukunft vorherzusagen.
Allein, seitdem scheint die Kunst der Wahrsagerei nicht einen einzigen Schritt vorangekommen zu sein.
Seitdem Donald J. Trump gestern vom Gipfel der G7 hinweggerauscht ist und die dort versammelten Würdenträger, die angeblich die ganze uns bekannte Welt beherrschen, verdattert und ungläubig zurückgelassen hat, haben wir noch keinen Anhaltspunkt darüber, was der Präsident der Vereinigten Staaten wohl denken oder tun mag.
Nun bleibt uns nur noch die wissenschaftliche Methode des Marxismus, wenn wir zumindest den Hauch einer Ahnung darüber erhalten wollen, was auf der Welt passiert. Denn so wichtig und bedeutsam die Gedanken und Handlungen Einzelner bei der Gestaltung großer historischer Ereignisse (und sie können an gewissen Punkten von entscheidender Bedeutung sein) sein mögen, reichen sie für sich gesehen doch niemals aus, um etwas zu erklären.
Man muss die Handlungen der Einzelnen schon in ihrem allgemeinen Zusammenhang verorten. Ich erlaube mir daher, das Publikum darauf aufmerksam zu machen, was ich vor einem Jahr über die die Situation im Mittleren Osten geschrieben habe:
„Die Situation im Mittleren Osten ist ein wahres Minenfeld, das nur darauf wartet, in einer gewaltigen und furchtbaren Explosion aufzugehen. Die Handelnden in diesem Drama scheinen ihre Rollen mit einem gewissen blinden Fatalismus zu spielen und selbst nicht zu wissen, was sie als nächstes tun werden. Mit der tödlichen Zwangsläufigkeit von Robotern, denen ein Verhalten einprogrammiert wurde, das sie nicht verstehen und erst recht nicht beherrschen können, machen sie immer weiter.“
Man kann keinen Krieg analysieren, ohne sich zunächst über die Ziele der kämpfenden Mächte klarzuwerden. Die Kriegsziele der Israelis sind nicht schwer zu verstehen. Wie ich in früheren Artikeln schon erklärt habe, ist Netanjahu entschlossen, Amerika in seinen Krieg mit dem Iran hineinzuziehen. Seine gegenwärtigen Handlungen ergeben sich ganz logisch daraus.
Linke Kritiker des israelischen Regierungschefs beschreiben ihn mal als Kriegsverbrecher, an dessen Händen das Blut unzähliger unschuldiger Opfer klebt – das stimmt auch zweifellos –, und mal als wahnsinnigen Mörder, der nur von reinem Hass und Blutdurst getrieben ist – das stimmt allerdings nicht.
Netanjahu verhält sich überhaupt nicht irrational. Er ist weder von blindem Hass noch von sonst irgendeiner kopflosen Emotion getrieben. Im Gegenteil: Tatsächlich sind seine Berechnungen völlig vernünftig.
Wie ich im erwähnten Artikel schrieb:
„Netanjahu ist ein zynischer und abgebrühter Politiker, der so einiges an prinzipienlosen Manövern und Korruption auf dem Kerbholz hat. Ihm ist völlig klar, dass es um seine Macht geschehen ist, wenn der Krieg in Gaza endet. Er wird dann im Gefängnis landen. Wenn ihn schon die Aussicht auf das Ende seiner politischen Karriere nicht sonderlich begeistert, dann umso weniger die Wahrscheinlichkeit eines längeren Aufenthalts in einer israelischen Gefängniszelle.
Die einzige Möglichkeit für ihn, etwas von seinem Ruf zu retten, ist, sich als starker Führer zu profilieren: Als Feldherr. Aber ein Feldherr muss ins Felde ziehen – so will es die Definition, die also nur einen einzigen Schluss zulässt.
Er muss das israelische Volk überzeugen, dass es mit einer existenziellen Bedrohung konfrontiert ist; dass es mächtige Feinde hat, denen es mit Gewalt entgegentreten muss, weil das die einzige Sprache ist, die sie verstehen.“
Diese persönlichen Erwägungen bestimmen mit Sicherheit das Denken Netanjahus. Er hat in der Tat große Schwierigkeiten an der Heimatfront. Dieser Schwierigkeiten Herr zu werden, war eben am besten möglich, indem er sich in ein militärisches Abenteuer stürzte, das ihn vor der Öffentlichkeit als „großen Feldherrn“ dastehen lassen würde.
Und so schloss ich: „Netanjahu ist auf einen Krieg mit dem Iran versessen, der sich zu einem größeren Krieg in der Region ausweiten wird, in den noch weitere Mächte verwickelt werden – auch die Vereinigten Staaten von Amerika. Das ist sein Ziel, und er wird sich von nichts und niemandem davon abbringen lassen.“
Das schrieb ich am 2. August 2024 in einem Artikel mit dem Titel: „Krise im Mittleren Osten: Schlafwandelnd in den Abgrund“. Beinah 12 Monate später finde ich nicht, dass ich eine einzige Zeile davon ändern muss.
Die Ereignisse haben diese Einschätzung zu hundert Prozent bestätigt. Wenn wir von ihr ausgehen, verstehen wir das Wesen und den Ursprung der gegenwärtigen Lage.
In jedem Drama gibt es Helden und Bösewichte. In jedem Krieg sagt man, es kämpft Gut gegen Böse. Unsere wunderbare freie Presse hat keine Sekunde gezögert, ehe sie uns die Israelis als heldenhafte Verteidiger des Friedens, der Gerechtigkeit und der Demokratie präsentierte. Der Iran hingegen ist selbstverständlich der Ursprung allen Übels im Mittleren Osten, wenn nicht der ganzen Welt.
Doch am Ende zeigt sich, dass diese beiden scheinbar völlig gegensätzlichen und verfeindeten Kräfte gemeinsam eine Katastrophe von weltweitem Ausmaß heraufbeschwören.
Wir haben freilich nicht die geringsten Illusionen, was den reaktionären Charakter des iranischen Regimes betrifft. Aber zu versuchen, den weltberühmten Kriegsverbrecher, den Schlächter von Gaza, Benjamin Netanjahu als Verteidiger des Friedens in der Welt hinzustellen, überschreitet wirklich alle Grenzen der Glaubwürdigkeit.
Offensichtlich ist das Ganze eng verknüpft mit der Situation in Gaza – im armen, blutenden, zerschmetterten Gaza, von dem die israelische Armee nichts als einen rauchenden Trümmerhaufen übriggelassen hat. Doch bis heute haben die Israelis ihre erklärten Kriegsziele nicht erreicht. Die Geiseln sind nicht freigelassen worden und die Hamas ist nicht vernichtet. Wie ich vor einem Jahr, im August 2024, erklärte:
„Der Krieg in Gaza ist, wie wir gesehen haben, inzwischen hoffnungslos festgefahren. Nachdem das gesamte Gebiet dem Erdboden gleichgemacht wurde, steht die israelische Armee ohne wirkliche Ziele da. Sogar einige Generäle haben mittlerweile ihren Unmut über diese Lage geäußert.
Also muss sich Bibi etwas Neues überlegen. …
Eigentlich braucht er eben die direkte Teilnahme des US-Militärs an einer breiteren Auseinandersetzung in der Region. Eine Auseinandersetzung, die die USA und alle ihre Verbündeten zwingt, sich offen an die Seite Israels zu stellen. Also ist Netanjahu fest entschlossen, einen regionalen Konflikt herbeizuführen, der die USA zwingt, direkt an der Seite Israels einzugreifen.
Dafür hat er sich keinen geringeren Feind ausgesucht als den Iran.“
Also hat Israel hat mit allen nur zur Verfügung stehenden Mitteln versucht, einen Konflikt mit dem Iran zu provozieren. Ich schrieb:
„Israel machte sich an die Umsetzung eines Programms der systematischen Provokation, um den Iran in den Krieg zu zwingen. Am 1. April [2024] tötete Israel mit einem Angriff auf die Konsularabteilung der iranischen Botschaft in Damaskus sieben Iraner, darunter zwei ranghohe Generäle.
Wie dressierte Hunde waren Amerikas Verbündete sofort zur Stelle, um Druck auf den Iran auszuüben und ihn zur ‚Zurückhaltung‘ aufzurufen. Warum wird eigentlich immer der Iran ‚zur Zurückhaltung aufgerufen‘ und nie Israel? Ist das nicht komisch? Dabei hätte gerade Israel diesen Ratschlag viel eher verdient.“
Und jetzt wiederholt sich die Geschichte.
Es ist bekannt, dass man sich als Opfer darstellen muss, wenn man eine Aggression vorbereitet. Man muss Schwarz zu Weiß erklären und umgekehrt.
Um von seiner schwindenden Beliebtheit ablenken, musste Netanjahu anklagend auf einen äußeren Feind zeigen, der vielleicht noch unbeliebter war als er selbst. Dazu bespielte er geschickt die Angst vor dem Iran, die die herrschende Clique in Israel seit Jahrzehnten geschürt und bewusst übermäßig aufgebauscht hat. Diese Angst richtete sich jetzt auf die angebliche Bedrohung durch eine iranische Atombombe.
Alle kompetenten Quellen, auch in den USA, sind der Auffassung, dass der Iran wohl nicht imstande ist, kurzfristig eine solche Waffe herzustellen, obwohl er im Prinzip über alles verfügt, was letztendlich dazu notwendig wäre. Aber das ist noch lange keine „echte und gegenwärtige Bedrohung“ für Israel, wie Netanjahu behauptet.
Im Gegenteil. Die US-Geheimdienste haben klargestellt, dass der Iran mindestens noch drei Jahre von einer atomaren Bewaffnung entfernt ist. All das wird jedoch ignoriert, während die Kriegstrommeln immer lauter und beharrlicher geschlagen werden.
Zunächst zum Offensichtlichen: Ein allgemeiner Krieg im Nahen Osten liegt eindeutig nicht im Interesse der USA. Ein solcher Konflikt hätte katastrophale Auswirkungen auf die Weltwirtschaft – und somit auch auf die US-Wirtschaft, die ohnehin bereits von einem Abschwung bedroht ist.
Darüber hinaus verfügen die USA über zahlreiche Militärbasen in der Region, die im Falle eines Krieges angreifbar wären, ebenso wie ihre zahlreichen wirtschaftlichen und kommerziellen Interessen.
Selbst Joe Biden und seine Kriegstreiberbande hatten das begriffen und zögerten deshalb, Netanjahu grünes Licht für einen Angriff auf den Iran zu geben. Ihnen war lieber, diesen vergifteten Kelch der neuen Regierung unter Donald Trump zu hinterlassen.
Auch Trump wollte eindeutig keinen Krieg mit dem Iran. Als Persönlichkeit ist er eindeutig nicht risikofreudig – seine Deals schließt er am liebsten dann ab, wenn vorher schon sicher ist, dass er dabei gewinnt.
Und vor allem war er im Wahlkampf klar dagegen aufgetreten, Amerika in weitere Kriege zu verwickeln.
Vergessen wir nicht, dass er Amerikas Beteiligung am Ukrainekrieg innerhalb von 24 Stunden beenden wollte. Das war ihm dann doch zu schwer, aber den Anspruch, Amerika von dieser Belastung zu befreien, hat er nicht aufgegeben.
Obwohl Netanjahu ihn unablässig mit Forderungen bombardierte, weigerte er sich bis zum Schluss, einen Angriff auf den Iran zu erlauben. Stattdessen setzte er dafür ein, die heikle Frage des iranischen Atomprogramms am Verhandlungstisch zu lösen.
Die Verhandlungen hatten sogar schon begonnen, als Israel zuschlug – nur wenige Tage vor der nächsten Verhandlungsrunde, die am 15. Juni hätte stattfinden sollen. Der Angriff hatte also eindeutig zum Ziel, diese Verhandlungen zu sabotieren.
Die iranische Führung hat die Amerikaner wütend beschuldigt, ein doppeltes Spiel zu treiben: Während sie sich zynisch auf Verhandlungen herausredeten, hätten sie die Israelis insgeheim in ihren aggressiven Plänen bestärkt.
Die Amerikaner entgegneten empört, sie seien mitnichten am Angriff beteiligt gewesen. Alles in Allem kann man nicht davon ausgehen, dass diese Zurückweisung die Ajatollahs oder sonst jemanden im Iran sonderlich beeindrucken wird.
Einerseits war Trump so dumm, nicht einmal den Versuch zu machen, zu leugnen, dass Israel ihn im Voraus über seine Absichten informiert hatte. Das wird weithin als Hinweis darauf interpretiert, dass er Netanjahu grünes Licht gegeben hat, den Iran anzugreifen – nachdem er das bis jetzt konsequent verweigerte.
Wenn die Amerikaner im Voraus über die Pläne Israels informiert waren, dann erscheint kaum glaubhaft, dass sie nicht auch – und sei es noch so indirekt – beim Angriff selbst eine unterstützende Rolle gespielt haben. Schon Satellitendaten und andere Geheimdienstinformationen hätten einen großen Unterschied für das Gelingen der Operation gemacht.
Jeder weiß, dass Israel viele gehorsame Diener an Machtpositionen in den USA hat: Im Außenministerium, im Pentagon, in der ungewählten Beamtenschaft, die aus den immer gleichen Leuten besteht, egal, wer im Weißen Haus sitzt. Aber auch in Schlüsselpositionen des Kabinetts.
All diese mächtigen Akteure setzten sich im Vorfeld des Angriffs in Bewegung und übten wohl enormen Druck auf den Präsidenten aus, der seine Unterstützung für Israel ohnehin nicht verbirgt. Dabei ist bekannt, dass Trump plötzlichen Impulsen unterliegt und vollkommen unvorhersehbare Stimmungsschwankungen an den Tag legt, die von einem Moment zum nächsten ganz unterschiedlich ausfallen können.
Obwohl Trump in nahezu jedem Satz beteuert, er unterstütze eine Verhandlungslösung mit dem Iran und sei gegen einen Krieg, hat er selbst maßgeblich dazu beigetragen, die laufenden Verhandlungen mit dem Iran zu sabotieren.
Die Bedingungen, die den Iranern jetzt gestellt werden, gehen weit über die ursprüngliche Forderung hinaus, auf Atomwaffen zu verzichten. In Wirklichkeit wird vom Iran verlangt, sämtliche Nuklearanlagen abzubauen und generell auf jede nukleare Anreicherung zu verzichten – ob zu friedlichen oder militärischen Zwecken.
Selbstverständlich könnte keine iranische Regierung jemals so unverschämte Forderungen akzeptieren, die eindeutig die Rechte verletzen, die der Iran als souveräner Nationalstaat hat.
Offenbar hat die mangelnde Kompromissbereitschaft des Iran in dieser Frage beim Mann im Weißen Haus zu wachsender Frustration geführt. So wurde er empfänglicher für die hinterlistigen Argumente der mächtigen pro-israelischen Lobby, dass die Machthaber in Teheran angeblich nur die Sprache der Gewalt verstehen würden.
Man kann sich durchaus ein Szenario vorstellen, in dem ein gereizter Donald Trump Netanjahu schließlich eröffnet, er sei die „Sturheit“ der Iraner leid und daher könnten die Israelis tun, was immer sie für nötig hielten, um Druck auf Teheran auszuüben.
Was Trump tatsächlich zu Netanjahu gesagt hat, ist nicht offiziell bekannt. Aber egal – der israelische Regierungschef verstand es als das grüne Licht aus Washington, auf das er ungeduldig gewartet hatte.
Nach diesem Schritt überschlugen sich die Ereignisse in rasender Geschwindigkeit. Das ist kaum überraschend, denn sämtliche Vorbereitungen dafür waren schon lange zuvor getroffen worden.
Präsident Trump brach seinen Aufenthalt in Kanada ab, wo er sich mit anderen führenden Politikern getroffen hatte, und machte sich am Montagabend auf den Weg zurück nach Washington – nicht ohne vorher noch seinen Verbündeten auf den Schlips zu treten, indem er ihnen vorwarf, sie hätten ungerechtfertigterweise Wladimir Putin ausgeladen.
Während er sich öffentlich den Aufrufen zu „Deeskalation“ anschloss, beharrte Trump auf seiner Unterstützung für die israelischen Aggressoren. Am Ende sprechen Taten lauter als Worte. Ohne seine ausdrückliche Erlaubnis hätte die US-Marine keinen zweiten Flugzeugträger in den Nahen Osten verlegt.
Der Flugzeugträger USS Nimitz verlässt laut Presseberichten zusammen mit seinen neun Fliegerstaffeln und einer Eskorte von fünf Zerstörern das Südchinesische Meer, um sich der Kampfgruppe um die USS Carl Vinson im Arabischen Meer anzuschließen.
Wenn das die Vorstellung Washingtons von „Deeskalation“ ist, dann fragt man sich zurecht, wie eine tatsächliche Eskalation aussehen könnte!
Möglicherweise verfolgt Trump die Absicht, durch die Präsenz dieser Kräfte den Iran davon abzuhalten, amerikanische Basen anzugreifen. Doch dies ist ein außerordentlich gefährlicher Schritt mit unabsehbaren Risiken.
Allein schon die Präsenz dieser enormen US-Streitkräfte in unmittelbarer Nähe des Iran kann nur als Eskalation aufgefasst werden. Sobald diese Kräfte im östlichen Mittelmeer, im Persischen Golf oder im Roten Meer stationiert sind, wird der Ruf nach ihrem Einsatz unvermeidlich lauter werden, was wiederum die Gefahr eines ernsthaften Zusammenstoßes mit sich bringt.
Sollten sich die Vereinigten Staaten aktiv in den Krieg einschalten, wären die Amerikaner im gesamten Nahen Osten extrem verwundbar. Die Anwesenheit von Flugzeugträgern wird daran auch nichts ändern.
Etwa 40.000 US-Soldaten sind derzeit über Militärbasen im Nahen Osten verteilt. All diese Basen könnten potenzielle Ziele iranischer Vergeltungsangriffe werden.
Die internationalen Auswirkungen einer solchen Entwicklung wären noch schwerwiegender. Das bringt uns zum Gespräch zwischen Donald Trump und Wladimir Putin, das vor Kurzem – wohl auf Putins Wunsch – stattfand.
Niemand kann wissen, worüber genau geredet wurde. Es wurde natürlich kein Transkript veröffentlicht. Der russische Präsident wird klar und deutlich gesagt haben, dass eine militärische Einmischung der USA in den Krieg zwischen Israel und dem Iran äußerst ernste Konsequenzen hätte.
Vergessen wir nicht, dass Wladimir Putin am 21. April 2025 ein Abkommen mit dem Iran über eine „umfassende strategische Partnerschaft“ abgeschlossen hat.
Paradoxerweise wurde das von den USA ermöglicht, die Russland und dem Iran brutale Sanktionen auferlegt hatten. So wurde Russland zu einem wichtigen Handelspartner des Iran, insbesondere für dessen überschüssiges Öl.
Russland und Iran sind gegenwärtig ökonomisch und militärisch eng verbunden. Beide Länder werden von den meisten westlichen Ländern schwer sanktioniert. Das bedeutet zweifellos, dass jede militärische Bedrohung Irans eine Antwort Russlands nach sich ziehen würde – eine Tatsache, die Putin Trump in ihrem Gespräch zweifellos sehr deutlich gemacht haben wird.
Diese Warnung dürfte auf Trump enormen Eindruck gemacht haben, was seine darauffolgenden Windungen erklärt. Die Aussicht auf einen offenen militärischen Konflikt mit Russland – und beinah unweigerlich auch mit China – wird ihm erheblich zu denken gegeben haben.
Doch während der Mann im Weißen Haus bereits einen schnellen Rückzug einleitete, machte sich sein Freund in London wieder bereit zum Handeln.
Als hätte er zu Hause nicht schon genug Probleme, mit einer schwer angeschlagenen Regierung und eigener massiver Unbeliebtheit, mischt sich nun auch Starmer in die Suche nach einer vermeintlichen „Deeskalation“ im Nahostkonflikt ein.
Was genau will denn Mr Starmer zur „Deeskalation“ beitragen? Er will britische Kampfflugzeuge und einen Flugzeugträger in die Region schicken! Wozu? Das weiß man nicht. Der britische Premierminister sagt es nicht.
Aber jeder errät leicht, dass er ihnen alles befehlen wird, was sein Chef im Weißen Haus verlangt. Darum geht es schließlich bei der „Special Relationship“ – jener ist der Herr, dieser der Knecht.
Übrigens besteht überhaupt kein Vergleich zwischen britischen Flugzeugträgern und den amerikanischen Supercarriern. Doch darüber schweigen wir lieber. Wie Napoleon einst bemerkte: „Vom Erhabenen zum Lächerlichen reicht schon ein Schritt.“
Wie üblich scheint Trump sich selbst zu widersprechen.
Während seines kürzlichen Telefonats mit Putin bot der russische Staatschef offensichtlich seine Vermittlung im Konflikt zwischen Israel und Iran an. Diese Nachricht löste bei den übrigen westlichen Führern auf dem G7-Gipfel einen Herzinfarkt aus.
Trump machte deutlich, dass er persönlich nichts dagegen hätte, wenn Putin eine solche Rolle spielen würde. Dies hätte immerhin den Vorteil, dass der Mann im Weißen Haus von der lästigen Pflicht befreit wäre, zwischen zwei Staaten zu vermitteln, die sich gegenseitig an die Gurgel gehen und offensichtlich kein ernsthaftes Interesse an einem Ende des Konflikts zeigen.
Und jeder weiß, dass die Meinung nur eines Mannes in Israel Gewicht hat – und dieser Mann heißt Donald Trump.
Präsident Macron scheint ein Wutanfall ereilt zu haben, der ernsthaft seine Gesundheit gefährden könnte. Sein Zorn war wohl die Folge seiner gewohnheitsmäßigen Annahme, dass einzig und allein er selbst qualifiziert sei, die Rolle eines „ehrlichen internationalen Vermittlers“ zu spielen.
Mit dieser Annahme übersieht er jedoch eine Kleinigkeit: Mittlerweile hat niemand mehr hinreichend Vertrauen in die moralische Integrität des Monsieur Macron, um ihm auch nur einen Gebrauchtwagen abzukaufen.
Macron beging zudem den Fehler zu behaupten, Trump hätte das Treffen verlassen, um sich für einen Waffenstillstand im Nahostkonflikt einzusetzen. Trump, offensichtlich verärgert, wies den französischen Präsidenten umgehend und demütigend zurecht. Er bezeichnete ihn als den „geltungssüchtigen Präsidenten Emmanuel Macron“, der „immer daneben liegt!“
Er sei keineswegs in der Stimmung, sich für einen Waffenstillstand einzusetzen oder überhaupt über etwas anderes als die bedingungslose Kapitulation Irans zu verhandeln.
Wir müssen also versuchen, die leitenden Elemente in Trumps Strategie zu analysieren – immer vorausgesetzt, dass sie überhaupt existieren, wovon man nicht ohne Weiteres ausgehen kann.
Wenn er einen Fehler macht, wird ein vernünftiger Mensch beschließen, es künftig anders zu machen, damit er den Fehler nicht wiederholt. Die Vorstellung, man könnte einen Fehler machen, deswegen einen Misserfolg erleiden und der vernünftige Schluss daraus wäre, den Fehler einfach immer weiter zu wiederholen, damit er am Ende ein positives Resultat herbeiführt, ist nicht charakteristisch für vernünftiges Denken. Sie gilt vielmehr als verrückt.
Und sie ist typisch für das, was man im Westen heutzutage strategisches Denken nennt. Die Kriegstreiber in den USA und Europa tun es in der Ukraine. Die USA werden jetzt eingeladen, es im Iran zu tun!
Es scheint den Holzköpfen, die von den kanadischen Rocky Mountains aus die Welt regieren, noch nicht klargeworden zu sein, aber seit Biden und seine Kriegstreiberclique das Sagen hatten, hat sich international einiges verändert.
Die USA sind das mächtigste imperialistische Land auf der Erde, aber ihre Macht ist nicht unbegrenzt und gegenwärtig offensichtlich auf dem absteigenden Ast. Konfrontiert mit einem Wirtschaftsriesen wie China und einem aufsteigenden und selbstsicheren Russland wird es immer riskanter für Amerika, sich aufzuplustern.
Im Krieg ist es tödlich, seinen Feind zu unterschätzen. Besser, man überschätzt ihn und bereitet sich auf das Schlimmste vor, als dass man sich blind in den Kampf stürzt, vom Besten ausgeht und damit ein Scheitern garantiert.
Derselbe dumme Fehler, der die USA in den Krieg gegen Russland in der Ukraine führte und jetzt mit einer demütigenden Niederlage endet, wiederholt sich nun – mit viel schwerwiegenderen Konsequenzen.
Sie kamen einfach nie auf den Gedanken, dass vielleicht nicht alles ganz genau so läuft, wie sie es sich vorstellen. Sie haben auch niemals gedacht, dass es die iranischen Raketen vielleicht doch durch die scheinbar unüberwindbaren israelischen Abwehrsysteme schaffen und in Israel einige wichtige Ziele treffen.
Und sie leugnen weiter das Offensichtliche – dass die Angriffe auf die Atomanlagen nicht funktionieren.
Solche Leute werden uns in den Medien als hochintelligent, ja genial präsentiert. Angeblich verdienen sie nur Lob und Bewunderung. In Wirklichkeit verdienen sie die nächstgelegene Gummizelle zum frühestmöglichen Zeitpunkt, wo sie keine Gefahr mehr für sich und die übrige Menschheit darstellen.
Der reaktionärste Flügel der Republikaner unterstützt sowohl die israelische Regierung als auch ihre Ansicht, dass jetzt der Zeitpunkt ist, in Teheran einen Regimewechsel durchzuführen. Darum – nicht um die Zerstörung des iranischen Atomprogramms – geht es Netanjahu und seiner Bande wirklich.
Sie haben sich sehr verschätzt. Viele Iraner hassen das Regime, aber ihr Hass auf die Ajatollahs bedeutet noch lange keine Unterstützung für Netanjahu und die Amerikaner! Eher im Gegenteil.
Die Aggression Israels mit Unterstützung der USA wird große Teile der iranischen Gesellschaft – selbst die erbittertsten Gegner des Regimes – hinter der Regierung in ihrem Krieg gegen den fremden Aggressor vereinen.
Die Iraner werden keineswegs geneigt sein, „vernünftig“ über ihr Atomprogramm zu verhandeln. Nicht nur in der Regierung, sondern auf der Straße wird sich die Einsicht durchsetzen, dass Verhandlungen mit den Amerikanern reine Zeitverschwendung sind und dass der Iran sich in Wirklichkeit nur dann verteidigen kann, indem er sich zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine atomare Bewaffnung zulegt.
Was ist die Bilanz des Kriegsbeginns? Bis jetzt kann man nicht beurteilen, wieviel Schaden die ersten Angriffe auf den Iran verursacht haben – oder die iranischen Angriffe auf Israel.
Wie immer senkt sich jetzt der Kriegsnebel herab, wirft einen dicken Schleier über die reale Situation und macht es äußerst schwierig, die Wahrheit herauszufinden. Fürs Erste prahlen die Israelis. Sie sind die größten Prahlhänse der Welt. Wenn es einen Nobelpreis fürs Prollen und Angeben gäbe, kein Zweifel, an wen er gehen würde.
Leider haben übertriebene Erfolgsmeldungen im Krieg üblicherweise kurze Beine. Die israelischen Aussagen über den angeblichen Erfolg bei der Zerstörung der iranischen Verteidigungssysteme und die Behauptung, man habe Irans Fähigkeit zur nuklearen Bewaffnung entscheidend geschwächt, sind ein Beispiel dafür.
Die ursprünglichen Behauptungen Israels, der Iran könne mittelfristig nicht effektiv reagieren, wurden von den Ereignissen sofort widerlegt.
Ist es dem israelischen Angriff gelungen, die iranische Luftverteidigung zu überwältigen? Die Antwort darauf ist eindeutig ja. Offenbar wurde dem Angriff eine Cyberattacke vorausgeschickt, die die iranische Luftabwehr mehrere Stunden lang lahmlegte und Teheran dem israelischen Bombardement schutzlos auslieferte.
Die Iraner erklären jedoch, sie hätten inzwischen begonnen, die Schäden zu beheben. Daraus lässt sich vorhersagen, dass zukünftige israelische Luftangriffe nicht ohne Verluste bleiben werden.
Mit Sicherheit hat es im Iran enorme Zerstörung gegeben. Doch das Ausmaß der Zerstörung wird offensichtlich enorm übertrieben.
Das beweisen schon die überwältigenden Raketenangriffe des Iran – die die Israelis für unmöglich erklärt hatten, weil sie ja angeblich die iranischen Stellungen so verheerend getroffen hätten.
Die Iraner verloren keine Zeit und entfesselten eine Schreckenswelle von Raketen – wahrscheinlich mehrere Hundert – gegen Ziele in Israel, und zwar in einer solchen Zahl, dass zumindest einige davon das hochgejubelte israelische Raketenabwehrsystem „David’s Sling“ durchdringen konnten.
Die Israelis behaupten, die meisten dieser Raketen seien abgeschossen worden. Das stimmt mit ziemlicher Sicherheit auch und überrascht nicht. Doch einige Raketen durchbrachen die Abwehr und zerstörten damit den Mythos der Undurchdringlichkeit des sogenannten „Iron Dome“ und von „David’s Sling“. Dabei kam es zu erheblichen Schäden sowohl an militärischen als auch an zivilen Zielen.
„Iranische Raketen haben die israelischen Städte Tel Aviv und Haifa getroffen, Wohnhäuser zerstört und unter den Staats- und Regierungschefs beim dieswöchigen G7-Gipfel Besorgnis ausgelöst, dass der Konflikt zwischen den beiden regionalen Erzfeinden zu einem umfassenderen Krieg im Nahen Osten führen könnte.“
Die Bilder von einem Wohngebiet in Tel Aviv, von dem nur noch Trümmer und ein riesiger Krater übrigblieben, bezeugen die außerordentliche Zerstörungskraft dieser Raketen. Ein ernüchternder Weckruf für die israelische Bevölkerung, der man systematisch weisgemacht hat, dass sie mit ihrer wunderbaren Raketenabwehr für immer in Sicherheit wären.
Verstörte Anwohner begutachteten ihre zerstörten Häuser. Mit Entsetzen und Verbitterung kommentierten sie: „Das ist ja wie in Gaza!“
Über Nacht ist der Mythos um die Raketenabwehrsysteme Iron Dome, David’s Sling und wie sie sonst noch heißen mögen, die Israel seit dem ersten Krieg der USA gegen den Irak 1991 aufgebaut hat, zerstört worden.
Das wird einen psychologischen Schaden auslösen, der alle materiellen Zerstörungen durch die iranischen Raketen bei Weitem übertrifft. Aber Netanjahu kümmert sich nicht um das Leid der Zivilbevölkerung. Mit seiner üblichen zynischen Fassade aus kühler Gelassenheit und eiserner Entschlossenheit stellte er sich vor die Fernsehkameras und versprach der Bevölkerung Israels: „Teheran wird brennen.“ Mit anderen Worten: Es geht einfach so weiter.
Doch hinter seiner Fassade aus gespielter Zuversicht macht sich Netanjahu große Sorgen. Ihm ist durchaus klar, dass die Zeit nicht auf seiner Seite ist, wenn er keinen schnellen Sieg über den Iran erringt.
Israel führt weiter Angriffe durch, bei denen es versucht, das politische, militärische und wissenschaftliche Führungspersonal Irans aufzuspüren und zu töten.
Außerdem greift es weiter iranische Raketenabschussrampen und -abwehrsysteme an. Aber der KO-Schlag, auf den es wohl abgezielt hat, als es die Operation am Freitag begann, kommt nicht zustande.
Unterdessen verstärken sich die Angriffe Irans gegen Israel. Mit der Zeit wird der Vorteil in diesem Abnutzungskrieg immer mehr auf die iranische Seite übergehen.
Israels Luftabwehrsystemen gehen die Abfangraketen aus. Früher oder später wird es sein Gebiet nicht mehr so schützen können wie jetzt.
Es läuft letztendlich auf simple Mathematik hinaus. Man braucht mindestens zwei Patriot-Raketen, um mit relativ hoher Sicherheit eine eintreffende Rakete abfangen zu können.
Der Iran schickt hunderte Raketen. Man geht davon aus, dass er noch Tausende mehr hat. Israels Patriot-Raketen sind weniger zahlreich und werden bei der derzeitigen Inanspruchnahme schnell zur Neige gehen.
Also braucht Netanjahu einen schnellen Sieg. Aber den bekommt er offensichtlich nicht, wenn ihm die USA nicht aktiv beistehen.
Israel war bis jetzt nicht in der Lage, die Fordo-Atomanlage ernsthaft zu beschädigen. Rund um die Anlage in Natans haben sie ein paar Löcher in den Boden gesprengt. Es sieht immer mehr danach aus, als würde Israel keines seiner drei Ziele erreichen:
Das erklärt, warum er zunehmend panisch um Trumps Hilfe bettelt.
Und was ist Trumps Position? Diese Frage lässt sich nur schwer beantworten. Man hat den Eindruck, als wüsste Trump selbst nicht, in welche Richtung er geht oder was er tut. Einem Journalisten, der ihn direkt fragte, ob er intervenieren will, antwortete er: „Vielleicht mach ich es. Vielleicht lass ich es auch.“ Wahrscheinlich weiß er es einfach selber noch nicht.
Trump scheint empirisch auf die Ereignisse zu reagieren, Entscheidungen zu improvisieren, mal auf diesen, mal auf jenen Druck zu reagieren.
Als Immobilienmogul in New York kann man das schon so machen. In der komplexen Welt der internationalen Diplomatie ist es aber hoffnungslos unzureichend. Empirisches Durchwursteln ersetzt keine klarsichtige und konsequent verfolgte Strategie. Eine solche gibt es in dieser US-Regierung aber wohl nicht.
Als Trump auf die jüngsten Ereignisse reagierte, offenbarte sich sein offensichtliches Unwissen über die allereinfachsten Methoden der Diplomatie. Zuerst drückte er der Aggression Israels unverzüglich seine volle Unterstützung aus, wobei er dem Iran dessen Unfähigkeit vorwarf, einen „Deal“ zu machen. Dabei ignorierte er, dass er ihnen ein Angebot gemacht hatte, das sie nicht annehmen konnten, um den Paten falsch zu zitieren.
In seiner Euphorie für die Sache Israels ging er sogar so weit, diesen ungeheuren, unprovozierten Angriff als „exzellent“ zu bezeichnen. Außerdem machte er klar, dass er im Voraus über den Angriff informiert worden sei.
Das alles hielt ihn aber keineswegs davon ab, wenig später steif und fest zu behaupten, „Amerika hat von dem Angriff keinerlei Kenntnis gehabt und keine Rolle dabei gespielt.“ Ein Dementi, das beim besten Willen kein vernünftiger Mensch glauben kann.
Seither treibt er sein gewohntes Spielchen mit widersprüchlichen Aussagen, die man nach Belieben in jede Richtung interpretieren kann: Einerseits volle Unterstützung für Israel, andererseits die Forderung nach einem Ende der Kampfhandlungen, nach „Deeskalation“ und Wiederaufnahme von Verhandlungen usw.
Solche widersprüchlichen Signale stiften immer Verwirrung, doch in einem Kriegsszenario sind sie regelrecht gefährlich, weil sie eine oder beide Konfliktparteien zu Schritten verleiten können, die katastrophale Folgen haben.
Netanjahu verheimlicht seinerseits nicht, dass ihn Trumps Verhalten zunehmend verärgert. Nach dem Angriff am Freitag schlug Trump vor, das iranische Regime könne noch immer zu Verhandlungen bewegt werden, und meinte, die Iraner „müssen einen Deal machen, bevor nichts mehr übrig ist“.
So eine Aussage hatte sich Netanjahu aus Washington nicht gewünscht. Er will keine Wiederaufnahme von Verhandlungen und auch keinen Deal. Er will den Krieg bis zum Ende führen. Und dafür sollen die USA den Krieg gefälligst mitmachen. Kurz: Er will, dass die Amerikaner seinen Krieg für ihn führen!
Das alles ist das notwendige Ergebnis der jahrzehntelangen Nachgiebigkeit der USA und aller anderen westlichen Regierungen, die systematisch ignoriert haben, wie Israel sich mit seinen Verbrechen über alle elementaren internationalen Rechtsnormen hinweggesetzt hat. So schlussfolgerte es, dass es tun und lassen kann, was es will, ohne dass ihm die USA jemals den Geldhahn abdrehen.
Das Hauptproblem ist hier aber, dass Netanjahus Kriegsziele sich nicht mit denen der USA decken. Der Guardian wies zu Recht darauf hin: „Indem er den Iran angegriffen und die Verhandlungen torpediert hat, hat Netanjahu Trump ausgestochen. Der israelische Regierungschef könnte die USA in einen neuen Konflikt im Mittleren Osten verwickeln, obwohl Trump darauf besteht, dass er das nicht will.“
Er fügt hinzu: „In seiner Antrittsrede im Januar bekräftigte Trump seinen Wunsch, Vermittler zu sein, globale Konflikte wie in der Ukraine und in Gaza zu beenden und keine neuen Kriege zu beginnen. ‚Mein stolzestes Vermächtnis wird das eines Friedensstifters und Einigers sein‘, sagte er.“
Kriegshetzer wie der republikanische Senator Lindsey Graham fordern hingegen lautstark, dass die Vereinigten Staaten Israel unterstützen sollen. Die bellizistische Israel-Lobby nimmt inzwischen nahezu hysterische Züge an.
Das ist auch kein Wunder. Wer Netanjahus Propaganda geglaubt hat, wonach die iranische Regierung wie ein Kartenhaus zusammenbrechen würde, ist jetzt enttäuscht und zunehmend frustriert.
Und hinter der scharfen Rhetorik zeichnet sich noch etwas anderes ab – Angst.
Denn trotz ihres wütenden Auftretens haben diese Kreise überhaupt nicht begriffen, wie stark der Iran tatsächlich ist und wie groß seine Fähigkeit, einem israelischen Angriff standzuhalten.
Trumps erste Reaktion auf den israelischen Angriff war geradezu töricht: Er bezeichnete ihn als „exzellent“. Mit solchen Aussagen wird er die Iraner ganz bestimmt nicht davon überzeugen, dass Amerika in diesem Konflikt bloß ein unbeteiligter Zuschauer sei.
Anschließend hüllte sich Donald Trump in ein höchst ungewöhnliches und für ihn völlig untypisches Schweigen. Das könnte darauf hindeuten, dass der Mann im Weißen Haus – einmal mehr – ins Grübeln geraten ist. Und es könnte auf einen ernsthaften Konflikt innerhalb seiner eigenen Administration hindeuten.
Bekannt ist, dass Tulsi Gabbard, die Direktorin des Nationalen Geheimdienstes (DNI), Trumps Vorgehen entschieden ablehnt.
Aber noch wichtiger ist, dass seine letzten Äußerungen und Handlungen bei seinen Unterstützern wachsende Unruhe, ja Empörung erzeugt haben. Ihm wird nicht entgangen sein, dass seine MAGA-Basis nicht erfreut über sein Verhalten in dieser Angelegenheit ist. Tatsächlich sind selbst die loyalsten Unterstützer des Präsidenten ziemlich wütend.
Sie erinnern ihn an sein Versprechen aus dem Wahlkampf, Amerika in keinen „forever war“ (ewigen Krieg) mehr zu schicken, ob im Nahen Osten oder sonstwo.
Trump versprach seinen MAGA-Wählern, dass er keine „forever wars“ im Mittleren Osten mehr anfangen würde. Daher wird die MAGA-Bewegung jetzt von großer Unruhe erfasst. Das drückt sich etwa in folgender Nachricht aus, die ein Trump-Unterstützer geschrieben hat:
“F*ck it.
I voted for:
NO WARS
Cheap gas
No taxes
Cheap groceries
MAGAWhat of these things has actually happened?
If Trump takes us to war, I’m done with him and his administration.
I’m pissed.”(„Scheiß drauf.
Ich habe:
GEGEN KRIEG
Für billiges Benzin
Gegen Steuern
Für billige Lebensmittel
Für MAGA gestimmt.Und was davon ist jetzt wirklich passiert?
Wenn Trump einen Krieg anfängt, bin ich fertig mit ihm und seiner Regierung.
Ich bin sauer.“)
In letzter Zeit sind sehr viele Nachrichten von dieser Art auf Trumps Schreibtisch gelandet.
Kurzum: Trump braucht einen Krieg mit dem Iran ungefähr so dringend wie einen Kropf. Das heißt aber nicht, dass ein solcher Krieg ausgeschlossen wäre. Das ist er keineswegs.
Trump steht unter Druck von allen Seiten, und es bleibt unklar, wie er sich am Ende entscheidet. Aber das Risiko ist glasklar:
„Wenn Trump einen Krieg anfängt, bin ich fertig mit ihm und seiner Regierung.“
Deutlicher geht es nicht.