Nach Jahrzehnten gewinnen die Ideen des Kommunismus auch in Österreich wieder spürbar an Zuspruch. Der Zusammenschluss aller, die eine Welt ohne Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung wollen, zu einer revolutionären, kommunistischen Partei ist die wichtigste Aufgabe unserer Zeit. Von Konstantin Korn.
Die Eliten in Politik, Wirtschaft und Medien sind verstört, dass der Kommunismus immer populärer wird. Plötzlich wirkt ihre antikommunistische Propaganda nicht mehr wie früher, als man mit Hinweis auf GULAGS und Berliner Mauer jede Kritik am Kapitalismus als Vaterlandsverrat diskreditieren konnte. Die Herrschenden haben immer schon versucht, den Kommunismus als Verschwörung aus dem Ausland darzustellen. Im 19. Jahrhundert verfolgte man deshalb Handwerker aus Frankreich oder Deutschland, die kommunistische Literatur nach Österreich brachten. Später war das Feindbild der Bolschewismus aus dem Osten. In Wahrheit lieferte aber der Kapitalismus selbst immer wieder den Nährboden, auf dem der Kommunismus auch hierzulande gedeihen konnte.
Wann immer revolutionäre Bewegungen im Aufschwung waren, nahm auch der Kommunismus Form an. Das geht zurück bis zum Tiroler Bauernkrieg vor 500 Jahren. Die Lehren dieser geschichtlichen Erfahrungen, der Stärken, aber auch der Fehler der kommunistischen Bewegung können uns helfen, eine revolutionär-kommunistische Partei aufzubauen, die mit dem Schrott der alten Gesellschaft aufräumen wird.
Sozialdemokratie und Kommunismus
Fehler gab es leider genug. Das begann mit der Sozialdemokratie vor dem Ersten Weltkrieg, die sich – auch wenn das heute geflissentlich verdrängt wird – in der Tradition des Kommunismus und der Lehren von Marx und Engels verstand. Diese erste Massenorganisation der Arbeiterbewegung entwickelte aber die Illusion, man könne „das Meer der kapitalistischen Bitternis durch flaschenweises Hinzufügen der sozialreformerischen Limonade in ein Meer sozialistischer Süßigkeit verwandeln“ (Rosa Luxemburg). Das Parlament, das im Gründungsprogramm der Sozialdemokratie noch als „Form der modernen Klassenherrschaft“ getrachtet wurde, wurde zusehends als das Vehikel für eine schrittweise Umgestaltung der Gesellschaft gesehen. Treibende Kraft hinter diesem Reformkonzept war jene Bürokratie in Partei, Gewerkschaft und Genossenschaften, die in zunehmendem Maße von der Arbeiterbewegung lebte und in der Aufrechterhaltung ihrer privilegierten Stellung das größte Ziel sah.
1914 folgte der offene Verrat an allen Grundsätzen der revolutionären Arbeiterbewegung, die sich stets als „internationale Partei“ verstanden hatte. Unter dem Donner der Kanonen zerfiel die Internationale und auch die österreichische Sozialdemokratie schloss einen Burgfrieden mit den eigenen Kapitalisten und der Regierung. Dieser Verrat lähmte die Arbeiterbewegung. Nur kleine Zirkel hatten den Mut und die nötige Einsicht, um unter den Bedingungen einer Militärdiktatur Widerstand gegen den Krieg zu leisten: „Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“ Die politischen Ideen dafür erhielten sie in zunehmendem Maße von den russischen Bolschewiki, die als eine der wenigen Parteien von Anfang an konsequent eine internationalistische Position beibehielten.
Im Zeichen der Revolution
Das Beispiel der Russischen Revolution 1917 befeuerte auch in Österreich den revolutionären Prozess. Streiks und Hungerproteste nahmen zu. Die „Revolution für den Frieden“ (Titel der Arbeiterzeitung am 09.11.1917) in Petrograd und Moskau gab Hoffnung, dass die Massen dem Krieg ein Ende setzen könnten. Der Jännerstreik 1918 zeigte das gewaltige revolutionäre Potential der Arbeiterklasse in Österreich-Ungarn. Wenn dieser Massenstreik unter dem Einfluss revolutionärer Sozialisten (den „Linksradikalen“) zwar zur Bildung von Arbeiterräten, aber nicht zum Sturz der Regierung und zur Machteroberung der Arbeiterklasse führte, dann war dies in aller erster Linie die Verantwortung der sozialdemokratischen Parteiführung, die bei erster Gelegenheit und in Absprache mit der Regierung den Streik abdrehte.
Die Niederlage im Jännerstreik brachte die Revolutionäre zur Überzeugung, dass es einen offenen Bruch mit der Sozialdemokratie brauchte. Die Vorbereitungen zur Gründung einer Kommunistischen Partei, die die revolutionären Traditionen der Sozialdemokratie verteidigte und nach dem Vorbild der Russischen Revolution eine Rätedemokratie verfocht, wurden allerdings durch die Repressionswelle gegen die Linksradikalen im Keim erstickt.
Der Maulwurf der Geschichte war aber nicht mehr aufzuhalten. Im Herbst erhob die Revolution erneut das Haupt und fegte die Monarchie hinweg. Noch in den ersten Revolutionstagen gründete eine kleine Gruppe von Arbeitern und Intellektuellen, die bislang keine Rolle im Klassenkampf gespielt hatten, die Kommunistische Partei. Mangels theoretischer Vorbereitung und Verankerung in der Klasse war diese neue Partei in der Hitze der Ereignisse völlig überfordert. Sie verstand vor allem nicht, dass die nach links gerückte Sozialdemokratie an der Spitze des Prozesses stand und die überwältigende Mehrheit der Arbeiterklasse, auch der revolutionär gesinnten Teile, hinter sich wusste und politische Autorität genoss. Die Kommunisten wollten nicht wahrhaben, dass es nun darum ging, die Mehrheit der Arbeiterklasse zu erobern, bevor man zur Eroberung der Staatsmacht schreiten konnte. Die wichtigsten Lehren der Politik von Lenin und Trotzki in der Oktoberrevolution hatten sie nicht verinnerlicht und isolierten sich in der Folge mit ihrem Linksradikalismus, was sich zum Beispiel im Boykott der Parlamentswahlen und der Gewerkschaften ausdrückte.
So blieb die KPÖ zunächst eine kleine Sekte, die anfangs nicht einmal alle Kommunisten in ihren Reihen organisieren konnte. Erst durch die Gründung der Kommunistischen Internationale und die Errichtung von Räterepubliken in Ungarn und Bayern (also im Frühjahr 1919) wurde die Partei für breitere Schichten vor allem der Kriegsheimkehrer und Arbeitslosen attraktiv. Der neuerliche Aufschwung der sozialen Revolution in Österreich im Frühjahr 1919 führte binnen weniger Wochen zu einem rapiden Wachstum auf ca. 40.000 Mitglieder im Juni 1919. Doch auch in dieser Phase zeigte sich, dass die KPÖ keine Kaderpartei war, die sich auf das solide Fundament marxistischer Theorie stützte. Noch immer dominierte die Idee, eine aktive Minderheit könnte mit spektakulären Aktionen den Rest der Klasse zur Machteroberung schieben.
Der Aufschwung der Rätebewegung, der im massiven Generalstreik in Solidarität mit der Revolution in Ungarn und Sowjetrussland am 25. Juni 1919 seinen Höhepunkt fand, bewies das Potential für eine soziale Revolution in Österreich. Die Partei war jedoch unfähig, dieses Potential zu nützen. Mit der Niederlage der ungarischen Revolution Anfang August 1919 kehrte die große Mehrheit der neuen Mitglieder der KPÖ wieder den Rücken, und die Partei schlitterte in eine schwere Krise.
Dauerkrise
Erst dank der von Lenin und Trotzki entwickelten Kritik an den linksradikalen Kinderkrankheiten der kommunistischen Bewegung und der daraus fließenden Einheitsfronttaktik gelang es, relevante Teile der revolutionären Sozialisten in den Arbeiterräten für die KPÖ zu gewinnen.
Der kurze Aufschwung wurde aber durch andere Entwicklungen im fernen Moskau überlagert. An der Spitze der Komintern hatten sich Kräfte durchgesetzt, die mit bürokratischen Mitteln von oben herab Konflikte in den nationalen Sektionen lösen wollten. Und die schwache KPÖ wurde zum Testfeld für diese ungesunden bürokratischen Methoden. Als sich in der Sowjetunion Stalin und die Bürokratie gegen die Linke Opposition um Trotzki durchsetzte, wurde die Internationale ganz zum Spielball des Kremls. Die Perspektive der sozialistischen Weltrevolution wurde begraben. 1943 löste Stalin die Kommunistische Internationale überhaupt auf, um gegenüber den westlichen Alliierten zu signalisieren, dass die Weltrevolution politisch kein Ziel mehr war.
Die KPÖ setzte jedes Zick-Zack, das Moskau vorgab, gehorsam um. In den späten 1920ern bestimmte die Stalinsche „Sozialfaschismustheorie“ ihre ganze Politik gegenüber der Sozialdemokratie, die in diesen Jahren, anders als heute, eine das ganze proletarische Leben umfassende Massenbewegung war. Die Sozialdemokratie wurde als Zwilling des Faschismus dargestellt, während die sozialdemokratischen Arbeiter immer häufiger dem Terror der faschistischen Heimwehren und der Nazis ausgesetzt waren. Das führte zu der paradoxen Situation, dass Teile der SP-Basis angesichts der Krise des Kapitalismus und der wachsenden faschistischen Gefahr zusehends kritischer wurden gegenüber der Politik ihrer Parteiführung, dass die KPÖ aber aufgrund ihres Sektierertums diese Schichten nicht ansprechen konnte.
Im Angesicht der Ausschaltung des Parlaments 1933 und der demokratischen Grundrechte formierte sich eine starke linke Opposition in den sozialdemokratischen Massenorganisationen, die zu großen Teilen zum Bruch mit der eigenen Partei bereit war. Viele von ihnen waren im Februar 1934 bereit mit der Waffe in der Hand gegen den Faschismus zu kämpfen und ihr Leben für die Verteidigung der Arbeiterbewegung zu geben. Auch wenn sie ideologisch den Austromarxismus eines Otto Bauers nie wirklich überwanden, tauschten sie nach der Niederlage im Februar 1934 und der Machteroberung des Faschismus doch die Drei Pfeile gegen Hammer und Sichel und schlossen sich der „radikaleren“ KPÖ an. Sie waren Teil einer Generation, die von der Russischen Revolution und dem Aufbauwerk in der Sowjetunion begeistert war, und wollten zu Lebzeiten den Sozialismus erkämpfen. Die gewaltige Autorität der Russischen Revolution war ausschlaggebend für sie, sich dem Kommunismus anzuschließen. Nicht wenige von ihnen mussten im sowjetischen Exil jedoch bald schon das wahre Gesicht des Stalinismus erkennen und fielen den „Säuberungen“ zum Opfer.
Volksfront und Patriotismus
Der Stalinismus war aber mehr als die systematische Verfolgung und Liquidierung all jener, die die Herrschaft der Bürokratie in Zweifel stellten und die Prinzipien des Roten Oktobers verteidigten. Spät aber doch hat die KPÖ nach dem Fall der Berliner Mauer dieses blutige Kapitel der eigenen Geschichte aufgearbeitet. Was aber bis heute aussteht, ist eine politische Auseinandersetzung damit, wie Moskau die Politik aller kommunistischen Parteien, einschließlich der KPÖ, entlang der Interessen der Bürokratie in Moskau ausrichtete.
Mitte der 1930er Jahre zielte der Kreml auf ein Bündnis mit dem westlichen Imperialismus ab. Das konkrete Resultat dieses Schwenks war die Bildung von „Volksfronten“. Auf dem VI. Weltkongress der Komintern wurde Georgi Dimitroffs Faschismusdefinition offizielle Linie, der zufolge der Faschismus „die offene terroristische Diktatur der reaktionärsten, am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ sei. Der Charakter des Faschismus als Massenbewegung des von der Krise bedrohten und deshalb extrem rabiaten Kleinbürgertums wurde unter den Tisch gekehrt. Die Absicht dahinter war, dass man nicht nur für ein antifaschistisches Bündnis mit der Sozialdemokratie war, sondern auch bürgerliche Demokraten ins Boot holen wollte. Dieser neuen Bündnispolitik opferte man das revolutionäre Programm. Die alte Etappentheorie der Reformisten wurde nun in neuem Gewand präsentiert: Zuerst würde es um den Kampf für die bürgerliche Demokratie und erst in der (fernen) Zukunft dann um den Sozialismus gehen.
Diese Abkehr von der Position Lenins war für sich genommen schon fatal genug, weil damit die Arbeiterklasse zur Aufgabe eines unabhängigen Klassenstandpunkt und ihres Programms gezwungen wurde. Im Spanischen Bürgerkrieg führte diese Volksfronttaktik zum Abwürgen der sozialen Revolution, was den antifaschistischen Kampf enorm schwächte und 1939 schlussendlich dem Faschismus den Sieg ermöglichte. Die Arbeiterklasse wurde in dieser Politik zu einem Anhängsel des Bürgertums degradiert. In Österreich ging das Problem noch tiefer. Abseits von Einzelpersonen und kleinen Zirkeln gab es keine „antifaschistische Bourgeoisie“. Die Bürgerlichen setzten in den 1930ern angesichts der Tiefe der kapitalistischen Krise nahezu geschlossen auf den Faschismus. Der Austrofaschismus gab sich angesichts der Bedrohung durch Hitler-Deutschland zwar anfangs „patriotisch“, war aber keinesfalls bereit, der Arbeiterbewegung demokratische Rechte zuzugestehen. Die Arbeiterbewegung war schon von den Austrofaschisten zerschlagen worden und konnte sich nicht mehr offen organisieren. Für eine Volksfront gab es somit in Österreich keine bürgerlichen Bündnispartner.
Diesen Widerspruch löste die KPÖ auf Geheiß von Moskau besonders kreativ: Sie entdeckte die „österreichische Nation“, die gegen den aggressiven deutschen Imperialismus verteidigt werden müsse. Das stellte einen eklatanten Bruch mit dem bisherigen Standpunkt dar. Die Kommunisten traten in Österreich seit 1918 für eine sozialistische Revolution ein. Sofern auch in Deutschland die Revolution siegreich wäre, würde sich ein künftiges freies Sowjet-Österreich mit diesem neuen Sowjet-Deutschland vereinigen. Diese Position wurde nun plötzlich über Bord geworfen. Der neue Slogan lautete „Rot-weiß-rot bis in den Tod“ (Aufruf des Zentralkomitees der KPÖ zur Annexion, März 1938). Die Verteidigung Österreichs gegen den „besonders aggressiven“ deutschen Imperialismus unter der Hakenkreuzfahne war nun die wichtigste Aufgabe. Die seit 1933 illegale KPÖ versuchte dieses politische Bündnis selbst mit Exponenten der austrofaschistischen Regierung zu verwirklichen, etwa durch die Herausgabe einer gemeinsamen Zeitung mit der regierenden Vaterländischen Front. Der Kommunistische Jugendverband war bis 1942 nicht bereit, diese Neuausrichtung der Partei auf den Austro-Patriotismus mitzutragen.
1939 erschütterte die Verkündigung des Hitler-Stalin-Pakts die Partei. Moskau hatte in dieser Phase der geopolitischen Annäherung an Deutschland auch kein Problem damit, bekannte Kommunisten wie Franz Koritschoner dem Tod preiszugeben, indem man sie an die Gestapo auslieferte.
Koritschoner stand seit 1916 mit Lenin in Kontakt, spielte im Jännerstreik eine wichtige Rolle, war lange Zeit in der Parteiführung, Herausgeber der Parteizeitung und Delegierter zum 3. Weltkongress der Komintern. Der Stalinismus ist politisch der blutige Bruch mit der Oktoberrevolution.
Trotz aller Widersprüche in der Theorie lieferte die KPÖ von 1938-45 wie keine andere politische Partei einen Beitrag im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Tausende Genossinnen und Genossen waren unter gefährlichsten Bedingungen im Untergrund aktiv. Sie verteilten Flugblätter, sammelten Spenden für die Rote Hilfe, machten Sabotageakte, gingen als Partisanen in die Berge, kämpften in Spanien gegen Franco oder in den Reihen der jugoslawischen Partisanenarmee, oder versuchten in der Hölle der KZs ihre Mithäftlinge zu schützen. Der Widerstand liefert unzählige Beispiele größter Menschlichkeit, der sich aus dem Glauben an eine Welt ohne Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung nährte. Die Existenz der Sowjetunion, die dem Nazi-Terror die Stirn bot, gab Tausenden die Kraft und innere Überzeugung diesen Kampf auf sich zu nehmen.
Die politische Autorität der Stalinisten wurde durch den Widerstand und den Sieg der Sowjetunion in der kommunistischen Arbeiterbewegung über Generationen hinweg gestärkt. Jeder Schwenk, jeder Opportunismus und jede Verfolgung kommunistischer Opposition wurde (und wird) mit diesem Argument vom Tisch gewischt. Wahr ist jedoch, dass die Rote Armee, das sowjetische Volk, die Partisanen nicht wegen sondern trotz der Politik Stalins den Faschismus niederringen konnte.
Staatstragende Partei
Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus wurde mit einem politischen Programm geführt, das die Kommunisten in die nächste Sackgasse führte. Die logische Schlussfolgerung der Volksfronttaktik, die auf die Bildung einer bürgerlichen Demokratie und eines unabhängigen österreichischen Nationalstaates mit kapitalistischen Produktionsverhältnissen abzielte, bedeutete, dass die KPÖ nach der Befreiung vom Nationalsozialismus eine staatstragende Rolle spielen sollte. Gemeinsam mit SPÖ und ÖVP gründete sie die Zweite Republik und nahm in einer Konzentrationsregierung auch Ministerposten ein. Das zentrale Ziel des neuen Staates war der Wiederaufbau des österreichischen Kapitalismus. Schon 1944 beschloss die KP-Führung ein Manifest, das die Aufgabe einer künftigen österreichischen Regierung definierte. Es sei, „das rechtmäßig erworbene Privateigentum der Bauern, Gewerbetreibenden, Kaufleute, Unternehmer usw. zu schützen und ihre wirtschaftliche Privatinitiative zu ermuntern.“
Subjektiv waren damals sicherlich viele Kommunisten ehrlich überzeugt, dass dies nur eine relativ kurze Übergangsetappe auf dem Weg zum Sturz des Kapitalismus sei. Immerhin war die Rote Armee im Land. Ähnlich wie in Osteuropa könnte es zur Errichtung einer „Volksdemokratie“ kommen. Doch Stalin hatte für Österreich letztendlich andere Pläne und bevorzugte die ökonomische Eingliederung der Alpenrepublik in den Westen unter Wahrung militärischer Neutralität. Die KPÖ wurde in dieser Phase von großen Teilen der Bevölkerung als verlängerter Arm Moskaus gesehen. So lehnte die KPÖ anfangs sogar die Verstaatlichung der Schlüsselsektoren der Wirtschaft (Schwerindustrie, Energie, Banken) ab, weil diese Maßnahme u.a. gegen den direkten Zugriff der Sowjetunion auf die wirtschaftlichen Ressourcen gerichtet war.
ÖVP und SPÖ waren anfangs gezwungen, die KPÖ einzubinden. Doch schon nach kurzer Zeit setzten die Großparteien mit Unterstützung des Westens auf einen aggressiven Antikommunismus. Die unkritische Haltung der KPÖ gegenüber dem Stalinismus war natürlich ein gefundenes Fressen für die Bürgerlichen und die SPÖ. Die Partei verfügte aber nicht zuletzt aufgrund ihrer Rolle im Widerstand gegen die Nazis in der unmittelbaren Nachkriegszeit über eine stabile Verankerung in der Arbeiterklasse. Rund 10 Prozent der Betriebsarbeiterschaft wählte kommunistisch. In den Protesten gegen die Lohn-Preis-Abkommen, mit denen die Arbeiterklasse den Wiederaufbau finanzieren sollte, spielte die KPÖ – die mittlerweile in die Opposition gedrängt worden war – eine zentrale Rolle. Die Massenstreiks im Herbst 1950 gingen zwar ursprünglich nicht von den Kommunisten aus, sie übernahmen aber im Zuge der Bewegung dann doch eine führende Rolle. Auf die Niederlage des „Oktoberstreiks“ folgte eine beispiellose antikommunistische Hetze. Die Gewerkschaften und die SPÖ wurden politisch gesäubert, um so die Grundlage für die Sozialpartnerschaft zu legen.
Gegen den Strom
Von da an schwammen die Kommunisten ganz gegen den Strom. Der kapitalistische Aufschwung ab den 1950er Jahren legte die Basis für stabile soziale und politische Verhältnisse. Die Sozialpartnerschaft sorgte dafür, dass der Klassenkampf auf dem grünen Tisch ausgetragen wurde. Die Mehrheit der Arbeiterklasse sah keine Notwendigkeit, die Logik des Reformismus in Frage zu stellen, solange der eigene Lebensstandard stieg.
Fatal erwiesen sich für die KPÖ aber vor allem externe Schocks. Die Krise des Stalinismus in Osteuropa riss auch die KPÖ immer mehr nach unten. In Ungarn 1956 und der Tschechoslowakei 1968 kam es zu Massenerhebungen für einen „demokratischen Sozialismus“. In der KPÖ gab es durchaus viel Sympathie für die Budapester Arbeiterproteste und die Reformer im stalinistischen Lager. Doch im Endeffekt setzten sich immer die Stalinisten durch, die den harten Kurs von Moskau kritiklos verteidigten (nicht zuletzt deshalb, weil die Partei von den wirtschaftlichen Beziehungen ihrer Firmen nach Osteuropa abhängig war). Jede Krise des Stalinismus in Osteuropa kostete der KPÖ tausende aktive Mitglieder. Hier liegt der Ursprung dafür, dass sich die Linke nach 1968 in eine unüberschaubare Anzahl von Kleingruppen und Initiativen aufspaltete. Die, die trotz alledem weitermachten, beschränkten sich in der Folge auf die Kleinarbeit in der Kommunalpolitik, in sozialen Bewegungen oder als Betriebsrat. Mangels einer revolutionären Perspektive verloren sich diese Funktionäre mehr und mehr in einer reformistischen Logik.
Mit dem Fall der Berliner Mauer stand die Partei endgültig vor einem riesigen Scherbenhaufen. Die Folge war eine drei Jahrzehnte lange Todeskrise. Die Masseverwalter der KPÖ versuchten die kommunistische Tradition in eine „pluralistische Linke“ zu liquidieren. Genossen, die an der kommunistischen Identität der Partei festhielten, wurden schrittweise an den Rand und oft aus der Partei gedrängt. Erst mit der sich erneut zuspitzenden Krise des Kapitalismus international und dem Ausverkauf der Sozialdemokratie entstanden wieder gesellschaftliche Spielräume, in denen die KPÖ, wo sie systematische Arbeit machte, wieder (Wahl-)Erfolge erzielen konnte.
Doch der politische Reformismus, das Fehlen einer revolutionären und internationalistischen Perspektive, das Unverständnis für die Notwendigkeit marxistischer Theorie für eine kommunistische Klassenkampfpraxis stellen ein objektives Hindernis dar. Für einen neu aufgewärmten Reformismus, wie er von der „Europäischen Linken“ (den EU-KPen) vorangetrieben wird und ihn die heutige KPÖ-Spitze verkörpert, ist heute kein Platz.
Gerade angesichts der zugespitzten Krise des Kapitalismus, der wachsenden Widersprüche zwischen den imperialistischen Blöcken und der Klimakatastrophe braucht es eine revolutionär-kommunistische Perspektive. Wir stehen vor der Wahl: Kommunismus oder Barbarei. Nur eine sozialistische Revolution kann einen Ausweg aus all diesen Krisen weisen. Darauf müssen Kommunistinnen und Kommunisten politisch und organisatorisch orientieren und sich vorbereiten. Zu diesem Zweck gründen wir die Revolutionäre Kommunistische Partei.
(Funke Nr. 226/30.08.2024)