CIA und SPÖ

Wie sozialdemokratische Anti-Kommunismus-Schlägertrupps von der CIA hervorgebracht wurden, beweisen neue Dokumente. Von Stefan Wagner.
US-Präsident Trump gab zu Jahresbeginn 2025 tausende neue Akten im Mordfall John F. Kennedy frei, neue Erkenntnisse zu diesem Mordanschlag waren Mangelware. Für Österreich kamen aber interessante Details über einen CIA-Agenten zum Vorschein. John Witten war der Führungsoffizier des SPÖ-Gewerkschafters Franz Olah und dieser sein bester Mann für militärischen Anti-Kommunismus in Österreich.
Nach seiner Befreiung aus dem KZ wurde Olah aktiv in SPÖ und ÖGB. Als Sekretär der Bau-Holz-Gewerkschaft begann er schnell, ihm ergebene stramm-antikommunistische Gewerkschafter um sich zu sammeln. Auch knüpfte er Kontakte zum US-amerikanischen regierungstreuen Gewerkschaftsdachverband AFL. Die Bewährungsprobe kam für Olahs Schlägertrupps beim Oktoberstreik 1950, einer spontanen Massenstreikbewegung gegen die Teuerung. In der „Ostzone“ wurden mithilfe von Spenden von Unternehmern (u.a. Autos, Lastwagen und Sprit) und der CIA (Holzknüppel) Schockabteilungen aufgestellt, die einige bestreikte Betriebe vom angeblichen kommunistischen Putsch-Versuch „befreiten“.
Dies war Teil einer größeren Operation. Die CIA koordinierte nach dem 2. Weltkrieg in ganz Westeuropa umfangreiche Vorbereitungen für ein Sabotagenetzwerk („Stay Behind“). In Österreich bestand sie aus verschiedenen Agentennetzwerken und Olahs „Sonderprojekt“. Dieses bestand darin, dass die Schläger Olahs (mittlerweile ÖGB-Präsident) zu einem offiziellen CIA-Verband befördert wurden. Der Deckname lautete: GRDAGGER – „GR“ für Österreich und „Dagger“ (Dolch). Bereits ab 1948 hatte die CIA im Rahmen der „Operation Iceberg“ Waffenverstecke in Westösterreich und im Wienerwald angelegt. Nun wurden bis weit in die 1950er-Jahre hinein über 70 Waffendepots in ganz Österreich angelegt. Olahs GRDAGGER-Netzwerk – verdeckt unter dem Namen „Österreichischer Wander-, Sport- und Geselligkeitsverein“ – sollte den Kern (ca. 20-30 Leute) einer Terror-Truppe darstellen, die rasch auf einige tausend Terroristen anwachsen sollte. Grund für den Optimismus der CIA war die Größe Olahs ehemaliger Gewerkschaft. Die Olah-Truppe wurde auch im Guerilla-Kampf trainiert und über die AFL und eine Tarnfirma flossen CIA-Millionen. Das Projekt wurde auch nach dem Staatsvertrag 1955 weitergeführt, die endgültige Liquidierung des ÖWSGV erfolgte erst nach Olahs Abgang aus der Politik im Jahr 1967.
Zusammengenommen waren es ca. 50 Personen, die Anfang der 1950er Jahre den Grundstock von „Stay Behind“ in Österreich bildeten. Olahs „Sonderprojekt“ war allen wichtigen Entscheidungsträgern der SPÖ und des ÖGB bekannt.
Die Führung der SPÖ stand politisch für die Wiedererrichtung eines kapitalistischen Österreich und setzte diesen Standpunkt in der Arbeiterbewegung durch. Auch die stalinistische KPÖ hatte keinen Plan, sondern agierte auf rasch wechselnde geostrategisch motivierte Befehle Moskaus. So wurde die antikapitalistische Massenstimmung und Aktion der Arbeiterklasse wie in den anderen westeuropäischen Ländern auch politisch ins Nichts geleitet. Dass ein Flügel der SPÖ die Kapitalherrschaft notfalls auch mit militärischer Gewalt und Terror verteidigen wollte, war bisher nur eine fundierte Vermutung – durch die US-amerikanische Archivöffnung ist dieser Umstand nun historisch belegt.
(Funke Nr. 235/09.07.2025)