Aus einem Statement der KPÖ Tirol „KPÖ/KJÖ: Projekt solidarischen Miteinanders gescheitert“ entnehmen wir, dass die Landesleitung der KPÖ der Kommunistischen Jugend mit sofortiger Wirkung die Nutzung des Parteilokales untersagt.
Begründet wird dies mit einer Reihe von Gründen politischer Natur:
Die Haltung der KJÖ zum Stalinismus, die Lektüre von Stalintexten, die politische Kritik am Bundesvorstand der KPÖ, mangelnde organisatorische Unterstützung der KPÖ bei Wahlen sowie politische Meinungsäußerungen auf Facebook.
Wir halten fest, dass wir gegen jede Form von organisatorischen Maßnahmen eintreten, die die Demokratie und Meinungsfreiheit innerhalb der Arbeiterbewegung und ihrer Organisationen beschränken. Der Kampf um den Sozialismus und die Überwindung der bürgerlichen Klassenherrschaft erfordert maximale Demokratie und Kritikfähigkeit innerhalb der Arbeiterbewegung. Der Druck der bürgerlichen Ordnung führt dazu, dass auch in Organisationen mit einem revolutionären Anspruch Fehler gemacht und korrigiert werden müssen, damit diese Fehler nicht zur Degeneration der Organisation führen. Jede Einschränkung der innerorganisatorischen Demokratie schwächt daher die revolutionäre Bewegung und dient der Stärkung der kapitalistischen Ordnung. Als besonders skandalös empfinden wir, dass die am Parteitag vorgetragene Kritik am Bundesvorstand als Grund für die organisatorischen Maßnahmen gegen die Kommunistische Jugend Innsbruck angeführt wird.
Der Parteitag und seine Vorbereitungszeit sind im bolschewistischen Partei-Verständnis der Zeitpunkt maximaler Demokratie und Meinungsfreiheit und bietet den Delegierten die Möglichkeit die Tagespolitik und die Führung der Partei direkt herauszufordern. Dieses Verständnis scheint der KPÖ völlig fremd zu sein. Hier werden Delegierte für die freie Ausübung ihres Mandats im Nachhinein gemaßregelt.
Ein notwendiger historischer Exkurs
Dies ist für uns ein Hinweis darauf, dass die KPÖ selbst die geforderte Aufarbeitung des Stalinismus vielleicht in Worten, aber nicht in der Praxis geleistet hat. Verschämt wird von der KPÖ Tirol anerkannt, das „System des Realsozialismus habe seine emanzipatorische Kraft eingebüsst“. Ebenso verschämt wird aber verschwiegen, worin sich die „emanzipatorische Kraft“ aufgelöst hat. Aus unserer Sicht ist dies den historisch gegebenen Umständen geschuldet, die zu einer Verschiebung der sozialen Basis des nachrevolutionären Staatsapparates von der Arbeiterklasse hin zur Staatsbürokratie geführt hatte. Davon war nicht nur die soziale und politische Entwicklung der Sowjetunion betroffen, sondern auch die Ideologie, Strategie und Taktik der kommunistischen Bewegung nach Lenin. Der von der KPÖ Tirol als notwendig erachtete „revolutionäre Umbruch“ konnte (abgesehen vom Sonderfall Osteuropas, wo durch den Vormarsch der Roten Armee materielle Tatsachen geschaffen wurden) weder unter der Führung Stalins (China 1929, Spanien 1931-37) noch einer seiner Epigonen in einem einzigen Land der Welt erzielt werden. Siegreiche Revolutionen (Jugoslawien, China 1949, Kuba 1959) fanden entgegen der Perspektiven, des Willens und der Methoden der sowjetischen (und teilweise auch der eigenen) Führung statt.
Die nationale und in der Folge reformistische Degeneration der kommunistischen Weltbewegung unter der Führerschaft Stalins lähmt bis heute die politische Artikulation der weltweiten Arbeiterbewegung. Viele der einst stolzen kommunistischen Parteien haben sich in sozialdemokratische und teilweise sogar offen bürgerliche Parteien gewandelt. Dabei sei erwähnt, dass die eurokommunistische Tradition, an der diese Linksparteien heute anknüpfen, selbst ein Produkt des Stalinismus ist. Das Extrembeispiel sehen wir in Italien im Werdegang der KP Italiens über die Partei des Demokratischen Sozialismus, später die Linksdemokraten zur heutigen Demokratischen Partei; nur ein kleiner Teil behielt seine Orientierung als Partei der Arbeiterklasse bei.
Die KJÖ hat im Zerfallsprozess des österreichischen Stalinismus ihre generelle Orientierung auf eine revolutionäre Perspektive und die Arbeiterklasse behalten. Damit spielt sie in der Praxis eine fortschrittlichere Rolle als jene Teile der kommunistischen Bewegung, die sich in Worten vom Stalinismus abgrenzen und sich gleichzeitig aber stalinistischen Methoden bedienen, um den innerorganisatorischen Widerstand gegen die eigene reformistische Politik zu unterbinden. Die Antwort auf den Stalinismus ist nicht die Aufgabe des Kommunismus.
Volle Solidarität mit der KJÖ!
Nur eine Parteiführung, der es an politischer Autorität mangelt und die für kein tragfähiges politisches Projekt steht, greift gegen eine innerorganisatorische Opposition zu bürokratischen Maßnahmen, wie es die KPÖ Tirol nun tut.
Konkret bedeutet dieser Schritt, dass das Parteilokal nun leer stehen wird, während die stärkste linke Kraft in der Innsbrucker Jugend auf der Straße steht. Dies ist ein absolut unerträglicher Umstand.
Wir weisen darauf hin, dass dieses Lokal nicht das Resultat der lebendigen politischen Arbeit der jetzigen KPÖ-Führung ist, sondern ein kleiner Rest eines einst großen materiellen Erbes, von dem man lebt, aber das man politisch nicht aufgearbeitet hat.
Wir rufen die Leitung der KPÖ Tirol auf, ihre Maßnahme zurückzunehmen und politische Konflikte in Zukunft politisch auszutragen.
Die Funke-Redaktion