Ein Kommentar zu den Protesten der Refugee-Bewegung, die seit Wochen die Votivkirche besetzt halten und für eine menschenwürdige Behandlung von AsylwerberInnen protestieren, von Yola Kipcak.
Seit mehr als zwei Monaten protestieren Flüchtlinge in Wien gegen die Asylpolitik Österreichs und der EU. Ein Vorbild finden sie dabei in ähnlichen Protestbewegungen etwa in den Niederlanden und Deutschland. Die wichtigsten ihrer Forderungen sind neben menschenwürdiger Unterbringung, Stopp der Abschiebungen und schnelleren Asylverfahren auch das Recht zu arbeiten und die Möglichkeit auf Deutschkurse. „Wir wollen keine Almosen, wir wollen arbeiten und unsere Steuern zahlen“, sagt Khan Atalah, einer der Protestierenden.
Am 24. November marschierten 70 Asylwerber vom völlig überfüllten Flüchtlingslager in Traiskirchen bis zum Votivpark in Wien und bauten dort ein Protestcamp auf. Die Politik war von Anfang an darauf bedacht, diese Proteste zum Schweigen zu bringen, etwa indem etliche Flüchtlinge in abgelegene Heime umgesiedelt werden sollten. Der ganze Diskurs wird dabei steril aus innenpolitischer Sicht geführt. Es wird außer Acht gelassen, aus welchen Bedingungen die Asylwerbenden aus ihrer Heimat fliehen mussten: Ein Großteil von ihnen wird dort politisch verfolgt. Viele der AktivistInnen kommen etwa aus dem Swat-Tal, jener Region in Pakistan, die erst vor kurzem wegen eines Attentats der Taliban auf die 14-jährigen Aktivistin für Mädchen- und Frauenrechte Malala in die Schlagzeilen geraten war. Eine Region, in der ein normales Leben zwischen den Drohnenangriffen der NATO, der korrupten Regierung und den mittelalterlich herrschenden Taliban kaum möglich ist. Viele Menschen sehen keine andere Wahl, als in direkter Folge dieser Politik ihr Umfeld zurückzulassen und in einem fremden Land einen Neuanfang zu wagen. Dies wird ihnen aber so schwer wie nur irgendwie möglich gemacht.
Seit Wochen wird von verschiedensten Seiten versucht, die Initiative der Refugees zu diskreditieren und zu kriminalisieren. Wegen wiederholten Durchsuchungen durch die Polizei (oftmals aufgrund von Anzeigen wegen vermuteten Waffenbesitzes – die sich stets als Falschinformation entpuppten) flohen die Protestierenden Mitte Dezember in die Votivkirche. Nach gescheiterten Gesprächen mit Vertretern der Ministerien traten die Refugees schließlich am 22. Dezember in den Hungerstreik, der nun bereits seit einem Monat von 40 Flüchtlingen, die nicht verhaftet oder abgeschoben wurden, durchgehalten wird. Die Repressionen gipfelten in einer nächtlichen Räumungsaktion am 28. Dezember, in der die Polizei mit Baggern die Zelte abriss und mehrere Aktivisten festnahm. Die Regierung will sich indes die Hände nicht schmutzig machen und streitet jegliche Beteiligung ab. Derzeit prüft die Volksanwaltschaft die Rechtmäßigkeit des polizeilichen Vorgehens.
Eines haben die AktivistInnen schon jetzt erreicht: Die Öffentlichkeit kann nicht umhin, ihnen Aufmerksamkeit zu widmen, nachdem sie eine Existenz am Rande der österreichischen Gesellschaft führen mussten und müssen, nachdem ihnen durch Unterdrückung, Verfolgung und Ausbeutung ein Leben in ihrer Heimat verunmöglicht wird. Etliche Organisationen solidarisieren sich mit den Protesten und es gab einige größere Demonstrationen. Wir unterstützen den Protest der Refugees und ihre Forderungen voll und ganz. Doch wir sind uns bewusst, dass das Leid der AsylwerberInnen nur der Ausdruck ist für eine Welt, die von imperialistischer Unterdrückung, Ausbeutung und Krieg gekennzeichnet ist. Deswegen sehen wir neben dem Kampf um konkrete Verbesserungen unsere Aufgabe vor allem in der Verknüpfung der Kämpfe in der entwickelten Welt wie Österreich mit den Kämpfen in den Heimatländern der Flüchtlinge. Hoch die internationale Solidarität!
Groß-Demo „We demand our rights- Gleiche Rechte für alle“
Sa., 16. Februar 2013
14 Uhr
Westbahnhof