Die FPÖ startet als Topfavoritin ins Superwahljahr 2024. Ein „Volkskanzler“ Kickl macht angesichts von stabil 30% in den Umfragen vielen Angst. Wer blaue Wahlsiege verhindern will, muss sich zuallererst die Frage stellen, wie die FPÖ schon wieder so stark werden konnte. Von Konstantin Korn.
Die Krise des Kapitalismus vertieft sich und manifestiert sich auf allen Ebenen der Gesellschaft. Alle politischen Kräfte, die diese Krise auf der Grundlage des Profitsystems verwalten wollen und in diesem Sinne „Verantwortung“ im Staat übernehmen, sind selbst in der Krise. Das gilt für die Regierungsparteien, aber auch die Sozialdemokratie, die formell in Opposition zur Regierung steht.
Die Krise der bürgerlichen Demokratie eröffnete gewaltige Spielräume für die FPÖ, die von Kickl auf einen strammen Oppositionskurs ausgerichtet wurde. Vor allem während Corona konnte Kickl mit seiner Ablehnung der Impfpflicht punkten und in allen Schichten und Klassen eine stabile Anhängerschaft sammeln. In der Frage des Ukraine-Krieges stellte sie sich als einzige Partei gegen die westliche Sanktionspolitik und sie betont ihre Unterstützung für die populäre „Neutralität“. Die FPÖ steht damit in den Augen vieler wieder für „konsequente Opposition“, eine Kraft, die „gegen die Eliten“ auftritt.
Gerade die sozialpartnerschaftliche Politik der SPÖ und der Gewerkschaften ermöglicht, dass auch relevante Teile der Arbeiterschaft blau wählen. Das sind nicht immer die politisch Indifferenten in den Belegschaften, sondern auch die Wütenden und Streikwilligen, die die FPÖ nützen wollen, um „denen da oben“ eines auszuwischen.
Bürgerliche Partei
Die FPÖ ist aber seit ihrer Gründung eine Partei, die ihre Wurzeln im großdeutschen Bürgertum und Kleinbürgertum hatte, das in den 1930ern mit wehenden Fahnen zu den Nazis überlief. Dieses „Dritte Lager“ hat sich in der Zweiten Republik in der FPÖ neu gesammelt. Im Zuge der Umbrüche der späten 1980er und v.a. 1990er Jahre ist die FPÖ aus dieser Nische herausgewachsen.
Dabei blieb sie jedoch immer eine reaktionäre bürgerliche Partei, deren zentrale politische Linie die Spaltung der Arbeiterklasse zur Steigerung der Ausbeutung der Arbeiterklasse ist: Inländer gegen Ausländer, „Normale“ gegen die LGBT-Community, Autofahrer gegen Klimaschützer, Schnitzelliebhaber gegen Veganer usw. Solche Kulturkämpfe entwaffnen die Arbeiterbewegung ideologisch und schwächen sie praktisch. An der Regierung hat die FPÖ ihre soziale Demagogie stets abgeworfen und durch blanken staatlichen Rassismus und Sozialabbau ersetzt. Wir Kommunisten bekämpfen den Einfluss der FPÖ in der Arbeiterbewegung daher entschieden.
Die liberale Kritik an der FPÖ ignoriert diese Klassenaspekte weitgehend. Stattdessen führt sie Sorgen um die „Demokratie“ ins Feld. „Kickls ‚System‘ ist der autoritäre Unrechtsstaat. Wenn er sich durchsetzt, ist jede demokratische Errungenschaft dahin“, schreibt etwa DerStandard. Solche Darstellungen sind falsch und damit nutzlos um eine korrekte Politik der Arbeiterbewegung zu entwickeln. Doch gerade die Frage, wie man die FPÖ bekämpft, ist von entscheidender Bedeutung für die Arbeiterklasse.
Klassenkampf statt „Kleineres Übel“
Auch die herrschenden Klasse steht mehrheitlich gegen eine „Kickl-FPÖ“-Regierung, insbesondere aufgrund ihrer Haltungen zu Russlandsanktionen, den EU-Institutionen aber auch wegen Kickl selbst. Daher wird Druck aufgebaut, notfalls eine breite Allianz zur Verhinderung von Kickl zu bilden.
Die tiefsitzende Logik des „kleineren Übels“ feiert so ein Comeback. Diese politische Taktik besagt, dass man mit allen Mitteln die FPÖ verhindern muss, und man daher als Arbeiterpartei soziale Verschlechterungen akzeptieren muss, um die „Demokratie zu retten“. Eine solche Herangehensweise dient aber in erster Linie der Entwaffnung der Arbeiterbewegung, wie die Praxis schon oft bewies: Jede soziale Verschlechterung muss akzeptiert werden, nur um die „Demokratie vor Kickl zu retten“. Das bedeutet aber nur eine Fortsetzung der Politik, die ständig neues Wasser auf die Mühlen der FPÖ lenkt und die Arbeiterklasse weiter schwächt.
Wir müssen dem entgegenhalten, dass die FPÖ nur deshalb stark ist, weil die reformistischen Führungen keine klassenkämpferische Politik machen. Ohne eine klassenkämpferische Bewegung, die einen revolutionären Ausweg aus der kapitalistischen Sackgasse weist, können wir die Rechten nicht besiegen.
(Funke Nr. 220/26.1.2024)