Am 10. Mai hat der Landesvorstand der GdG das Gehaltsangebot der Landesregierung mit großer Mehrheit angenommen. Die Mindervalorisierung (1%-Lohnkürzung gegenüber dem Abschluss im öffentlichen Dienst, die seit 1.1.2012 wirkt) wurde somit von der Gewerkschaft kampflos akzeptiert.
Ab 2013 sollen alle Bediensteten, die unter 2000 Euro brutto verdienen, eine Lohnerhöhung von 1% erhalten. Alle die darüber liegen, erhalten maximal 20 Euro pro Monat. Damit ist auch schon für das nächste Jahr ein deutlicher Realeinkommensverlust sicher.
Den folgenden Text haben wir nach Bekanntwerden des Verhandlungsergebnisses am AKh Linz verbreitet. Aus unserer Sicht hätte der Landesvorstand, der über das Verhandlungsergebnis noch diskutieren und abstimmen musste, folgende Resolution verabschieden sollen:
• Der GdG-Landesvorstand lehnt das Gehaltsangebot des Landeshauptmanns als unzureichend ab.
• Das Angebot beinhaltet keine (nicht einmal teilweise) Rückvergütung der Lohnverluste, die durch die Mindervalorisierung seit Februar für das ganze Jahr 2012 entstehen.
• Außerdem soll uns das Angebot die Hände knebeln und uns schon jetzt auf einen Lohnabschluss von lediglich einem Prozent (außerdem nur bis 2000 brutto) für das Jahr 2013 festlegen.
• Angesichts unserer Überzeugung, dass nicht wir Arbeitnehmer für die Krise zu zahlen haben, können wir keinem Angebot zustimmen, das uns angesichts der gegebenen Inflationsraten (März 2012: 2,4%, Statistik Austria) zwei Jahre lang (2012 und 2013) Reallohnverluste beschert.
• Daher müssen wir uns eingestehen, dass die Streikabsage ein Fehler war.
• Ebenso müssen wir aber auch der Tatsache ins Auge sehen, dass wir erst dann wieder voll streikbereit sein werden, wenn wir das letzte halbe Jahr in einer intensiven gewerkschaftsinternen Diskussion aufarbeiten.
• Der Landesvorstand hält fest, dass sich für eine demokratische und geordnete gewerkschaftsinterne Diskussion am besten eine außerordentliche Landeskonferenz der GdG eignen würde.
• An den Landeshauptmann richtet der Landesvorstand die Forderung für neue Gehaltsverhandlungen im November 2012.
Zum Nachlesen (aus der Funke-Ausgabe Nr. 109, Mai 2012)
Aus der Niederlage lernen
Bilanz über den in letzter Minute abgesagten Streik der Gemeindebediensteten zieht Martin Wieland.
Seit Februar 2012 müssen alle öffentlichen Bediensteten in Oberösterreich eine Lohnkürzung um einen Prozentpunkt gegenüber den Bundesbediensteten hinnehmen. Unser Arbeitskampf gegen diese sogenannte Mindervalorisierung lief über ein gutes halbes Jahr (wir berichteten) und endete am 27. März in einer hausgemachten Niederlage: Wir scheiterten nicht am Gegner, der einen längeren Atem bewies, sondern an unserer eigenen Gewerkschaftsführung, die völlig unbegründet einen Tag vor Streikbeginn zum Rückzug blies.
Denn spätestens seit dem 16. April wissen wir sicher, was wir vorher schon ahnten: Landeshauptmann Pühringer hat durch die Streikabsage nun ein leichtes Spiel mit uns, weil er weiß, dass die GdG einem echten Arbeitskampf aus dem Weg geht. Von einer Abgeltung der Lohnverluste, die durch die Mindervalorisierung entstehen, ist keine Rede mehr. Indem die GdG-Führung rund um Norbert Haudum dieses eigentliche Kampfziel in ihren Aussendungen ebenfalls kaum mehr erwähnt, spielt sie dieses widerwärtige Spiel mit. Sie hält sich wie ein Ertrinkender verzweifelt an dem Strohhalm fest, dass Pühringer versprochen hat, zumindest für Niedrigverdiener keine Nulllohnrunde für 2013 zu planen. Der nächste Verhandlungstermin ist für Mitte Mai festgesetzt. Sowohl Pühringer als auch die GdG-Führung hoffen also, dass sich der Unmut und der Zorn der Belegschaften im Sand verlaufen.
Wir müssen ohne Selbstbetrug der Tatsache ins Auge sehen, dass die GdG-Führung mit ihrer undemokratischen Streikabsage via Telefonumfrage dem Arbeitskampf das Genick gebrochen hat. Doch geschlagene Armeen haben stets die Chance, aus ihrer Niederlage zu lernen. Stellen wir einmal unsere Frustration über die Niederlage und unsere Abscheu über die Methoden der GdG-Führung beiseite und betrachten nüchtern, was sich bisher ereignet hat.
Eine bemerkenswerte Tatsache sticht da ins Auge: Unsere Gewerkschaftsführung hat ungewöhnlich lange gebraucht, den Arbeitskampf abzudrehen. Außerdem wurde ihr aufgezwungen, zumindest eine Zeit lang nach außen hin glaubhaft einen Streik zu organisieren. Die GdG stand für einige Wochen im Zentrum der Aufmerksamkeit der oberösterreichischen Gewerkschaftsbewegung. Hier schien sich endlich ernsthafter Widerstand gegen das Abladen der Krise auf unsere Schultern herauszubilden.
Wie konnte es überhaupt soweit kommen? Die Schlüsselrolle spielte der Vertrauenspersonenausschuss (VPA) des AKh Linz. Er besteht aus rund 80 Personen und steht allen offen. Diese Kollegen sind direkt in den Stationen verankert und spiegeln die Stimmung der Belegschaft gut wider. Gestärkt durch die Entschlossenheit des VPA, spielten die AKh-Betriebsräte im GdG-Landesvorstand eine Zeit lang erfolgreich die Rolle einer vorwärtstreibenden Kraft, die den Rest der Delegierten überzeugte und so Mehrheiten für einen kämpferischen Kurs errang (Der Funke berichtete). Ein wichtiges Element in diesen Diskussionen war dabei das Einbringen von schriftlichen Resolutionen, über die abgestimmt werden musste. So erhielten die Ergebnisse der Diskussionen die notwendige Verbindlichkeit, ohne die es keinen ernsthaft geführten Arbeitskampf geben kann.
Doch letztlich setzte sich die Spitze der GdG über alle demokratisch gefassten Beschlüsse hinweg. Eine vom AKh im Landesvorstand eingebrachte Resolution hatte festgelegt, dass nur der Landesvorstand den Streik absagen würde können. Anstatt aber den 60-köpfigen Landesvorstand zusammentreten zu lassen, bediente sich Haudum des Tricks der Telefonumfrage. Jeder Delegierte wurde einzeln dazu befragt, ob er für die Streikabsage sei. Niemand wusste, wie die anderen Delegierten darüber denken. Eine kollektive Diskussion über einen möglichen Streikabbruch wäre für Haudum zu riskant gewesen.
Die in den letzten Monaten in der GdG entstandene Opposition gegen die Führung steckt noch in den Kinderschuhen. Sie ist noch zu spontan, zu wenig von sich selbst überzeugt und zu sehr von Stimmungen des Augenblicks beherrscht. Mit einem Wort: Sie ist noch in keiner Weise organisiert. Ohne einer solchen organisierten Opposition, die sich zum Ziel setzt, auf einer zukünftigen Landeskonferenz ein alternatives, kämpferisches Gewerkschaftsprogramm für die GdG durchzusetzen und die um die Führung der GdG kämpft, werden wir immer wieder an unserer Gewerkschaftsführung scheitern.
Noch ist die Niederlage nicht verdaut. So groß war die Enttäuschung am Tag der Streikabsage, dass sich die Kollegen zu keiner Aktion – wie z.B. einem öffentlichen Protest gegen die GdG-Landesführung – aufraffen konnten. Immerhin wurde auf einer Betriebsversammlung einstimmig eine Resolution beschlossen, welche die Streikabsage unmissverständlich verurteilte. Doch die darauf folgenden Tage und Wochen haben gezeigt, dass die gesamte GdG in einer Art Fassungslosigkeit erstarrt ist, während das Präsidium seine fruchtlosen Verhandlungen mit Pühringer führt. Niemand fordert momentan das einzig Richtige: die Einberufung eines Landesvorstands, der mit der illegitimen Streikabsage abrechnet. Darum besteht im jetzigen Augenblick die Hauptaufgabe jedes kämpferischen Gewerkschaftsaktivisten darin, die Demoralisierung in den eigenen Reihen zu überwinden. Sich jetzt ins Privatleben zurückzuziehen oder aus der Gewerkschaft auszutreten, hilft niemandem.
Die allgemeine politische und wirtschaftliche Lage wird unweigerlich neue Einsparungen mit sich bringen. Wir werden erneut vor die Herausforderung gestellt werden, die GdG zu unserem Kampfinstrument zu machen. Wir können die jetzige GdG-Führung nur loswerden, wenn wir aktiv bleiben und mit den Erfahrungen der letzten Monate für einen neuen Kurs kämpfen.
Wir müssen aus der Niederlage lernen und Bilanz ziehen. Welche Fehler wurden etwa am AKh im Zuge der Streikvorbereitung gemacht? Viele gaben sich der Illusion hin, wir könnten den Streik von oben nach unten in Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung und den Primaren vorbereiten. Die Erfahrung hingegen lehrte uns, dass die Geschäftsführung die Streikvorbereitungen unterlaufen hat. Sie streute bereits Tage vor der Absage durch die Gewerkschaftsführung Gerüchte, dass der Streik nicht stattfinden würde. Dies zeigt uns, dass ein Streik nur von unten nach oben organisiert werden kann. Zäumen wir daher beim nächsten Streik das Pferd von dieser richtigen Seite auf, indem wir auf jeder Station und in jeder Abteilung Streikversammlungen organisieren, bevor wir mit der Geschäftsführung oder den Primaren sprechen. Diese Versammlungen legen schriftlich fest, in welchem Umfang der Betrieb im jeweiligen Bereich durch die Streikbeteiligung der Kollegen eingeschränkt wird. Die Koordinierung erfolgt dann über den Vertrauenspersonenausschuss. Erst wenn all dies erfolgt ist, werden die Leitungsgremien des Hauses über das Ausmaß des Streiks schriftlich informiert.
Die Methode der kollektiven Diskussion und Aktion im Widerstand gegen Verschlechterungen müssen wir auch in allen anderen wichtigen betriebsinternen Auseinandersetzungen anwenden. Eine erste Gelegenheit, neue Wege zu gehen, drängt sich im AKh schon förmlich auf. Denn als unmittelbares Ergebnis der Spitalsreform wird von Seiten der Geschäftsführung an allen Ecken und Enden versucht, die Arbeit zu intensivieren. Momentan steht hier das Pflegepersonal in der zentralen Schusslinie. Es soll in großem Umfang zeitraubende medizinische Tätigkeiten übernehmen. Solche Angriffe auf unsere Arbeitsbedingungen müssen wir durch Betriebsversammlungen und öffentliche Aktionen zum Thema der gesamten Belegschaft machen.
Doch neben der laufenden Arbeit müssen wir Gewerkschaftsaktivisten die Zeit nutzen und gemeinsam mit den Kollegen aus unseren Betrieben ein kämpferisches Programm für die gesamte GdG erarbeiten. Das Programm muss eine Anleitung sein, wie Arbeitskämpfe geführt und Entscheidungen gefällt werden sollen. Und es wird sich damit auseinandersetzen müssen, was wir der allgemeinen Sparlogik entgegenstellen können.
Für dieses neue Programm müssen wir dann innerhalb der gesamten GdG eintreten. Unter allen Unterstützern des Programms gilt es eine regelmäßige Diskussion darüber zu organisieren, wie sich die GdG in künftigen Auseinandersetzungen verhalten soll. Beim nächsten Mal werden wir nicht mehr wehrlos dem Verrat zusehen müssen. An diesem Ziel gilt es mit aller Entschlossenheit, aber angesichts der momentanen Niederlage auch mit aller Geduld, festzuhalten.
Der Autor ist Mitglied des Vertrauenspersonenausschuss im AKh Linz