Jesus oder Kommunismus? – Geschichten aus der Gastro – Ihre Moral und unsere – „Bischt Kommunischt?“
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Jesus oder Kommunismus?
Bei einer Plakatierrunde ergab sich folgendes Gespräch.
In einem Park sitzt ein junger Mann auf einer Bank mit einer Bierdose. Wir kleben neben ihm Sticker auf den Mistkübel und er fragt uns, was wir da machen. Es entsteht ein Gespräch, er sagt er ist aus Georgien und arbeitslos. Er sagt Kommunismus und Kapitalismus sind beide gleich scheiße und es wird sich sowieso nichts ändern, beides ist nur eine Diktatur. Jedes Gegenargument prallt an ihm ab, man kann seine Hoffnungslosigkeit förmlich spüren. Er sagt, er glaubt eigentlich nur mehr an Jesus. Deswegen interessiert er sich nicht mehr für Politik oder dafür die Welt zu verändern. Es bringt eh nichts. Jesus wird irgendwann zurück kommen und dann wird sich vielleicht etwas ändern. Bis dahin sollen sich die Sklaven ihren Herren fügen, hat er gesagt.
Ein Genosse beginnt mit ihm über Jesus zu diskutieren, aber man merkt, dass es nichts bringt. Jedes Gegenargument bestärkt ihn eigentlich nur. Ein zweiter Genosse sagt dann: „Ja, das gefällt den Reichen und Mächtigen sicher wenn du so denkst, so Leute wie Jeff Bezos oder irgendwelche Ölkonzerne, die alles bestimmen in unserer Gesellschaft, die freuen sich sehr, wenn du denkst: Ja denen muss ich mich fügen, da kann man sowieso nichts daran ändern, ich warte auf Jesus.“
Plötzlich bekommt er große Augen und man bemerkt, wie das Eis zu brechen beginnt. Wir erzählen ihm, dass wir seinen Glauben respektieren, aber dass wir nicht dieser Meinung sind, sondern dass wir die Gesellschaft schon verändern können, dass die Arbeiter diejenigen sind, die den Reichtum erzeugen in unserer Welt und dass, wenn sie das einmal verstehen, sich die Dinge sehr schnell verändern werden.
Unser Gegenüber ist jetzt wie ausgewechselt. Er fragt, ob man denn bei uns Mitglied werden kann. Er kauft uns die Zeitung, die er zuerst nicht wollte, um 6€ ab, schüttelt jedem von uns die Hand. Er gibt uns seine Telefonnummer und sagt zu, auf unser nächstes Treffen zu kommen.
„Religion ist das Opium des Volkes“ aber auch „der Seufzer der bedrängten Kreatur“. Es bringt nichts, einem Arbeiter seine Religion ausreden zu wollen, wenn es der letzte Strohhalm ist, an den er sich klammert. Aber wenn man seinen Blick hebt, ihm eine Perspektive gibt, ihm seine Kraft klar macht, dann ist es ganz schnell nur mehr das – ein Strohhalm.
Stefan (Linz)
Geschichten aus der Gastro
Ich bin jetzt im 4. Lehrjahr der Ausbildung zum Gastronomiefachmann (Doppellehre). Die Gastronomie funktioniert von den Positionen und der Dynamik her wie das Militär, es gibt eine ganz klare Rangordnung, die nicht infrage zu stellen ist und eine Befehlskette, die es um jeden Preis einzuhalten gilt. Dieses Umfeld in Kombination mit konstanter psychischer Belastung und täglichen Überstunden führt selbstverständlich zu einem eher unangenehmen Arbeitsklima, in dem kein Platz für Menschlichkeit bleibt.
So kam es zum Beispiel dazu, dass ich mir einmal im Stress die Spitze meines Fingers mit dem Messer abtrennte. Ich ging zu meinem Vorgesetzten und berichtete ihm über die Situation. Seine Reaktion bestand aber nicht darin, mir zu helfen, die Wunde zu verarzten oder erste Hilfe zu leisten. Er sagte nur, ich solle aufhören, mich wie eine Frau zu verhalten, mir gefälligst einfach schnell einen Gummihandschuh anziehen und weiterarbeiten. Auf meine Frage, ob ich mir das nicht im Krankenhaus anschauen lassen sollte, kam nur ein: „Das kannst du dann machen, wenn du hier fertig bist!“
Ein Berufschulkollege muss jeden Tag 12 Stunden arbeiten, teilweise für drei Wochen am Stück ohne einen einzigen freien Tag und das im zweiten Lehrjahr. Wenn er Fehler macht, wird er mit Schneidbrettern beworfen und wenn er schwächelt und verzweifelt, sagen ihm seine Chefs nur: „Nicht jeder ist für die Gastro gemacht. Wenn du zu weich dafür bist, kannst du dir ja was anderes suchen.“
In der Gastro geht es bei der Lehre nur selten um Ausbildung, sondern eher um billige Arbeitskräfte, die man gut ausbeuten kann, da sie keine Erfahrung mit der Arbeitswelt haben und das spüren wir jeden Tag.
Elias (Wien)
Ihre Moral und unsere
Der Betriebsrat eines Medizinbedarf-Unternehmens hatte das Volksstimmefest betriebsintern beworben. Seitens der Geschäftsleitung gingen die Wogen hoch: Die Firma mache Besorgungen für UNO, UNHCR u.ä., da müsse man stets politisch neutral nach außen auftreten. Und man könne doch kein von der KPÖ veranstaltetes Event propagieren! Das sei eine Beleidigung für alle OsteuropäerInnen in der Firma!
Eine Managerin wurde beauftragt, dies dem BR zu erklären.
Alle aus der Firma, die davon zu hören bekamen, meinten: come on, who cares! Der BR sollte das machen dürfen. Und außerdem: Der Geschäftsführer der Firma verbreitete über Social Media unter seinem Namen Bilder von sich und Nehammer, als Teil einer Wirtschaftsdelegation in Afrika. Ist das keine indirekte politische Parteiergreifung für die ÖVP?
Letztlich war es eine Offenlegung der Doppelmoral der Geschäftsführung und für die beteiligten KollegInnen amüsant, die sich hinter dem Rücken der Geschäftsführung über diese lustig machten: Regeln müssen für Bosse und Angestellte gleichermaßen gelten!
Markus (Wien)
„Bischt Kommunischt?“
Wie in so vielen Orten werden auch im Vorarlberger Kennelbach, einer kleinen Industriegemeinde neben Bregenz, unsere Sticker „Bist du Kommunist“ schneller entfernt, als andere Sticker zuvor. Nie waren Mülleimer, Laternenmasten usw. so sauber wie jetzt.
Dank der Größe des Ortes konnte die Ursache für diese plötzliche Reinlichkeit rasch gefunden werden. Ein beim Bauhof angestellter Bauer und FPÖler fragte unseren Vermieter beim Einkaufen, wer die Kommunisten in seinem Haus seien (auf der Garage hängt ein Plakat) und dass er sie anzeigen werde. Der Vermieter, ein alter Linker, antwortete, er sei selbst Kommunist.
Tatsächlich gibt es hier nicht nur einen Kommunisten. Zahlreiche Funke-Unterstützer leben hier oder stammen von hier, einem Ort in dem stets Industrielle und Großbauern die Politik bestimmt haben. Dem treten wir entgegen und fordern jeden Genossen, der von hier stammt oder sich solidarisch zeigen will, auf, sich mit den Kennelbacher Kommunisten zu solidarisieren!
Kurt (Kennelbach)
Funke Nr. 217 (26.9.2023)