Der ÖGB, die Fachgewerkschaften, die Arbeiterkammer und die Ärztekammer haben sich rund um die Kampagne „Offensive Gesundheit“ zusammengeschlossen. Mit einem Strukturprogramm und sechs Forderungen appellieren sie an den Gesundheitsminister und die gesamte Regierung.
Ziel der Plattform ist die Aufrechterhaltung eines schlagkräftigen Gesundheits- und Pflegesystems. Um das zu erreichen haben die sieben eingebundenen Institutionen (Arbeiterkammer, Kurie der angestellten Ärzte der Ärztekammer, Gewerkschaften GÖD, GPA-djp, vida, younion HGII sowie die der ÖGB) ein gemeinsames Programm erarbeitet. Gefordert werden:
- mehr Personal auf Basis einer bundeseinheitlichen Methode zur Personalbedarfsberechnung, bei der auch Ausfallszeiten berücksichtigt werden (z.B. Urlaub, Fortbildung, Krankenstand, Schwangerschaft und Karenz). Festlegung der Mindeststandards für den Personalbedarf.
- Einbindung der Vertretungsinstitutionen in die Reformprozesse
- Eine Aus- und Weiterbildungsoffensive für die Gesundheitsberufe
- Gegen den „Rotstift“ – für Aufstockung der budgetären Mittel
- Verbesserung der Arbeitsbedingungen (bessere Arbeitszeitmodelle, Dienstplansicherheit, …) sowie Gehaltssteigerungen für BerufseinsteigerInnen
- Regionale Material- und Ressourcenengpässe müssen zukünftig mittels eines zentralen Managements um jeden Preis vermieden werden.
Diese gemeinsame Initiative setzt an zentralen und konkreten Problemen des Gesundheitssystems an. Schon die vida-Kampagne „mehr von uns ist besser für alle“, die im Vorfeld der letzten Kollektivvertragsverhandlungen für die Privatspitäler geführt wurde, thematisierte die permanente personelle Unterbesetzung im Gesundheitswesen (wir berichteten/Funke Nr. 177). Auch der Corona-Erfahrung mit fehlender Schutzausrüstung wird hier programmatisch mit der Forderung nach zentraler Ressourcenplanung begegnet.
Nicht nur Bittsteller sein
Der Strukturplan der „Offensive Gesundheit“ wurde im Rahmen einer PR-Aktion Anfang Juli an Gesundheitsminister Anschober übergeben. Der Plan soll „das Bundesministerium inhaltlich mit Argumenten und Umsetzungsvorschlägen unterstützen.“ In Wirklichkeit sind die sechs ausformulierten Forderungen also Bitten an die Regierung, ihre Finanzierungspolitik und Schwerpunktsetzung im Gesundheitssystem zu überdenken. Wir wissen aus Erfahrung, dass diese sozialpartnerschaftliche Herangehensweise äußerst reduzierte Ergebnisse bringen wird.
Im SWÖ-KV (privater Sozialbereich) dieses Jahr wurden wichtige Forderungen wie die Verkürzung der Arbeitszeit und bezahlte Praktika aufgestellt. Als Antwort der ArbeitgeberInnen bekamen sie maximal Spott und die Aussage, das könne man sich niemals leisten.
Deshalb müssen diese wichtigen Forderungen breit in den Spitälern und Gesundheitseinrichtungen diskutiert werden und mit der Perspektive von Kampfmaßnahmen verbunden werden. In zahlreichen Ländern (Frankreich, USA, Isreal, … und auch in Wien) wurden PflegerInnen in den letzten Monaten aktiv und beteiligten sich an Kampfmaßnahmen für ein funktionierendes Gesundheitssystem. Und die COVID-Krise hat gezeigt: ein Notbetrieb – auch mit Streikcharakter – ist umsetzbar.
Wir, an den Patientenbetten, in der Technik, im Labor, im Assistenzbereich und in der Verwaltung wissen am allerbesten, was wir brauchen um gute Arbeit zu leisten. Lassen wir uns von den internationalen Streiks inspirieren und vertrauen wir auf unsere Kraft!
(Funke Nr. 186/10.9.2020)