Im Trommelfeuer hässlicher Hysterie gegen „das Fremde“ schmiedet die herrschende Klasse jene Waffen und Instrumente, die bald gegen die gesamte Arbeiterklasse gerichtet werden.
Der rechte Flügel der ÖVP (Lopatka, Sobotka, Kurz) versucht die Öffentlichkeit in einem permanenten Zustand der Hysterie zu halten. In der Manier rechtsradikaler Oppositionspolitiker schüren sie den Hass auf das Fremde und die Fremden und konstruieren einen Ausnahmezustand, den Nota bene nur sie selbst bewältigen können.
Diese Leute spüren, dass sie erstmals seit Jahren einen Draht „zum Volk“ gefunden haben, und arbeiten eifrig daran, unter dem Giebelkreuz der Konzerndiktatur einen neuen nationalen Schulterschluss zu schmieden. Die Debatten um die Bankensubventionen, die Korruption und Selbstbedienung am öffentlichen Eigentum sind allesamt ohne Resultat versandet. Wie wir es vorausgesagt haben, ergab der Hypo-Untersuchungsausschuss die erwartete Weißwaschung der politischen Kaste durch ebendiese.
Derweil ereifert man sich an auf heimischem Boden gesungenen syrischen Volksliedern, an der Gesichtsverschleierung und der allgemeinen Überforderung Österreichs durch Migration. Der Stoßseufzer der bedrängten Kreatur vermischt sich mit dem ewigen Reaktionär. Selbst wenn die Stadt Wien die Spardiktatur an den Spitälern durchsetzt, glaubt der gebildete Idiot, dass es nun angebracht ist den „Bevölkerungsdruck“ als Ursache für sich verschlechternde Zustände im öffentlichen Gesundheitssystem zu benennen.
Diese politische Konjunktur ist keine Zufällige. Mit der Krise gerieten die politischen und wirtschaftlichen Eliten ins Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik. Seither sind sie damit konfrontiert, dass jeder Versuch der Wiederherstellung wirtschaftlicher Stabilität mit der Zerstörung der politischen Stabilität einhergeht. Die Grundlage der sozialen Instabilität ist das seit Jahren anhaltend fallende Einkommen und das Abschmelzen der Familienvermögen. In Studien der OECD und des McKinsey Global Institute („Poorer than Their Parents“) ist dies statistisch nachvollziehbar dargestellt. Letztgenannter Bericht analysiert, dass 65-70 % der Haushalte, das entspricht 540-580 Mio. Menschen in 25 Ländern, zwischen 2005 und 2014 mit stagnierenden oder fallenden Einkommen konfrontiert waren (und es heute weiter sind). In der Periode von 1993 bis 2004 waren es nur 10 Mio.
Das österreichische Kapital setzte bisher auf den „sachlichen Kompromiss“ mit den „Sozialpartnern“. Die Wahrung des sozialen Friedens durch die Einbindung und Korrumpierung der ArbeitervertreterInnen im System von Regierung und Sozialpartnerschaft sollte den Ausbruch politischer Krisen verhindern. Doch so wie die Einkommen der Menschen fallen, die Unzufriedenheit in allen Lagern wächst, so schmilzt auch das über Generationen aufgebaute Vertrauenskapital der ehemaligen großen Lagerparteien dahin. Die sich entwickelnde politische Krise wird in Österreich durch den Aufstieg der FPÖ angezeigt. Aktuell liegt die FPÖ (33 %) vor der SPÖ (26 %) und der ÖVP (21 %). Dieser Abstand ist konstant und mit Kern nur geringfügig kleiner geworden.
Straches derzeitiger Auftritt ist ganz auf seine künftige Rolle als Bundeskanzler zugeschnitten. Die Anti-EU-Rhetorik wich einem Bekenntnis zur EU und er spricht sich klar für die Notwendigkeit für ausländische Arbeitskräfte in Österreich aus. Für Herbst ist eine FPÖ-Offensive im Bereich der Wirtschaftstreibenden angesetzt.
Die Rabiat-Partei wird nun salonfähig gemacht. Das österreichische Kapital wird die FPÖ-Regierungsbeteiligung nur unter Teilnahme, bestenfalls der Führung der ÖVP, dulden. Eine FPÖ-SPÖ Regierung hätte zu viele Risiken bezüglich Sozial-Populismus und Anti-EU. Die Wandlung des HC in einen staatsmännischen Politiker ist dabei das sicherste Zeichen, dass ihm konkret angedeutet wurde sich bereit zu machen „Verantwortung zu übernehmen“.
Sebastian Kurz fällt dabei die Rolle zu, die ÖVP fit für den Bürgerblock zu machen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er an die Spitze der Partei rücken wird. Damit will sich die ÖVP einen größeren Anteil am Restkuchen abseits der FPÖ-Stimmen sichern. Alleine der Umstand, dass der Schwiegersohn-Effekt schon wieder zieht, ist ein vernichtendes Urteil über die politische Performance der SPÖ im letzten Jahrzehnt. Der letzte Sunnyboy KH Grasser füllt die Korruptionsberichterstattung seit Jahren. Kurz` Regentschaft wird rückblickend mit einer radikalen Zerstörung des Lebensstandards und des friedlichen Interessensausgleiches zwischen Kapital und Arbeit verbunden sein.
Mit der kommenden Bürgerblock-Regierung wird die EU-Krisenbewältigungsstrategie auch in Österreich vollständig umgesetzt werden. Sie besteht darin, die Reichtumspositionen der führenden Kapital-Fraktionen mit Klauen und Nägeln zu verteidigen (durch Bankensubventionen und Geldpolitik) und gleichzeitig die Profitbedingungen des Kapitals nachhaltig zu verbessern (durch eine Verbilligung der Arbeitskraft).
Der Bankenrettung widmete sich die Sozialdemokratie geradezu lustvoll, nicht nur materiell sondern auch ideologisch zustimmend. Die Zerstörung der Gewerkschaften und aller Formen überbetrieblicher Mindeststandards aber geht gegen die sozialen Eigeninteressen der Arbeiterbürokratie und wird nur gegen diese durchzusetzen sein. Daher der, aus Sicht des Kapitals jetzt notwendige, Bürgerblock um den „Standort Österreich“ rücksichtslos wettbewerbsfähiger zu machen.
Was kommen wird, ist klar: ein Generalangriff auf Kollektivverträge, die Durchsetzung des 12-Stundentages, die Schaffung eines Billiglohnsektors mit Zwangscharakter (über Mindestsicherung und 1 € Jobs), das Herunterfahren der Arbeitsschutzbestimmungen und der Pensionen. Dies entspricht der Politik der Troika in Griechenland, der Arbeitsmarktreform in Frankreich, gleicher Politiken in Spanien und Portugal, wo es dem Kapital gelungen ist die Reichweite der Kollektivverträge auf ein Siebtel des Ausgangswertes zu reduzieren.
Dies alles wird auch in Österreich nicht ohne soziale Auseinandersetzung zu erreichen sein. Daher drängt die ÖVP auf die Durchsetzung und Verhängung des Notstandes ab September. Dieses gibt einer Regierung in Zukunft Handhabe das Parlament zu umgehen und demokratische Rechte der Bevölkerung auszusetzen. Die Aussetzung des Asylrechtes ist nur ein Testlauf. In Frankreich bedeutet Notstand das Verbot von Demonstrationen, Hausdurchsuchungen und Hausarrest für politische AktivistInnen.
Die SPÖ-Spitze zeigt sich in all diesen Fragen „verhandlungs- und gesprächsbereit“. Ausgehend von der Prämisse der Verantwortung für den Standort wird sie bis zuletzt „vernünftige Politik“ machen. Sie führt die Arbeiterbewegung zur Schlachtbank, wo andere dann das große Messer ansetzen werden.
Die Tage der Ruhe in Österreich sind angezählt. Unterstütze die revolutionären MarxistInnen, verbreite den Funke und schließ‘ dich uns an: für den Aufbau einer revolutionären Alternative!
Wien, 31. August 2016
Weitere Themen der neuen Ausgabe:
- Österreich
- HBP 2.0: „Vernünftig entscheiden?“
- Steiermark: Kürzungen gehen weiter
- Wiener Spitalsärzte: Streikbereitschaft gegeben
- Mogelpackung Maschinensteuer
- Betrieb & Gewerkschaft
- Metaller-KV: Mit dem Rücken zur Wand
- Erwachsenenbildung: Erste Erfolge
- Theorie
- „Das Kapital verstehen“ Teil 4: Preis und Profit
- Schwerpunkt
- Der Wert der Bildung
- Schule: Unsere Stimme – Widerstand!
- Lehrlinge: Solidarität trotz alledem
- Wir über uns
- Weltkongress der IMT
- Herbstkampagne in Graz: Rise Up!
- International
- Pakistan: Frauenarbeit – Trotz alledem
- Unsere Revolutionäre Tradition: Chen Bilan
- Türkei: Gegen den Putsch – Gegen die Diktatur!
- Syrien: Das Schlachtfeld des Imperialismus
- Burkini-Verbot in Frankreich
- Großbritannien: Defend Corbyn – Fight for Socialism
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