Chen Bilan (陳碧蘭, 1902-1985) war eine chinesische Marxistin voll revolutionärer Tatkraft. Nach der Initialzündung des Marxismus durch die Bewegung des vierten Mai in China 1919 trat Chen Bilan als Studentin 1922 der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) bei. Ein Jahr verbrachte sie an der Kommunistischen Universität für die Arbeiter des Ostens in Moskau, einer großen Kaderschule für zukünftige RevolutionärInnen nichtrussischer Abstammung, die die Revolution in die Kolonien und die vom Imperialismus abhängigen Gebiete Asiens weitertragen sollten. Dort hielten auch Lenin und Trotzki Vorträge. Danach wurde sie nach Shanghai beordert, um als scharfsinnige und leidenschaftliche Revolutionärin u. a. in den Bereichen Frauen und Arbeiterinnen zu agieren.
Während des revolutionären Aufschwungs 1925-1927 in Shanghai war sie im Regionalkomitee der KPCh, Sekretärin des Frauenbüros und Redakteurin der Zeitung „Chinesische Frauen“. In der Generalstreikbewegung vom Frühjahr 1927 spielte sie in Shanghai eine zentrale organisatorische Rolle, nur knapp entkam sie dabei dem Gemetzel, das der bürgerliche „Revolutionär“ Chiang Kai-Schek danach unter den Shanghaier ArbeiterInnen anrichtete.
Nach der endgültigen Machtübernahme der StalinistInnen in der Partei wurden sie und andere kritische Führungspersönlichkeiten 1929 ausgeschlossen. Als Teil der trotzkistischen Opposition kämpfte sie gegen die opportunistische Taktik der stalinisierten Dritten Internationale, Volksfront-Kollaborationen von KommunistInnen und Bürgerlichen wie Chiang Kai-Schek anzustreben, und gegen die Theorie vom „Sozialismus in einem Land“. Während des Aufbaus der trotzkistischen Bewegung in China wurde ihr Mann verhaftet.
Ab 1937 arbeitete sie mit ihrem Mann erneut am Aufbau der trotzkistischen Bewegung in Shanghai zur Zeit der japanischen Besatzung. Objektive Bedingungen des Zweiten Weltkrieges in China führten aber zu Misserfolgen: Streiks wurden vom japanischen Militär verhindert, politische Verfolgung stand an der Tagesordnung. Chen verhalf Peng einige Male zur Flucht vor dem sicheren Tod. Nach der Niederlage Japans wurde sie 1946 zu einer führenden Funktionärin der Kommunistischen Liga Chinas, der chinesischen Sektion der Vierten Internationale. Diese hatte ein Magazin namens „Neue Stimme“. Von Mai 1945 bis Dezember 1948 fungierte Chen als Herausgeberin.
Nach dem Sieg Mao Zedongs im Chinesischen Bürgerkrieg flüchteten sie und andere chinesische TrotzkistInnen vor der KPCh, da ihnen Arbeitslager und Gefängnis drohten. Über Marseille erreichten sie 1951 Paris, den Sitz der Vierten Internationalen. Bis zu ihrem Tod im Alter von 85 Jahren blieb sie eine Führungsfigur der chinesischen TrotzkistInnen im Exil. Sie wurde Zeit ihres Lebens nicht müde, die Entwicklungen im maoistischen China und den Weltmaoismus scharf zu kritisieren. So betonte sie, dass die besonders bei maoistischen Organisationen beliebte Bauernguerilla zum Scheitern verurteilt ist, wenn die Arbeiterklasse nicht die politische Macht ergreift. Die Bauern können die Herrschenden nur stürzen, aber keine neue Macht errichten. Eine Konzentration auf Guerilla-Kriegsführung bedeutet daher eine Abkehr vom Marxismus und eine Hinwendung zu gefährlichem Abenteurertum. Auch die stalinistische Theorie vom „Sozialismus in einem Land“ griff sie heftig an. Sie betonte immer wieder, dass nur ein konsequenter Kampf gegen das Kapital in Verbindung mit einer internationalistischen Position kommunistisch ist, eine Erkenntnis, die wir bis heute verteidigen.