Hier unserer erster Beitrag der Serie „Unsere Revolutionäre Tradition“, in der wir weithin unbekannte Revolutionärinnen und ihre Ideen vorstellen. Von Natalie Ziermann.
Eleanor Marx Aveling (1855-1898) war die jüngste Tochter von Karl und Jenny Marx. Ein wenig Berühmtheit erlangte sie durch ihren Suizid. Im Allgemeinen wird sie gerne als Frau, die nie aus dem Schatten ihres Vaters springen konnte, dargestellt und ihr Werk auf genau das reduziert. So sagt eine ihrer BiographInnen in einem Interview: „Aber ihr Problem war, dass sie sich im letzten Moment immer verpflichtet fühlte, eine orthodoxe Marxistin zu sein und die Lehren ihres Vaters zu befolgen. Das heißt, sie baut eine wunderbare literarische spannende Beschreibung auf, mit vielen Fakten, gut recherchiert, und plötzlich kippt sie in schlichte marxistische Parolen […] Ich denke, auch das ist das Drama der Vatertochter, immer zum Schluß noch ein Gebet an den Vater richten zu müssen.“
Schon als Kind interessierte sich Eleanor Marx Aveling für Politik, Literatur und Schauspielerei. In ihrer Jugend begleitete sie ihren Vater bereits zu Kongressen und auf Reisen, schrieb Briefe für ihn und übersetzte seine Texte ins Englische. Auch nach dem Tod von Karl Marx blieb sie politisch aktiv. Gemeinsam mit Edward Aveling, der bis zum Rest ihres Lebens ihr Lebensgefährte wurde (ohne, dass sie jemals heirateten), trat sie Anfang der 1880er Jahre der Democratic Federation (später Social Democratic Federation), der ersten sozialistischen Partei Großbritanniens, bei. Nach der Auflösung dieser gründete sie gemeinsam mit Edward Aveling und William Morris die Socialist League, die auch eine monatlich erscheinende Zeitung herausbrachte, für die sie zahlreiche Artikel schrieb. Sie veröffentlichte außerdem eine Broschüre zur Frauenfrage, in der sie sich für die Gleichberechtigung von Männern und Frauen einsetzte und gleichzeitig aufzeigte, dass eine vollständige Frauenbefreiung nur im Sozialismus möglich ist.
Eleanor Marx Aveling spielte zudem eine wesentliche Rolle beim Aufbau der englischen Gewerkschaftsbewegung. So war sie in die Arbeitskämpfe der Gewerkschaften der Maschinenarbeiter und Hafenarbeiter stark involviert. Sie übernahm dort organisatorische Aufgaben, schrieb politische Analysen und hielt Reden. 1886 war sie gemeinsam mit Wilhelm Liebknecht in den USA, um dort Geld für die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands, eine Vorläuferin der SPD, zu sammeln. 1889 war sie Delegierte beim Gründungskongress der Zweiten Internationale und somit wesentlich an ihrer Gründung beteiligt.
Nach dem Tod von Friedrich Engels begann sie den Nachlass ihres Vaters zu verwalten sowie ihre eigenen Werke voranzutreiben. Doch Eleanor Marx Aveling litt an einer Nervenkrankheit und beging 1898 im Alter von nur 43 Jahren schlussendlich Selbstmord.
Wie eingangs erläutert, sehen ihre bürgerlichen BiographInnen in ihr bloß eine intelligente Frau, die vergeblich versucht hat, in die Fußstapfen ihres berühmten Vaters zu treten. Ihre Fähigkeit, anhand von Fakten eine spannende Rede zu gestalten, anhand dieser auf die Notwendigkeit einer Revolution hinzuweisen und so die ArbeiterInnen politisch zu mobilisieren, zeigt in Wirklichkeit, was für eine brillante politische Aktivistin sie war. Eleanor Marx Aveling hat durch ihr Wirken wesentlich zur Verbreitung und Weiterentwicklung des Marxismus beigetragen und nicht nur ihren Vater nachgebetet.