Zwei Kündigungen von besonders kämpferischen Lohnabhängigen im BIT Schulungscenter sorgen in der Branche der DeutschtrainerInnen für Betroffenheit und mediales Echo. Doch der Kampf geht weiter. Eine Augenzeugin berichtet.
Die nun gekündigten KollegInnen haben sich für die Arbeitsbedingungen aller eingesetzt und die Geschäftsleitung begegnete der Forderung nach Vor- und Nachbereitungszeit mit Zuckerbrot und Peitsche: Die Forderung, für einen Vollzeitjob 30 Stunden in der Klasse zu stehen und 8 Stunden Vor- und Nachbereitungszeit (VNZ) zu gewähren, wurde nicht durchgesetzt, statt dessen wurden bis zu 2,4 Wochenstunden VNZ festgeschrieben. Jene KollegInnen, die die Forderungen vorangetrieben und letztendlich den Teilerfolg durchgesetzt haben, wurden nun gekündigt.
Der Schock über dieses Ereignis war bei einer Podiumsdiskussion der DeutschtrainerInnen am 21.September spürbar, als sich einer der gekündigten TrainerInnen zu Wort meldete und die Kündigungen beschrieb. Der Veranstaltungsraum war mit ca. 80 Personen voll, die Stimmung war am köcheln. Die regionalverantwortliche Geschäftsführerin des AMS, Petra Draxl, die für Finanzierung und Vergabebedingungen der Ausschreibungen an den privaten Instituten für die Situation mitverantwortlich ist, kam spürbar in Bedrängnis. Manche ihrer Aussagen wurden von lautem Gelächter oder Raunen in der Menge der DeutschtrainerInnen im Publikum begleitet.
Zum Hintergrund: Diese Sprachkurse werden von privaten Unternehmen organisiert, jedoch von staatlicher Hand finanziert, wie vieles im Flüchtlingsbereich. Dem AMS ist dabei nur wichtig, wie viele Menschen die Prüfungen schaffen und ob sie mit dem Lehrpersonal einigermaßen zufrieden sind. Wie prekär die Arbeitsbedingungen als DeutschtrainerIn sind, interessiert in der Politik und den Institutionen niemand.
In diesem Kontext kam es zu zwei plötzlichen Kündigungen samt sofortigen Freistellungen. In einem Fall erfolgte der Rausschmiss direkt aus dem Unterricht heraus. Die Firma ließ es sich einiges kosten, die MitarbeiterInnen in hohem Bogen mit Hausverbot aus der Firma zu werfen, obwohl der Arbeitskampf zuvor vorsichtig und kospirativ geführt wurde. Es gibt Hinweise von KollegInnen, dass die Firma nach dem Erscheinen eines Artikels in „Der Standard“ am 6.September, private Mails auf den Privataccounts von KollegInnen mitgelesen haben könnte, denn der Datenverkehr der Firma läuft über den eigenen Server. So könnte eine interne Mailingliste der AktivistInnen aufgeflogen sein.
Auf Nachfrage konnte kein Grund für die Kündigungen genannt werden, im Gegenteil wurde in einem Fall von „guter Arbeit“ gesprochen, im anderen Fall von Überforderung. Letzteres wurde damit begründet, weil bei einem Teammeeting nachgefragt wurde, warum indirekt angeordnete Überstunden nicht ausbezahlt werden würden.
Die Kündigung passierte im Laufe eines Arbeitskampfes, in Rahmen dessen kritische Fragen offen aufgeworfen wurden, und ist insofern ein politisches Statement und ein Einschüchterungsversuch gegenüber allen KollegInnen in der Branche. (mehr dazu hier.)
In der gesamten Branche der DeutschtrainerInnen wird noch immer bei 30 Stunden Unterricht in der Klasse Teilzeit gearbeitet, wenn überhaupt, dann werden maximal vier Stunden Vor¬- und Nachbereitungszeit bezahlt, BIT bezahlt nunmehr bis zu 2,4 Stunden.
Trotz dieses Rückschlags geht die Auseinandersetzung weiter: Anfang nächsten Jahres werden bei BIT Betriebsratswahlen stattfinden und das Ziel bleibt es eine konkurrierende Liste zum bestehenden Gremium aufzustellen. Der aktuelle BR hat durch Nicht¬ oder destruktives Handeln die (teil)erfolgreiche Arbeit der Betriebsgruppe zugunsten seines eigenen Vorteils boykottiert.
Die Gewerkschaft hatte zwar teils eine unterstützende Rolle gespielt, gleichzeitig war sie aber nicht bereit, die Offensive der aktiven Teile der Belegschaft voll mit zu tragen. Das Interesse der GPA-djp erschöpfte sich in unserer Erfahrung darin, Strukturen im Betrieb aufzubauen und zu halten. Eine Haltung, die die konsequente Vertretung der sozialen Interessen der Beschäftigten im Mittelpunkt hat, konnten wir nicht wahrnehmen.
Die Öffentlichkeitsarbeit hat erste Zugeständnisse der Geschäftsleitung gebracht. Die Vernetzung der KollegInnen innerhalb der Branche ist ein zentraler nächster Schritt, um weitgreifende Forderungen durchzusetzen.
Im Endeffekt geht es darum, bessere Unterrichtsbedingungen für die (bald) arbeitende Bevölkerung, den Flüchtlingen, und die Unterrichtenden zu erreichen, im Unternehmen und in der Branche, national und international.
Das funktioniert nur durch ehrliches und konsequentes Eintreten für die Menschen mit dem Anspruch, dass sich die Menschen selbst vertreten können und wollen. Gewerkschaften und Betriebsräte sind kein Selbstzweck für sich, für die Stabilität des „Standortes Österreich“ und für die dort freigestellten und hauptamtlichen KollegInnen. Vielmehr haben diese historisch erkämpften Organisationen und Gremien, sich den Zweck der Verbesserung des Lebensstandarts der Lohnabhänigen zu verschreiben.
Einen Schritt zurück, zwei Schritte vorwärts. Der Kampf der DeutschtrainerInnen ist nicht einfach, aber er steht erst am Anfang.