„Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ – Was Lehrlinge Bewegt

Österreich steckt seit 3 Jahren in der Rezession. Das bekommen auch wir Lehrlinge zu spüren. Von Merve Çeper.
Es fängt damit an, dass die Lehrstellensuche wie Lottospielen ist. Wenn man Glück hat, findet man eine und muss sich dann mit dem miesen Gehalt abfinden. Braucht man mehr Geld, muss man einen Samstagsjob finden. Will man die Matura auch noch machen, kann man sich von der Freizeit und Erholung praktisch verabschieden.
Unter den Lehrlingen gibt es keine Scheu, über die Erfahrung im Betrieb zu reden. Dazu gehören sowohl gute als auch schlechte Erfahrungen. Bei den schlechten geht es hauptsächlich um Arbeitszeit und Erreichbarkeit. Für viele Betriebe zählen Mittagspausen und Schultage nicht als Arbeitszeit. Weshalb die Lehrlinge sich damit herumschlagen müssen, ihre sogenannten „Fehlstunden“ nachzuholen. Die Chefs scheuen sich auch nicht, die jungen Lehrlinge außerhalb des Büros in Online-Meetings zu stecken. Heißt: Den Weg nach Hause oder bei einem Arzttermin muss man mit Arbeit verbringen.
Im Zusammenhang sieht man klar und deutlich, dass Lehrlinge für Kapitalisten nur billige Arbeitskräfte sind. Können die eigenen Klassenkameraden nicht damit weiterhelfen, dann bleibt vielen nichts anderes übrig, als sich an die Lehrer zu wenden. Jedoch können diese meist auch nicht weiterhelfen. Was sie als Optionen anbieten, sind: A. Man soll eine andere Lehrstelle finden B. Es mit der Arbeiterkammer regeln. Als Mitschülerin habe ich viele Erfahrungen meiner Klassenkameraden mitgekriegt. Etwa ein 28-jähriger überbetrieblicher Lehrling, der zwei Kinder mit einem Lehrlingsgehalt von 1.200€ ernähren muss. Seine Arbeitszeit beginnt um 11 Uhr und endet um 19 Uhr. Dabei hat er auch noch einen Samstagsjob, um sich die Ausbildung und die Kinder leisten zu können. Dies führt zu Vereinzelung und psychischen Problemen. Die Kapitalisten freuen sich darüber natürlich, da die Lehrlinge als müde, einzelne Arbeiter denken, sie können sich nicht wehren. Dasselbe versucht die Regierung durch den Rassismus und die Repressionen gegen die Palästinasolidarität.
Dagegen müssen wir gemeinsam kämpfen, uns organisieren. Nur zusammen können wir für bessere Arbeits- und Lernbedingungen kämpfen. Deshalb kandidiere ich als Schülersprecherin, mit einer klaren Position für Palästina und gegen jegliche Art der Unterdrückung!
(Funke Nr. 235/09.07.2025)