Zum Gedenken an diese blutige Auseinandersetzung zwischen Nazis und AktivistInnen der ArbeiterInnenbewegung am 27. Mai 1932 in Hötting (Tirol) findet auch heuer eine antifaschistische Gedenkveranstaltung statt.
Hötting ist heute ein Stadtteil von Innsbruck. Damals war es eine eigene Gemeinde, in der hauptsächlich ArbeiterInnen wohnten. Die Sozialdemokratie hatte hier sogar eine absolute Mehrheit und stellte den Bürgermeister.
In dieser roten Hochburg wollten die Nazis am 27. Mai 1932 eine öffentliche Veranstaltung abhalten. Veranstaltungsort sollte der Gasthof „Goldener Bär“ sein, in dem sich normalerweise die SozialdemokratInnen immer trafen. Auf der Einladung vermerkten die Nazis „Juden bleiben zuhause“. Diese Provokation wollten etliche Arbeiter nicht auf sich sitzen lassen und planten eine Störaktion. Die lokale Parteiführung wollte aber keine direkte Konfrontation mit den Nazis. Auf Flugblättern rief die SDAP Hötting zu einer „Demonstration gegen den Hackenkreuzfaschismus“ auf, wobei der Versammlungsort ein Gasthaus wenige hundert Meter weiter weg sein sollte. Die sozialdemokratische „Volkszeitung“ schrieb einige Tage später: „Die organisierte Arbeiterschaft hat es seit jeher verschmäht, bei politischen Auseinandersetzungen mit ihren Feinden an die Mittel der Gewalt zu appellieren, die Arbeiter haben es noch immer vorgezogen, mit geistigen Argumenten zu kämpfen. Es ist eine alte und bewährte Tradition der Arbeiterklasse, dass sie selbst zu Zeiten, wenn die Wogen des politischen Kampfes hoch gingen und alle politischen Leidenschaften entfesselt waren, in vorbildlicher Disziplin, beseelt von höchstem Verantwortungsbewusstsein, jede physische Austragung der Gegensätze vermied.“ In diesen Tagen der ständigen Provokationen durch die Faschisten, wollten sich immer mehr ArbeiterInnen nicht mehr an diese Disziplin halten. Am Abend des 27. Mai kamen schon vor Beginn der Nazi-Versammlung etliche Sozialdemokraten und Kommunisten, die in Hötting ebenfalls relativ stark waren, in den „Goldenen Bär“.
Als die SA aufmarschierte, kam es zu einer Schlägerei mit Biergläsern, Stühlen, Knüppeln. Aber es wurden auch Messer eingesetzt und mehrere Schüsse abgefeuert. Ein Augenzeuge berichtete, wie es dazu kam: „Nach der bekannten gegenseitigen ‚Begrüßung’ der Nazi und Kommunisten war es der dritte uniformierte Nazi hinter der Fahne, der den ersten Sessel gegen die Kommunisten warf. Das war das Zeichen, und schon flogen gegen 30 Bierflaschen von der Bühne, die die Nazi dort hinter dem Vorhang bereit hatten.“ Die Hakenkreuzfahne wurde in der Folge von Arbeitern völlig zerstört. Mit Hilfe der Polizei wurden die Antifaschisten jedoch aus dem Saal gedrängt. Die sozialdemokratische „Volkszeitung“ schrieb über den Polizeieinsatz folgendermaßen: „Von der Gendarmerie muss hier gesagt sein, dass einige der Gendarmen in einer aufreizenden ‚forschen’ Weise gegen die Arbeiter losgingen.“ Insgesamt wurden bei dieser Saalschlacht 16 Sozialdemokraten und Kommunisten und 19 Nationalsozialisten „erheblich“ verletzt, 18 Verletze so schwer, dass sie in ärztlicher Behandlung bleiben mussten. Das 56jährige SA-Mitglied Sylvester Fink starb nach wenigen Stunden an den Folgen von Messerstichen und Fußtritten in den Unterleib.
Nur mit Mühe konnten die Gendarmen und ein größeres Militäraufgebot, die sogar Bajonette einsetzten, die Umgebung des Gebäudes abriegeln und die eingeschlossenen Nationalsozialisten vor der sich nach der Schlägerei in Hötting binnen kurzem ansammelnden großen Menschenmenge schützen. Dabei verletzte ein betrunkener Gendarm mehrere ArbeiterInnen. Die Erregung der Arbeiterschaft von Hötting und Innsbruck war jedoch so stark, dass sich die Rettungstransporte kaum und nicht unbeschädigt den Weg durch die Menge bahnen konnten. Bis spät nachts kam es in den beiden Orten zu vereinzelten Ausschreitungen zwischen Anhängern der Arbeiterparteien einerseits und Nationalsozialisten und Exekutivbeamten andererseits. Auch der Heimwehrführer Steidle wurde in einem Straßenbahnwagen durch Steinwürfe bedroht. Sogar in der chirurgischen Klinik gerieten in der Nacht die schwerverletzten Gegner noch in einen heftigen Streit.
Die Höttinger Saalschlacht ist ein wichtiges Beispiel für den Widerstand der ArbeiterInnenbewegung gegen den damals drohenden Faschismus. Niemals Vergessen!
Der Funke wird heuer bei der Gedenkveranstaltung an die Höttinger Saalschlacht mit einem Infotisch teilnehmen.