Hier ein Bericht der SJ Vorarlberg über die „Denkfabrik“ vom 3. Mai in Bregenz zur Zukunft des Sozialsystems. Dabei spielten die Ereignisse in Griechenland eine ganz entscheidende Rolle in der Diskussion.
Am 3. Mai fand in Bregenz die von der SJ Vorarlberg organisierte Denkfabrik statt, bei der wir 40 kritische Genossinnen und Genossen aus Partei und SJ begrüßen durften. Proponenten waren Erwin Buchingen (Minister a.D.) und Herbert Bösch (Ehemaliger EU-Abgeorgneter).
Nach den einleitenden Worten und der Begrüßung der Proponenten duch SJ-Landesvorsitzenden Lukas Riepler war Wolfgang Moitzi (Vorsitzender der SJÖ) an der Reihe. Er stellte das Konzept der „Denkfabriken“ vor, mit denen kritischen Stimmen in der Sozialdemokratie eine Stimme gegeben werden soll.
Anschließend machten die Proponenten kurze Inputs. Erwin Buchinger schilderte in einem kurzen Abriss die Geschichte des Sozialstaats und zeigte, daß die Sozialdemokratie untrennbar mit dem Sozialstaat verbunden ist. Gerade in Zeiten der Krise sei der Sozialstaat wichtiger denn je, die SPÖ-Führung habe aber keine passenden Konzepte zur Verteidigung und zum Ausbau desselben.
Erwin Buchinger erklärte, dass die Arbeit die Grundlage des Sozialstaats ist, dass aber einige wichtige Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, die sich doppelt auf die ArbeitnehmerInnen auswirken, auch die Zukunft des Sozialsystems gefährden: einerseits die steigende Arbeitslosigkeit, die dazu führt, dass weniger Beiträge in die Kassen gelangen, und andererseits die zunehmenden prekären Dienstverhältnisse, die den gleichen Effekt haben, und die Lohnquote, die in den letzten 20 Jahren um 11% gesunken ist! All dies zehrt an den Grundfesten des Sozialstaates.
Genosse Buchinger gab zwei mögliche Antworten auf die Krise des Sozialstaates: einerseits die aus sozialistischer Sicht abzulehende Grundsicherung, andererseits eine Vollbeschäftigungspolitik, die antikapitalistisch sein müsse. Dies bedeute neben der Einbeziehung von Vermögen in die Finanzierung des Sozialstaates eine Arbeitszeitverkürzung und einer Stärkung der Rolle des Staates in der Beschäftigungspolitik (Krankenpflege, Soziale Dienste, Bildung).
Herbert Bösch betonte anschließend die Wichtigkeit der marxistischen Analyse um aus dem Dillema herauszukommen, in dem sich die Sozialdemokratie befindet. Weiters stellte er eine EU, die auch als Wirtschafts- nicht nur als Währungsunion fungieren solle, in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Er sprach von der Notwendigkeit sozialdemokratischer Europapolitik und dass dies eine zentrale Schwäche der SPÖ sei.
Die Krise in Griechenland und der Umgang mit ihr sei der Beweis für eine fehlerhafte Europapolitik im Allgemeinen, die aber v.a. die Konservativen zu verantworten hätten. Er machte darauf aufmerksam, dass in Griechenland wieder nur die Armen, die Lohnabhängigen für die Krise zahlen sollen.
Im Folgenden wurde die Diskussion eröffnet, deren zentrale Achsen die Themen Griechenland und damit die Frage „Wer bezahlt für die Krise“ waren.
Ein Genosse der SJ stellte gleich den Antrag sich solidarisch mit der griechischen ArbeiterInnenklasse zu zeigen. Der Grundtenor der TeilnehmerInnen war, dass die Bürgerlichen alles versuchen würden die Krise auf die ArbeitnehmerInnen abzuwälzen, was den Sozialstaat noch mehr als in den letzten Jahren in Bedrängnis bringen würde. Weiters wurde erkannt, dass die Krise sich weder auf Griechenland beschränkt noch durch das „beginnende Wachstum“ vorbei ist. Vielmehr fangt die Krise für die ArbeiterInnenklasse gerade erst so richtig an, es stellt sich also vor allem die Frage wie wir verhindern können, dass sie auf uns abgewälzt wird!
Hieraus hat sich in der Diskussion eine klare internationalistische Perspektive entwickelt. Es ist klar, dass nur die Gewerkschaften und ArbeiterInnenparteien in ganz Europa den gemeinsamen Kampf führen können. Um dies auch in Österreich auf die Tagesordnung zu stellen, wurde von der „Denkfabrik“ ein Antrag beschlossen, den wir am SPÖ-Bundesparteitag Mitte Juni einbringen wollen (siehe unten). Darin werden die SPÖ und die Gewerkschaften zur Solidarisierung mit Arbeitskämpfen in ganz Europa aufgefordert und gleichzeitig die Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit auf gewerkschaftlicher Ebene aufzeigt.
Antrag: „Solidarität mit den Betroffenen der Krise“
Die bürgerlichen Medien sind angesichts der Krise in Griechenland voll mit der Hetze gegen die „faulen Griechen“ beschäftigt. Die GriechInnen würden sich zu sehr auf den Staat verlassen, zu wenig arbeiten und zu früh in Pension gehen.
Glaubt man dem Gesagten könnte der Eindruck entstehen, die GriechInnen seien selbst Schuld an „ihrer“ Krise. Nun verfolgt aber diese internationale Verleumdungskampagne alleine das Ziel die Solidarität unter den ArbeitnehmerInnen Europas im Keim zu ersticken. Allerdings ist das nichts Neues, die Medien und rechten Parteien predigen schon immer, dass Streiks schlecht seien, die Wirtschaft schädigen und nur ungerechtfertigte Privilegien damit verteidigt werden sollen.
Doch weder sind die Streikenden in Griechenland irgendwie privilegiert noch liegen die griechischen ArbeiterInnen faul auf der Haut. Diese arbeiten mehr Wochenstunden und gehen später in Pension als ihre KollegInnen im Rest von Europa! An den ArbeiterInnen kann es also nicht liegen!
Schuld an der Krise haben vielmehr die KapitalistInnen, die BankerInnen und die Bonzen. Sie sind es die WELTWEIT, in Griechenland wie auch in Österreich, in Zeiten des Aufschwungs Riesengewinne einstreichen von denen die ArbeiterInnen kaum etwas sehen. Die Milliarden „zur Rettung der Wirtschaft“ in Form von Bankenrettungspaketen, Kurzarbeit und andere Unternehmersubventionen sind es, die nun überall auf uns abgewälzt werden sollen! Die Folgekosten der Krise sollen wir also gerne übernehmen.
Und auch die Milliarden des Hilfspaketes an Griechenland fließen wieder in die selbe Richtung, aus unser aller Geldtasche, von unseren Löhnen und Sozialleistungen in die „Wirtschaft“, soll heißen durch die Zurückzahlung von Krediten an deutsche, französische und auch österreichische Banken. Ohne dass unsere griechischen KollegInnen auch nur einen Cent davon sehen. Deshalb müssen sie auf die Straße gehen, streiken, für ihre Rechte Kämpfen!
Wir müssen es ihnen gleich tun bevor es zu spät ist, der Slogan der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften muss in ganz Europa lauten: Eure Krise Zahlen wir nicht!
Deshalb beschließt der Bundesparteitag:
-Sich aktiv mit Gewerkschaften und ArbeiterInnenorganisationen anderer Länder zusammenzuschließen und auf einen gesamteuropäischen Kampftag der Lohnabhängigen hinzuarbeiten. Dies im Sinne eines Europäischen Generalstreiks!
-Vermittels der FSG im ÖGB für ein gesamteuropäisches Programm gegen die Krise zu kämpfen!
-Die Abhaltung von Solidaritätskundgebungen und Veranstaltungen mit VertreterInnen der griechischen Gewerkschaften!