Der 1. Mai ist der höchste Feiertag der Sozialdemokratie. Gerade in Österreich und vor allem in Wien. Jedes Jahr ziehen am 1. Mai zehntausende SozialdemokratInnen über die Ringstraße zum Rathausplatz, wo auf der Tribüne die Parteiführung mit roten Taschentüchern die GenossInnen aus den Sektionen, von der FSG und den diversen parteinahen Kultur- und Sportorganisationen begrüßt und dafür von der Basis mit einem „dreifachen Freundschaft“ belohnt werden. Doch heuer stand der Maiaufmarsch in Wien ganz im Zeichen des Unmuts in der SPÖ mit der Politik der Großen Koalition.
100.000 TeilnehmerInnen will die Parteispitze wie jedes Jahr gezählt haben. Doch in Wirklichkeit liegen die Zahlen weit unter jenen der letzten Jahre. Viele blieben aus Frust zu Hause. Anders als in der Vergangenheit strömten die meisten GenossInnen nach der Ankunft am Rathausplatz auseinander und begaben sich auf die Suche nach einer Erfrischung. Auf die Reden von ÖGB-Präsident Hundstorfer, Bürgermeister Häupl und vor allem auf jene von Kanzler und Parteivorsitzendem Gusenbauer war kaum wer heiß. Dies war wohl Ausdruck, dass viele SozialdemokratInnen ihre politische Verbundenheit mit der Bewegung trotz dieser Parteiführung und ihrer Regierungspolitik demonstrieren wollten, nicht aber leere Worte anhören wollen. Mit anderen Worten: Die Basis hat an diesem 1. Mai mit den Füßen über die Politik von Gusenbauer & Co. abgestimmt.
Nur wenige Tausende gaben sich die Reden der Parteispitze. Nur eine Handvoll (und das ist wortwörtlich gemeint!) bejubelte Gusenbauer, während erstmals Buh-Rufe und Pfiffe deutlich über den ganzen Platz zu hören waren. Ein fabrikneues Transparent stach hier heraus: „JETZT ZUSAMMENHALTEN, unser Symbol ist unser Dr. Gusenbauer – Migrantische Jugend“. Nicht wenige GenossInnen waren sich unsicher ob es sich hier um eine ironische Aktion handelt – allein die Fernsehbilder am Abend, die dieses Transparent in den Mittelpunkt rückten, sorgten für die Sicherheit, dass es sich hier um bestellten Applaus der Parteiführung handelte. Gute Fernsehbilder waren nur zu erheischen indem die Kamera an den Protesttransparenten vorbei quer über den Platz filmten, nur so konnte die Leere die angesichts von Gusenbauers Rede am Platz herrschte, übersehen werden. Während Häupl noch mit ein wenig Polemik gegen die ÖVP punkten konnte und Applaus einheimste, konnte Gusenbauer keinerlei Begeisterung hervorrufen. Ganz im Gegenteil. Mehrere Protesttransparente wurden bei seiner Rede hochgezogen und forderten eine Steuerreform bzw. ein Ende der Großen Koalition. Etliche GenossInnen beantworteten Gusenbauers Rede mit Buhrufen. Von der traditionellen Einigkeit der Sozialdemokratie war nicht viel übrig geblieben.
Schon während des Aufmarsches wurde klar, welches Stimmungsbild in der SPÖ vorherrscht. In allen Blöcken stießen die Funke-UnterstützerInnen mit ihrer Kritik an der Politik der Parteiführung auf offene Ohren. In fast jedem Gespräch zeigte sich, dass die GenossInnen an der Basis unzufrieden sind. Viele GenossInnen stimmten uns zu, dass die Große Koalition zum Schaden der ArbeiterInnenbewegung ist. Noch nie waren so viele auf dem Maiaufmarsch offen für die Ideen unserer Strömung. Viele bestärkten uns weiter zu kämpfen und unterstützten uns durch den Kauf unserer Zeitung und durch den Kauf von Bausteinen für die Finanzierung unseres Pfingstseminars und die Arbeit marxistischer SJ-Gruppen. Insgesamt konnten wir 340 Zeitungen verkaufen und 2700 Euro zur Unterstützung unserer politischen Arbeit sammeln. Damit ist es uns früher als erwartet gelungen unser Pfingstseminar, zu dem es bereits an die 100 Anmeldungen gibt, durch Spenden zu finanzieren.
Weiters verteilten wir Einladungen zur „Konferenz der Linken in der SPÖ“, die kommenden Dienstag stattfinden wird. Dort wollen wir den Startschuss setzen für den Aufbau einer organisierten Parteilinken, beginnend mit der Linken in der SJ und kritischen GenossInnen aus der SPÖ und der FSG.
Berichte aus den Bundesländern und Fotos folgen…