Abschiedsbrief an KPÖ
Als ich der KPÖ Vorarlberg beitrat, bin ich gerade in eine ziemlich aktive Phase reingekommen – und zwar während dem Wahlkampf. Die Leidenschaft, mit der alle dahinter waren, als auch die Versprechen nach der Wahl, weiterhin da zu sein, gaben mir ein hoffnungsvolles Bild: Endlich eine Partei in Vorarlberg, die wirklich die Menschen im Sinn hat! Von Juna Tegeltija
Und keineswegs zweifle ich an, dass die Mitglieder auch wirklich mit guten Intentionen in die Politik gehen bzw. es versuchen. Jedoch heißt es ja so schön: „Der Weg zur Hölle ist mit guten Absichten gepflastert.“
Ich finde, Lenins „Was tun“ fasst dieses Sprichwort sehr gut. Die damaligen russischen Ökonomisten haben den revolutionären Kampf aufgegeben und versucht, das System zu verändern statt zu bekämpfen.
Lenin warnte in „Was tun“ davor, dass ohne theoretisches Fundament jede Bewegung in die Spontanität zurückfällt. Und das führt unweigerlich zu Opportunismus.
Am meisten zeigte sich das gegenwärtig in der KPÖ-Position zu Gaza. Im Wahlkampf wurde mehr oder weniger geschwiegen und nur oberflächlich für Frieden plädiert. Arbeitsgruppen, die dies ändern wollten wurde Fraktionismus vorgeworfen.
Erst spät nach dem Wahlkampf traute sich die KPÖ das Wort „Genozid“ überhaupt in den Mund zu nehmen, obwohl meine Genossen selbst eigentlich sehr fix in dem Thema waren. Die sich jetzt entwickelnde Parteilinie lässt mich jedoch optimistischer in die Zukunft blicken, was das Thema angeht.
Während der östliche Teil der KPÖ dem Druck der Bevölkerung nachgibt über den Völkermord zu sprechen, so hängt Vorarlberg schwerst nach. Abgesehen von der absoluten Inaktivität nach dem Wahlkampf, wurde die Teilnahme an einer Einheitsfront für Gaza, wo sich selbst die unterschiedlichsten Gruppierungen zusammenschlossen, einfach abgeschlagen. Eine Entscheidung, die man sich nur durch reine Feigheit erklären kann. Denn selbst wenn sie am Ende doch nur reine Opportunisten wären, so hätten sie in der Einheitsfront wenigstens eine Plattform dafür sehen können. Stattdessen wird der Kopf in den Sand gesteckt und auf die Anweisung der Bundesleitung gewartet. Es gleicht eher einer Gruppe von orientierungslosen Schüler, statt tatsächlichen Kadern einer kommunistischen Partei, welche durch ihr Verständnis selbstständig handeln können.
„Was tun“ spiegelt genau das, was ich in dem Moment fühle, wider.
Es öffnete mir die Augen zu einer Problematik, die ich leider in der KPÖ gesamt bemerke; das Programm bloß danach zu gestalten, „nah bei den Menschen“ zu bleiben, dazu führt, dass man politisch dort bleibt, wo die Menschen gerade sind, anstatt darüber hinauszuwachsen; dass eine Bewegung, die nicht über sich hinausdenkt, unweigerlich stagniert.
Und so gut der Wille meiner Genossen, welche ich auch immer noch als solche sehe, sein mag, so merke ich, dass wir die Fehler der Vergangenheit ernster nehmen sollten und eine Entfremdung von der Theorie zu genau den Problematiken führt, über die ich gerade schreibe, über die Lenin schon vor über hundert Jahren schrieb.
Es brachte mir bei, Kommunismus ernst zu nehmen: Theorie als Waffe zu verwenden, die Organisation als Werkzeug der sozialistischen Revolution zu begreifen und Kritik als Akt der Solidarität anzusehen und nicht als Feindseligkeit – essentielle Punkte, die mich zur RKP Vorarlberg brachten, da diese Herangehensweise dort nicht als mühselig sondern als selbstverständlich gesehen wird. Die auch neben der theoretischen Kohärenz gezeigt haben, dass sie bereit sind, ihren Horizont zu erweitern und, in Form von Bündnissen, über sich hinauszublicken und auch ohne Händchenhalten der zentralen Leitung handeln kann.