Österreich steckt in der längsten Wirtschaftskrise seit Ende des Zweiten Weltkrieges fest. Nach minus 0,8 Prozent im Jahr 2023 soll die Wirtschaftsleistung heuer wieder um 0,7 % fallen, prognostiziert die Nationalbank (ÖNB). Von Emanuel Tomaselli.
Seit dem Höhepunkt der Nach-Corona-Erholung im zweiten Quartal 2022 ist die Wirtschaftsleistung bisher um insgesamt 2,1 % gefallen. Sachgütererzeugung, Handel, Verkehr und Lagerhaltung sowie der Bau verzeichnen Rückgänge, nur Dienstleistungen verzeichnen ein leichtes Plus. Besonders betroffen ist der Export mit einem Minus von 9 % seit Jahresbeginn 2023, sowie nachlassender Konsum im Inland.
Sektoral ist der Einbruch in baunahen Industriesektoren (Holz, Glas und Keramik sowie Bergbau) mit minus 25 % seit dem ersten Quartal 2022 am tiefsten. Die Metallindustrie vermeldet für 2023 einen Rückgang von 8 % und ein neuerliches Minus von 9 % im laufenden Jahr. Aktuell gibt es 4.000 fixangestellte Metallarbeiter weniger und die Hälfte der Betriebe wird heuer rote Zahlen schreiben, so der Branchenverband FMTI. Die Umsätze im Einzelhandel sanken im ersten Halbjahr dieses Jahres um 0,8 %, im Großhandel um 3,8 %, die Anzahl der Beschäftigten fiel hier um 0,4 %, so der Branchenverband.
Im Jahr 2019 wurde der Bau von 84.890 Wohnungen bewilligt, diese Zahl halbierte sich fast auf 46.600 im Jahr 2023. Diese anhaltende Wohnraumverknappung bei steigender Bevölkerung bedeutet perspektivisch eine weitere Verschärfung der Mietpreiskrise, die nur durch eine Offensive von nicht-profitorientiertem Wohnbau gelöst werden kann.
Vor einem Jahr publizierte die Nationalbank inmitten der Metallerverhandlungen eine kapitalistenfreundliche Studie, die von der Schädlichkeit eines Inflationsausgleiches der Löhne warnte. Empirische Daten bestätigen hingegen die Perspektive, die Der Funke vertreten hat. Die Nationalbanker müssen heute feststellen:
„Energieintensive Sektoren haben sich deutlich schwächer als nicht-energieintensive Sektoren entwickelt. Sektoren mit einem höheren Lohnanteil entwickelten sich hingegen nicht schlechter als nicht-lohnintensive Sektoren.“
„Die internationalen wirtschaftlichen Risiken sind mehrheitlich nach unten gerichtet“, stellen die Banker abschließend fest. Am meisten Probleme erwarten sie sich durch die Verschärfung der Krise in Deutschland, aufgrund der imperialistischen Kriege („Naher Osten, Sudan, Ukraine“), protektionistischer US-Handelspolitik, einer Eskalation des Konflikts zwischen China und Taiwan, Verlust an preislicher Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes Österreich, schwieriger Regierungsbildung und fortgesetzter Konsumzurückhaltung der Österreicher.
Gewohnheitsmäßig ergeben auch die Rechenmodelle der Nationalbanker, dass im kommenden Jahr ein Wirtschaftswachstum von 1 % eintreten wird. Wir werden sehen, dass dieser Wert unterboten werden wird.
(Funke Nr. 227/07.10.2024)