Unser „Center“ in der Lustkandlgasse im 9. Wiener Gemeindebezirk war bis auf den letzten Platz gefüllt. RSO und Funke hatten zur Podiumsdiskussion geladen, „Was hat Antifaschismus mit Gewalt zu tun?“ lautete das Thema. Anlässlich des 80-jährigen Jubiläums der Februarkämpfe in Österreich und der medialen Gewaltdebatte nach den Proteste gegen den rechtsextremen Akademikerball in der Wiener Hofburg vom 24.1. sollten VertreterInnen verschiedener linker Strömungen zu Wort kommen.
Apropos Februarkämpfe: Im Vorfeld der Veranstaltung gab es ein Gedenken im Karl-Marx-Hof. Funke-Redakteur Gernot Trausmuth führte durch die symbolträchtige Wohnhausanlage, wo vor 80 Jahren heftig gekämpft wurde. Bei den einzelnen Stationen wurden Fakten und Geschichten zum Wohnbauprogramm des Roten Wien, zur Vorgeschichte der Februarkämpfe und schließlich zu den Auseinandersetzungen im Karl-Marx-Hof selbst präsentiert. Besonders berührend waren dabei die Anekdoten einzelner FebruarkämpferInnen, die Gernot schilderte. Unser Gedenken an dieses wichtige Ereignis aus der Geschichte der Arbeiterbewegung, so sein Anspruch, sollte nicht von Pathos und inhaltsleeren Phrasen geprägt sein, sondern dazu anregen, die Lehren dieser Niederlage zu studieren.
Was ist Gewalt und wer übt sie aus?
Nach einer kurzen Einstimmung von Maren Rahmann, die Lieder des politischen Schriftstellers Jura Soyfer zum Besten gab, startete die Diskussion. In einer ersten Runde sollten die DiskutantInnen allgemeine Standortbestimmungen zum Thema Gewalt als politisches Mittel liefern, danach sollte auf die Debatte nach dem Akademikerball eingegangen werden. Stefan von der RSO Wien wies darauf hin, dass Gewalt viele Facetten hat und wir in einer äußerst gewaltvollen Gesellschaft leben, die jede Woche ungefähr 50 Menschen abschiebt. Die Darstellung von zerbrochenen Schaufenstern als Ausdruck von Gewaltexzessen sei dagegen lächerlich. Julia von der Sozialistischen Jugend wollte sich ebenfalls nicht auf den medial geforderten Distanzierungswahn einlassen und bezeichnete die Reaktion linker Bewegungen auf die Gewalt des Systems als Gegengewalt. Buchautor und autonomes Urgestein Robert „Fuzi“ Foltin meinte, dass Ausschreitungen schon immer Teil jeder sozialen Bewegungen gewesen wären. Sarah vom Funke sprach sich dafür aus, Gewalt nicht abstrakt sondern sehr konkret zu diskutieren, schließlich sei die Anwendung von Gewalt keineswegs neutral, sondern durchaus im Zusammenhang mit politischen Zielen zu betrachten.
„Der schwarze Block“
Hannah und Christoph, die für die Offensive gegen Rechts (OGR) sprachen, schilderten, wie das Bündnis die Ereignisse vom 24.1. reflektiert hat, warnten vor einer drohenden Repressionswelle und plädierten für eine kritische Debatte innerhalb der Linken über Sinn und Unsinn von einzelnen Protestaktionen, ohne sich von den Medien spalten zu lassen. Im weiteren Verlauf wurde über das Verhältnis von OGR zum autonomen NoWKR-Bündnis, das Auftreten des „schwarzen Blocks“, den Umgang mit möglichen Polizeiprovokateuren und den Schutz der eigenen Demo diskutiert. Während zwei Genossen aus dem Publikum eine Lanze für die NoWKR-Demo brachen, übten mehrere RednerInnen Kritik am Erscheinungsbild welches breitere Bevölkerungsschichten abschrecken würde. Fuzi verteidigte das autonome Demo-Konzept kleiner Gruppen, merkte aber an, dass ihm ein martialisch auftretender, abgeschotteter „schwarzer Block“ auch nicht behaglich sei.
Antifaschismus und die soziale Frage
Im zweiten Teil änderte sich der Fokus der Diskussion auf die Frage, wie Antifaschismus abseits von Demonstrationen gegen einzelne rechte Events aussehen sollte und wie die FPÖ geschwächt werden könne. AktivistInnen von Funke und RSO, aber auch die OGR-VertreterInnen, meinten, dass der Knackpunkt im Kampf gegen Rechts die soziale Frage sei. Stefan schilderte die Erfahrungen der RSO-Betriebsarbeit und meinte, dass radikale Linke mit kontinuierlicher Arbeit in den Betrieben sehr wohl Menschen erreichen könnten, die absolut nichts mit der linken Szene zu tun haben und dass dies auch Teil des Kampfes gegen Rechts sei. Schließlich würde die FPÖ viele ArbeiterInnen ansprechen, die vom Sozialabbau der Regierungsparteien genug haben. Einem Einwurf aus dem Publikum entgegnete Sarah vom Funke, dass es auch in Österreich möglich wäre, Menschen für soziale Fragen und nicht nur mit dem Thema Antifaschismus zu mobilisieren und verwies auf den Streik bei KBA in Mödling.
Solidarische Diskussion
Wer sich ein hitziges Streitgespräch erwartet hatte, wurde an diesem Abend sicherlich enttäuscht. Zu etlichen Fragen herrschte am Podium mehr oder weniger Konsens. Politische Unterschiede zwischen den einzelnen Richtungen sind natürlich vorhanden und wurden auch angedeutet, diese müssten aber im Detail und in anderem Rahmen weiter diskutiert werden. Vielmehr ging es an diesem Abend um Austausch und eine Form von Diskussion, wo sich die Beteiligten tatsächlich gegenseitig zuhören anstatt sich belehren zu wollen und in üblichen Hick-Hack zu verfallen. Der solidarische Diskussionsstil wurde sodann auch von mehreren RednerInnen in ihren Schlussworten gelobt. Viel Lob gab es auch für die Offensive gegen Rechts, der es gelungen war, ein breites Aktionsbündnis aufzustellen und die größten antifaschistischen Proteste in Österreich seit Jahren zu organisieren. Die OGR-VertreterInnen versicherten, nun weiter machen zu wollen und luden dazu ein, sich an der Arbeit des Bündnisses zu beteiligen.
Mit unserer Arbeit in Betrieben und unserem Kampf gegen die Abwälzung der Kosten der Krise auf die Schultern der Lohnabhängigen und der Jugend wollen wir unseren Beitrag zum Aufbau einer starken Bewegung gegen die Rechte leisten.