Ähnlich dem Bundestrend musste vergangenen Sonntag die schwarz-grüne Landesregierung herbe Verluste hinnehmen. Einzige Wahlsiegerin ist die FPÖ, die alle anderen Parteien vor sich hertreibt. Von Felix Bernfeld
Die tiefen Krisen der letzten Jahre sind auch am Ländle nicht spurlos vorbeigezogen. Themen, die bereits bei den Nationalratswahlen von Bedeutung waren – wie die Teuerung, Kriege und internationale Verwerfungen sowie die Krise im Gesundheitssystem – waren laut Umfragen ebenfalls wichtige Wahlmotive bei den Vorarlberger Landtagswahlen. Fast 40% sehen eine negative Entwicklung Vorarlbergs seit der letzten Wahl, ein Wert der 2019 noch bei 16% lag. Die Unzufriedenheit führte zum historisch schlechtesten Ergebnis der ÖVP (38%, -5%) und einem noch stärkeren Minus für die Grünen (12%, -6%). Die schwarz-grüne Landesregierung wurde deutlich abgestraft, während die FPÖ ihr Ergebnis auf 28% verdoppelt hat.
Der Rassismus wird von allen Parteien getragen
Das Thema Asyl und Migration war konstant im Wahlkampf vertreten. Die herrschende Klasse braucht den Rassismus, um die Arbeiterklasse zu spalten und die Unzufriedenheit in ungefährliche Bahnen zu lenken. Die bürgerlichen Medien schreiben (muslimische) Migration zum zentralen gesellschaftlichen Problem hoch und die FPÖ tritt dabei als entschlossenste Partei gegen Zuwanderung auf und kann sich hier politisch stärken. Doch die rassistische Politik wird von allen Parteien mitgetragen, was sichtbar war an der Einstimmigkeit beim Beschluss des sogenannten „Vorarlberg-Kodex“ im Mai 2024.
Dort wird zwar festgehalten, dass jeder Mensch in Vorarlberg gleiche Rechte hat, aber unter diesem Deckmantel sollen sich Asylwerber zu schlecht bezahlten „Hilfstätigkeiten“ verpflichten. Während Asylwerber jahrelangen bürokratischen Verfahren ausgesetzt sind, konstante Unsicherheit und Sorge vor Abschiebungen haben, vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind und bewusst in einer Perspektivlosigkeit gehalten werden, macht der Vorarlberg-Kodex sie selbst zum Problem – etwa indem sie unterschreiben müssen, dass Gewalt an Frauen und Kindern ein No-Go ist. Das ist nichts anderes als ein Versuch, Asylwerber generell als gewaltbereite Fremdkörper darzustellen, um die rassistische Spaltung in der Gesellschaft zu vertiefen.
Industrie in der Krise
Eine spezifische Rolle spielen in Vorarlberg die Industriebetriebe, die von der anhaltenden Rezession besonders betroffen sind. Bei Hirschmann und Zumtobel kam es bereits zu Massenentlassungen, unsicher ist auch die Zukunft des Metallbetriebs Elko-König (wir berichteten). Insgesamt plant ein Drittel der Industriebetriebe Mitarbeiter zu entlassen. In der energieintensiven Metallindustrie bezeichnen 73% der Betriebe die Geschäftslage als negativ. Gerade unter den Industriearbeitern befinden sich viele der Tausenden Menschen, die in Vorarlberg gar nicht wahlberechtigt sind. Insgesamt war mehr als ein Fünftel der Bevölkerung nicht wahlberechtigt.
Das Fake-Duell im Wilden Westen
Um seine schwache Ausgangslage zu verbessern, rief Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) ein „Duell“ um den Platz 1 aus. Das Duell zwischen ÖVP und FPÖ fand nicht statt und die ÖVP landete schlussendlich 10% vor der FPÖ. Dennoch beteuern alle kleineren Parteien, ihre schlechte Performance liege daran, dass sich der Wahlkampf auf ÖVP und FPÖ zugespitzt habe. Doch das ist ein Ablenkungsmanöver von der wirklichen Situation: Die ÖVP konnte das „Duell“ erst ausrufen, weil keine der kleineren Parteien sie überhaupt herausforderte, obwohl es genügend Stoff dafür gegeben hätte. Die Korruptionsvorwürfe von 2022 gegen Markus Wallner (ÖVP) griff etwa niemand auf, da alle Parteien darauf schielten, selbst mit ÖVP koalieren zu dürfen!
SPÖ stagniert einstellig
Mario Leiter, Vorsitzender der SPÖ Vorarlberg, hoffte gestärkt aus dem Wahlkampf hervorzugehen und strebte eine Koalition mit der ÖVP an. Doch das erhoffte „rote Wunder“ war der SPÖ nicht vergönnt. Sie verlor sogar leicht von einem bereits sehr niedrigen Niveau und kam auf 9%, was das zweitschlechteste Ergebnis der Nachkriegszeit darstellt. Mario Leiter verortete das Problem bei dem von Wallner ausgerufenen Duell. Tatsächlich verlor die SPÖ Stimmen aber vor allem wegen einem weitgehend inhaltsbefreiten Wahlkampf – die SPÖ titelte mit einem nichtssagenden „Vorarlberg kann’s besser“. Einzig die Forderung nach 11.000 Sozialwohnungen spricht die Probleme der Arbeiterklasse an. Aber gleichzeitig machte Leiter bereits vor den Wahlen klar, dass er bereit ist, um jeden Preis eine Koalition mit der ÖVP einzugehen. Es war auch Leiter, der bereits am Tag nach der Nationalratswahl über die Bundes-SPÖ sagte: „Die SPÖ wird sich bewegen müssen bei der Erbschafts- und Vermögenssteuer.“ Wer also sollte Vertrauen darin haben, dass die SPÖ ihre Wahlversprechen nach mehr sozialem Wohnbau nicht sofort wegschmeißen würde, wenn ihnen ein Mitregieren in Aussicht gestellt wird?
Auch an der Rassismuskampagne beteiligte sich Leiter (der offensiv mit seiner 40-jährigen Berufserfahrung als Polizist wirbt) mit einem eigenen Video vom „Brennpunkt“ am Dornbirner Bahnhof und einem Aufruf für mehr Mittel für die Polizei.
In der Krise des Kapitalismus gibt es keinen Spielraum für Verbesserungen ohne harte Klassenkämpfe. Die reformistische Ausrichtung der SPÖ, die immer mit den Bürgerlichen zusammenarbeiten, aber nie mit den Arbeitern kämpfen will, ist die Grundlage ihrer Dauerkrise.
Klassenkampf gegen Krieg und Rassismus – Auf zur RKP
Alle Parteien tragen wissentlich und willentlich den Rassismus und die Verschlechterungen mit. Der seit einem Jahr laufende Genozid an den Palästinensern und die Staatsräson, bedingungslos hinter der israelischen Kriegsmaschinerie zu stehen, wird von allen Parteien unterstützt. Einzig die Sozialistische Jugend Vorarlberg durchbrach die nationale Einheit im Ländle und rief zur Solidarisierung mit den Palästinensern auf, die auch mit von uns organisierten großen Demos einen Ausdruck auf der Straße fanden. Die SPÖ beantwortete dies mit (erfolglosen) Parteiausschlussverfahren. Es war unter diesen Umständen, dass die Genossen der SJ Vorarlberg entschieden haben mit der SPÖ zu brechen und zum Beitritt zur Revolutionären Kommunistischen Partei (RKP) aufrufen.
Wir wissen, dass es der Kapitalismus und der Imperialismus sind, die Kriege und Flucht verursachen. Die Wirtschaftskrise wird sich fortsetzen und wir werden weiter mit steigender Arbeitslosigkeit und Massenentlassungen konfrontiert sein. Die kommenden Regierungen in Bund und Land werden versuchen die Krise auf die Arbeiterklasse abzuwälzen, soziale Angriffe zu starten und Sparpakete umsetzen. ÖVP und FPÖ bereiten jetzt eine gemeinsame Landesregierung vor, in der sie darum wetteifern werden, wer am schärfsten gegen Asylwerber Stellung bezieht.
Keine der etablierten Parteien hält der ideologischen Offensive des Rassismus und der Spaltung etwas entgegen und niemand ist bereit, den nötigen Abwehrkampf zu organisieren. Daraus ergibt sich für uns die Notwendigkeit, auch in Vorarlberg, die Revolutionäre Kommunistische Partei (RKP) zu gründen.
Deshalb
- Komm am morgigen Samstag, den 19.10. zur Demo in Feldkirch (15.00 Uhr, Treffpunkt Katzenturm): Gegen Rassismus und rechte Hetze!
- Besuche am 09.11. die Gründungsveranstaltung der RKP in Wien! ( https://derfunke.at/aktivwerden )
- Komm zu unseren Treffen, tritt der RKP bei!