Die von der Regierung beschlossene Anstaltslösung für die Hypo ist für die Allgemeinheit am allerteuersten: Alle Hypo-Investoren und Anleger werden mit Steuergeldern ausgezahlt. Damit ist der größte singuläre Umverteilungsakt von Lohnabhängigen zu Kapitalbesitzern in Österreich besiegelt.
Zwei renommierte Wirtschaftsprüfungsinstitute, Wyman und Zeb argumentieren in ihren Studien, dass die beschlossene Anstaltslösung („Bad Bank“) für die öffentliche Hand die teuerste aller Möglichkeiten ist. Umgekehrt formuliert: Sie ist die bequemste und profitträchtigste Lösung für Investoren und Großanleger. Warum hat die Regierung so entschieden? Wem soll man noch glauben?
Zuerst zu den Fakten: Die Balkan-Töchter der Hypo-Alpe-Adria werden noch heuer verkauft. Wir sagen bereits jetzt: der Verkaufserlös der Balkan-Töchter wird im besten aller Fälle ein Nullsummenspiel. Der Rest kommt in eine Bad Bank. Damit werden die Staatsschulden schlagartig um 18 Mrd. € erhöht werden, die heuer fälligen Zahlungen werden mit etwa 3,5 Mrd. angesetzt, eine große Anleihe im Umfang von 5 Mrd. € wird Anfang nächsten Jahres fällig. Das ist Geld, das direkt vom Budget in die Hände von Investoren geht. Doch hier argumentieren wir bereits nicht mehr mit öffentlich zugänglichen Fakten, sondern mit geleakten Informationen, denn das Geschäftsgeheimnis bleibt bis ins Grab gewahrt.
Die sachlichen Vorteile einer Pleite…
Eine Pleite hingegen hätte die Position der SteuerzahlerInnen deutlich verbessert: Zumindest hätten die anderen Hypo-Banken im Zuge des Haftungsverbunds mitgezahlt, und großes Anlegerkapital (etwa die umstrittenen 1,9 Mrd. der Bayrischen Landesbank) wäre automatisch in die Konkursmasse gefallen, sprich hätte die Summe, die nun die SteuerzahlerInnen übernehmen, automatisch verringert. Eine Pleite wäre den SteuerzahlerInnen in jedem Fall günstiger gekommen.
Aber das ist nicht alles: Eine Pleite der Hypo hätte bedeutet, dass alle Investoren ihre Ansprüche offenlegen hätten müssen. Immerhin hätte die Öffentlichkeit dann gewusst, wer die Empfänger unseres Geldes sind. Dies hätte es ermöglicht einen politischen und sozialen Kampf gegen diese Investoren zu führen. Die Chancen hier rechtliche und/oder politische Punktesiege gegen die Investoren zu erreichen, wäre beträchtlich gestiegen.
…und warum sie nicht umgesetzt wird
Neben den garantierten Zins- und Rückzahlungen hat die nun angestrebte Bad Bank einen weiteren essentiellen Effekt: Wir werden nie erfahren, an welche Mafias, Hedegefonds und österreichische Bankinstitute und Einzelpersonen unser Geld nun fließen wird. Wir werden auch nie erfahren, ob die vorgetragenen Sachargumente (Stichwort: Landeshaftungen) überhaupt (und in welcher Summe) stimmen. Der Mantel des Schweigens, der nun über ein Jahrzehnt von Bereicherungen, mangelnder Sorgfalt, Freunderlwirtschaft und offenem Betrug gelegt wird, ist wohl der Hauptgrund für die gewählte Lösung. Dieser Umstand wird als „Stabilität des Finanzmarkts und des Standorts Österreich“ umschrieben, uns fällt angesichts dieser Entscheidung nur eine Bezeichnung ein: das ist die Diktatur des Kapitals.
Es kommt noch mehr
Der Bail-out der österreichischen Banken kommt nun voll in Gang. Zur Erinnerung: 6,5 Mrd. € Steuergelder wurden schon unwiederbringlich in Hypo, Kommunalkredit und bei den Volksbanken verbraten. Jetzt kommen weitere 18 Mrd. für die Hypo-Alpe-Adria (HGAA). Der nächste Kandidat für Steuermilliarden sind die Volksbanken, die im kommenden April ihre tief rote Bilanz präsentieren werden. Dass diese Bank (deren Bilanzsumme doppelt so hoch wie jene der HGAA ist) noch heuer weitere Staatsgelder beziehen muss, ist eine ausgemachte Sache. Währenddessen wird die Bawag-PSK völlig ausgehöhlt und mittelfristig wohl auch vom Markt verschwinden. Die Bank Austria hat letztes Jahr 1,8 Mrd. € Verlust gemacht.
Wirklich daheim ist Österreich aber im Hause Raiffeisen. Hier wurde Politik, Industrie und Bank zu einem einzigen Ganzen verschmolzen. Die Raiffeisen-Zentralbank (RZB) konnte bis zum heutigen Tag die staatlichen Hilfsgelder in der Höhe von 1,8 Mrd. nicht zurückzahlen und leidet extrem unter den Verlusten ihrer angeschlagenen Töchter in der Ukraine (dort ist die Raika die größte ausländische Bank), Rumänien und Ungarn. „Die Presse“ kommentiert diesen Zustand so: „Osteuropa, die einstige Erfolgsgeschichte für die dort sehr massiv vertretenen österreichischen Banken, ist zurzeit in weiten Teilen eher ‚misery in progress’. Finanzplätze wie die Ukraine, Ungarn oder Rumänien sind zu schwarzen Löchern mutiert, die Bankaktiva magisch anziehen und verschlingen.“
Zeitenwende
In der der ersten Phase der Krise 2008/09 konnten durch immensen politischen und internationalen finanziellen Aufwand („Donauinitiative“ des ehemaligen Vizekanzlers Pröll) die österreichischen Banken in Osteuropa aufgefangen werden. Doch die vergangen Jahre wurden nur unzureichend genützt, sich aus diesen einbrechenden Märkten zurückzuziehen (im Gegenteil: die RZB kaufte sich nach Erhalt der Staatsgelder sogar eine neue Bank in Polen).
Diesmal jedoch wird es keine internationalen Auffangaktionen mehr geben. Im Gegenteil, die verschärften Regeln für Eigenkapital von Banken (Basel III) sowie die entstehende Bankenunion in der EU verengen den Manövrierraum der österreichischen Banken beträchtlich.
Das wichtigste Asset der österreichischen Großbanken ist damit die Willfährigkeit der heimischen Politik.
Die Krise der österreichischen Banken ist eine Zeitenwende für die gesamte Gesellschaft. Der Reichtumsimport durch Kapitalexport war die wichtigste Ressource gesellschaftlichen Wohlstands und politischer Stabilität. Dies verwandelt sich nun in ihr Gegenteil. Nun werden die Lohnabhängigen für die geplatzten Expansionsphantasien zahlen, und das österreichische Kapital wird wieder in die Regionalliga absteigen.
Die Krise des Reformismus
Ist das Verhalten der ÖVP aus der organischen Verbindung dieser Partei mit dem österreichischen Kapital erklärbar, so fußt die Haltung der SPÖ argumentativ auf überholten politischen Prämissen. Der rote AK-Direktor Muhm begründet die vollständige Ausbezahlung der Hypo-Profiteure mit der Aufrechterhaltung der Stabilität und dem drohenden „Abstieg aus der deutschen Bundesliga“. Diese Politik muss angesichts des Ausmaßes der ökonomischen Probleme zu einem politischen Waterloo für die Arbeiterbewegung werden – ohne die wirtschaftlichen Ungleichgewichte beheben zu können.
Die Prämissen dieser Keynesianer sind schlichtweg falsch: sie setzen alles daran, um in dieser Wirtschaftskrise um jeden Preis Stabilität sicherzustellen, mit der vagen Hoffnung, dass irgendwie, irgendwann und irgendwo soviel Steuern aufgetrieben werden, um die aufgerissenen Löcher wieder zu stopfen.
Der politische Effekt dieser Politik ist die vollkommene politische Entwaffnung der Arbeiterbewegung: Demoralisierung und Skeptizismus sind die Folge. Das Kapital wird sich aber für diese Dienste nicht dankbar erweisen, sondern die Demoralisierung der Arbeiterbewegung nützen, um noch brutaler in die Offensive zu gehen.
Eine mögliche Alternative
Wir MarxistInnen argumentieren dafür, die Krisenhaftigkeit der Kapitalismus als objektiv gegebene Ausgangssituation zu akzeptieren. Jeder Versuch, eine wirtschaftliche Stabilisierung zu erreichen, wird das politische und soziale Gleichgewicht der Gesellschaft zerstören, da nur durch neue Märkte (welche?) oder Zerstörung bestehender Überkapazitäten eine neue Investitionsspirale beginnen wird. Daher argumentieren wir dafür, die Krise des Kapitalismus – die momentan besonders im Finanzsektor akut ist – dafür zu nützen, um offensiv eine gesellschaftliche Auseinandersetzung um die Enteignung des Privatkapitals zu führen. Wenn die Banken pleite gehen, dann soll der Staat nur die gesunden Teile übernehmen und verstaatlichen.