Herbst-KV: Löhne & Arbeitsplätze unter Druck

Die Unternehmen verlangen bei den Kollektivvertragsverhandlungen diesen Herbst Lohnverzicht aufgrund der anhaltend schlechten Wirtschaftslage. Die Gewerkschaftsführung hat dieser Logik bisher nichts entgegenzusetzen. Von Martin Halder.
Die KV-Verhandlungen im Herbst beginnen mit den knapp 200.000 Beschäftigten der Metallindustrie, gefolgt von den Eisenbahnern (55.000) und dem privaten Gesundheits- und Sozialbereich (130.000). Der Metallbereich ist der wichtigste Sektor der Arbeiterklasse in Österreich und hat eine Vorbildfunktion.
Mit der Krise der europäischen Industrie setzten die Metall-Bosse das Messer bei den Beschäftigten an, um ihre Profite zu retten. Seit Mitte 2023 wurden über 8.000 Jobs (5.000 Fixangestellte und 3.000 Leiharbeiter) in der Branche gestrichen und der Metall-Fachverband der Wirtschaftskammer verlangt einen Abschluss „deutlich unterhalb der Inflation“.
Auf derartige Kampfansagen der Industrie zeigen sich die zwei verhandlungsführenden Gewerkschaften dieses Jahr zurückhaltend. Bundesgeschäftsführer der Gewerkschaft GPA Ferrari spricht von „Rahmenbedingungen, die wir noch nicht hatten“ und zeigt sich bereit für „vernünftige und verantwortungsvolle Lösungen“. PRO-GE Vorsitzender Binder meint sogar: „Es gibt überhaupt keinen Grund zum Streiten. Die Menschen wollen von uns Lösungen!“
Diese Antworten versuchen einer Grundsatzhaltung auszuweichen: Wer bezahlt die Krise – Unternehmen oder Beschäftigte? Wir argumentieren, dass die Metallbarone in der Vorkrisenperiode Rekordprofite geschrieben haben. Wenn ein Unternehmen tatsächlich in Schwierigkeiten steckt, sollten die Eigentümer die Profite der Vorperiode ins Unternehmen stecken. In den Jahren 2022-2024 wurden in der Metallbranche insgesamt 7,25 Mrd. an Dividenden an Aktionäre ausgeschüttet – 2023 machte die Ausschüttung sogar 90% des Gewinns aus, der direkt in die Taschen der Kapitalisten wanderte (AK-Branchenreport).
„Lösungen“ ohne Arbeitskampf haben wir bereits bei den Abschlüssen im Frühjahr gesehen. Nahezu alle KVs im ersten Halbjahr wurden unterhalb der Inflation abgeschlossen. In der Elektro- und Papierindustrie wurden sogenannte Rezessionsklauseln eingeführt, die es Unternehmen mit schlechteren Gewinnzahlen ermöglichen, bis zu 50% der Lohnerhöhung in Freizeit oder Einmalzahlungen umzuwandeln, was den Lohnverlust weiter vergrößert.
Vorreiter hierfür waren die Metall-KVs selbst. Während im Oktober 2023 die PRO-GE derartige Klauseln noch ablehnte, weil die „wirtschaftliche Konkurrenz von Unternehmen nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmer:innen ausgetragen“ werden darf, stimmten ihre Verhandlungsführer zwei Monate später einer „Härtefallklausel“ zu. Das Ergebnis: 42.000 Metaller erlitten dadurch Reallohnverluste und Binder betont, er könne sich eine solche Klausel erneut vorstellen.
Zudem unterzeichnete die Gewerkschaft 2023 einen Abschluss auf zwei Jahre. Seitdem hat eine ganze Reihe von Sektoren Abschlüsse auf mehrere Jahre vollzogen. Wir sagen dazu: Jeder zusätzliche Monat, in dem ein ganzer Sektor nicht zu Versammlungen, Kundgebungen und Streiks mobilisiert werden kann, stärkt die Unternehmer, vereinzelt kämpferische Belegschaften oder Betriebsräte und verhindert nicht zuletzt den gemeinsamen branchenübergreifenden Lohnkampf. So verhandeln diesen Herbst der Handel und der öffentliche Dienst (beide haben auf 2 Jahre abgeschlossen) voraussichtlich nicht mit.
All diese Dammbrüche der letzten Jahre geben den Industriellen mehr Spielraum, um Jobs, Löhne und Arbeitsbedingungen anzugreifen. Sie schwächen die KVs und die Kampfkraft der Arbeiter, die den Angriffen der Unternehmer ausgeliefert sind. Das verringert die Spannkraft der Gewerkschaft: Im letzten Jahr hat die PRO-GE fast 10.000 Gewerkschaftsmitglieder (-4,2%) verloren, mehr als alle anderen Teilgewerkschaften zusammen.
Die aktuelle Situation erfordert eine völlige Kehrtwende in der Gewerkschaftspolitik. Es braucht eine gewerkschaftliche Offensive nicht nur in der Frage der Löhne, sondern für den Erhalt jedes Arbeitsplatzes – mit den Methoden des Streiks und der Betriebsbesetzung. Jede Werkschließung und Massenentlassung, jeder Abschluss unter der Inflation, die von der Gewerkschaftsführung kampflos akzeptiert wird, ist eine Niederlage für alle Arbeiter und Angestellten. Rücksicht auf die Profite der Unternehmen werden weder Jobs noch Löhne retten – nur die Angst der Bosse vor der Entschlossenheit und Solidarität der Beschäftigten.
Die Arbeiterklasse kann nur gewinnen, wenn sie in volle Konfrontation mit den Unternehmern geht und ihren faulen Tricks, Löcher in den KV zu schlagen und den Lohnverlust einzuzementieren, eine Absage erteilt. Eine derartige Kehrtwende muss von unten kommen. Kollegen und Betriebsräte müssen sich zusammen tun und ihrer Stimme in den kommenden Betriebsversammlungen und Gewerkschaftskonferenzen Gehör verschaffen. Dafür wirbt die RKP.
(Funke Nr. 236/28.08.2025)