Sozialbereich: Klassenkampf statt Sparzwang


Dem Sozial-, Gesundheits- und Bildungsbereich steht ein massives Kürzungsprogramm bevor. Die Krise des Kapitalismus soll auf die schwächsten Teile der Gesellschaft abgewälzt werden, um die Profite der Reichen zu garantieren. Diesem Sparzwang kann nur mit Klassenkampf begegnet werden. Von Sarah Ott, Betriebsrätin bei LOK (Leben Ohne Krankenhaus)
Die letzten Wochen waren geprägt von der Bekanntgabe umfassender Kürzungen in der Daseinsfürsorge: der Pflegebonus soll in Salzburg gestrichen werden, unzähligen Projekten wird die Förderung gekürzt oder ganz entzogen, Betten in Spitälern müssen eingespart werden, Mitarbeitende werden zur Kündigung angemeldet, … Und dabei ist das gesamte Ausmaß der bevorstehenden Einsparungen noch nicht einmal vollständig bekannt.
Das drückt sich auch in den Kollektivvertrags-Verhandlungen im privaten Sozialbereich (SWÖ) aus, bei denen die Arbeitgeber bereits jetzt versuchen, den kommenden Spardruck auf die Beschäftigten abzuwälzen. Die Politik der Gewerkschaftsführungen spielt dem in die Hände, denn statt den Kampf umfassend zu organisieren, folgen sie völlig den Bedürfnissen der Wirtschaft und setzen auf Standortlogik, Sozialpartnerschaft und „vernünftige Abschlüsse“, die in Wahrheit nur den Reallohnverlust der Beschäftigten auf Jahre einzementieren.
Gleichzeitig entsteht aber auch eine gewisse Dynamik im Bereich, sich gegen diesen Kahlschlag zur Wehr zu setzten, mehrere Kundgebungen haben bereits stattgefunden. Dabei ist es nicht die Forderung nach 4% Lohnerhöhung, die die Beschäftigten auf die Straße bringt, sondern das Bewusstsein, dass man gegen die Sparmaßnahmen kämpfen muss. Es geht dabei nicht nur um unsere Arbeitsbedingungen, sondern auch um den Anspruch, den Menschen, die wir betreuen, pflegen und unterstützen, ein würdiges Leben zu ermöglichen. All das ist unter der aktuellen Sparpolitik der Regierungen in Bund und Ländern in Gefahr. Die Sparpolitik betrifft nicht nur den privaten, sondern auch den öffentlichen Bereich, sie betrifft uns alle. Und nur kollektiv können wir uns dagegen wehren.
Viele Beschäftigte fühlen sich isoliert und wissen nicht, wie man den Angriffen etwas entgegensetzen soll. Aber unser Bereich hat schon oft gezeigt, dass wir bereit sind für unsere Interessen zu kämpfen und daran gilt es anzuknüpfen. In der Covid-Pandemie hat man uns als systemerhaltend bezeichnet und das sind wir auch heute noch. Wir müssen auf unsere eigenen Kräfte bauen, uns mit Kolleginnen und Kollegen vernetzen, in den Betrieben und darüber hinaus.
Auch wenn es Geschäftsführungen gibt, die ebenfalls gegen die Kürzungen auftreten, so geben sie die Einsparungen trotzdem direkt an die Beschäftigten weiter. Und das wird gerade bei den KV-Verhandlungen klar, wo uns gesagt wird, dass bei einem „zu hohen“ Abschluss, dann eben an anderer Stelle eingespart werden wird. Niemand wird es uns abnehmen, gegen die Sparmaßnahmen zu kämpfen und dieser Kampf ist auch nicht mit den KV-Verhandlungen beendet, sondern geht weit darüber hinaus.
Wir müssen nicht nur in einzelnen Betrieben, sondern im gesamten Bereich streikfähig werden. Das beginnt damit, sich mit Kolleginnen und Kollegen auszutauschen, über die Sparmaßnahmen und die dahinter stehende Politik zu reden und, wo es möglich ist, dazu Stellung zu beziehen. Eigentlich wäre es die Aufgabe der Gewerkschaften, einen solchen Austausch zu befördern, aber sie tun genau das Gegenteil.
Wir sehen aber in anderen Ländern, dass es immer wieder gelingt, den Druck so groß werden zu lassen, dass die Gewerkschaftsführung gezwungen ist, aktiv zu werden, wie beispielsweise in Italien beim Generalstreik für Palästina. Und auch wir dürfen nicht darauf warten, dass uns erlaubt wird, zu kämpfen. Solidarität ist unsere Waffe und wir müssen gemeinsam, uns eine Welt erkämpfen, in der ein gutes Leben für alle möglich ist.
(Funke Nr. 239)