Eine Klimakatastrophe am Horizont, ein Anstieg an psychischen Problemen, Inflation, eine Wirtschaftskrise nach der anderen, mehrere blutige Kriege und Genozide. Und keiner kann erklären, warum oder wie man es stoppt. Das ist die Welt, in der Jugendliche sich heute zurechtfinden müssen. Von Valentin Iser.
Doch die Schule ist nicht der Ort, wo man offen über diese Dinge reden kann. Das stellen die Herrschenden sicher. Die Schule muss ein „neutraler Ort“ bleiben, „unpolitisch“ sein; die Schüler gehören vor „politischer Propaganda“ geschützt. Damit gemeint ist natürlich nicht ihre eigene politische Propaganda. Neutral und unpolitisch ist die Schule schon gar nicht.
Das haben sie angesichts des Genozides am palästinensischen Volk wieder bewiesen. An etlichen Schulen wurde de facto verboten, über das Thema zu sprechen und Schüler werden systematisch eingeschüchtert. Für ein „Free Palestine“ auf einer Schultafel drohte ein Wiener Schulleiter mit Strafanzeige und Schulverweis (siehe Funke 221). „Bei Verdacht auf Radikalisierung solle sofort die Polizei gerufen werden“ so Bildungsminister Polaschek. LehrerInnen stehen vor einer unmöglichen Aufgabe. Sie sollen Schülern vermitteln, dass wir in einer Demokratie leben, müssen aber gleichzeitig das palästinensische „Opfernarrativ zurechtrücken“, also die staatsoffizielle österreichische Auffassung durchsetzen, dass Israel das Opfer und die Palästinenser die Täter seien – notfalls eben auch indem sie die Polizei auf Schüler hetzen. An dieser Aufgabe muss der beste Pädagoge scheitern, die Realität eines Völkermordes ist hartnäckig. Das Nachrichtenmagazin Profil schildert weiter:
„Der Gaza-Krieg schlägt auf heimische Klassenzimmer durch. In sozial benachteiligten Mittelschulen, aber auch in Volksschulen mit hohem Anteil muslimischer Schüler, grassiert nach dem Terrorangriff auf Israel eine latente bis offene Judenfeindlichkeit. Auf den Gängen kommt es zu ‚Free Palestine!‘-Rufen, islamistische Propaganda-TikTok-Videos vergiften im Schulhof die jungen Köpfe.“
In der Schulrealität trauen sich aber die wenigsten offen über ihre Position zum Palästinakonflikt zu sprechen, weil Kritik an Israel pauschal mit Antisemitismus gleichgesetzt wird und kaum argumentativ beantwortet wird. Die Schüler erkennen aber natürlich sofort die Heuchelei. Noch vor zwei Jahren zu Beginn des Ukrainekrieges wurde doch in jedem Unterrichtsfach über den Krieg gesprochen. Wenn FPÖ-Politiker dann aber an Grazer Schulen bekunden, dass „Menschen, die Schweinefleisch essen, sich weniger in die Luft sprengen“, ist das bestimmt die „Demokratiebildung und Wertevermittlung“, von der alle reden!
Die Schule ist bloß eines der vielen Werkzeuge der herrschenden Klasse, die öffentliche Meinung zu formen und das bestehende System ideologisch zu untermauern. Und natürlich sollen wir auf den Arbeitsmarkt vorbereitet werden und unsere Rolle als gehorsame Lohnsklaven einüben. Angesichts der zunehmend offensichtlichen Widersprüche des Kapitalismus wird dieser ideologische Spagat aber eine immer unmöglichere Aufgabe für die Bürgerlichen, weshalb sie auch an Schulen zu Repression greifen müssen. Das ist bloß ein weiteres Indiz dafür, dass sie die Jugend fürchten – und das zu Recht. Denn diese Generation hat nie einen funktionierenden Kapitalismus erlebt, sondern nur Klimawandel, Vertreibung, Krise und Sparzwang. Sie hat nichts zu verlieren und zieht immer radikalere Schlussfolgerungen. Die Schule wird das aber nicht zulassen – die Herrschenden wären ja auch blöd, wenn man in der Schule lernen könnte, wie der Kapitalismus gestürzt werden kann. Dieses Verständnis müssen wir uns also selbst erarbeiten. Als revolutionäre Kommunisten ist es unsere Aufgabe und Pflicht, dort anzuknüpfen und den Schülern zur Seite zu stehen und ihnen den Weg nach vorne zu zeigen, indem wir ihnen die richtigen Ideen geben.
(Funke Nr. 226/30.08.2024)