Unser US-amerikanischer Genosse Milos muss vor Gericht, wo ihm eine Gefängnisstrafe von bis zu 90 Tagen droht. Sein Verbrechen: Einen Flyer am Minneapolis International Flughafen verteilt zu haben, in denen er wirtschaftliche Daten beschreibt, die ebenso auf der Firmen-Homepage veröffentlicht wurden. Von Fabian Cisar.
Inspiriert wurde der Genosse von der marxistischen Ökonomie – welche erklärt, dass der Profit der Kapitalisten aus der unbezahlten Mehrarbeit der Arbeiterklasse kommt. Es reichte eine kurze Internetrecherche, um das Verständnis auf seinen eigenen Arbeitsplatz anzuwenden. Die 21.200 Beschäftigten am Flughafen erhalten durchschnittlich einen Jahreslohn von 61.000 USD, während der generierte Wert pro Arbeiter allerdings 183.000 USD beträgt. Das heißt sie bekommen durchschnittlich nur ein Drittel des geschaffenen Wertes, von den durchschnittlichen 260 Arbeitstagen arbeiten sie 173 davon für den Profit der Bosse.
Mit dieser einfachen Information produzierte der Genosse einen Flyer und verteilte ihn an seine Kollegen mit der Frage: Arbeitest du gerne 173 Tage im Jahr gratis? Er verbreitete sich am ganzen Flughafen wie ein Waldfeuer. Baristas, Köche und selbst Manager lasen ihn in Gruppen und begannen, sie von selbst zu verteilen. Alle wissen, dass sie hart arbeiten und am Ende des Monats das eigene Konto trotzdem leer bleibt, doch der Flyer liefert eine Erklärung und Perspektive dafür. Viele wollten wissen, was man dagegen tun kann und begannen mit Milos in den Pausen über Marxismus und Revolution zu diskutieren. Nur der Sturz dieses parasitären Systems und die Übernahme des Flughafens unter Arbeiterkontrolle können dieser Ausbeutung ein Ende bereiten.
Schlussendlich bekam die Chefetage davon mit und ließ unseren Genossen vor allen Augen von Flughafendetektiven abführen. Die Doppelmoral ist offensichtlich: Während die Bosse ihre Gewinnzahlen in Meetings besprechen und veröffentlichen, bekommen Arbeiter, die auf ihrer Arbeit über die gleichen Zahlen reden, die Staatsgewalt auf den Hals gehetzt.
Seine Kollegen sind jedoch solidarisch und wütend über die Repression, sie schicken unserem Genossen Soli-Nachrichten und Spenden. Eins ist klar: Unsere Solidarität ist wie ein Flughafen, international. Wir kämpfen auf der ganzen Welt gegen die Gier der Bosse und für den Sturz des Kapitalismus!
(Funke Nr. 225/8.07.2024)