Von 9. bis 11. Mai fanden die Wahlen der Österreichischen HochschülerInnenschaft statt. Eine Analyse der Ergebnisse und der Rolle, die die ÖH in der Gesellschaft spielt.
Zur Wahl stellten sich neun Fraktionen, die größtenteils mit einer etablierten Partei finanziell wie personell verstrickt sind. Nach langem Warten stehen die Bundesergebnisse nun fest: Während auf der einen Seite der VSStÖ stimmenstärkste Fraktion bleibt und ein Mandat dazugewinnt und auch die beiden kommunistischen Listen mehr Stimmen erhalten (alle drei insgesamt +3,4%), zählen Grüne, Junos sowie die Fachschaftslisten zu den Wahlverlierern (insgesamt – 7,6%). Die rechten Fraktionen (AG, RFS) bleiben auf niedrigem Nievau stabil. Dies zeigt, dass der Druck der kapitalistischen Krise auch auf den Unis vermehrt spürbar wird. Linke Programme mit sozialem Inhalt gewinnen Wahlen, die (links-)liberalen Fraktionen können dem Druck hingegen nur schwer standhalten. Dass beinahe 10% ihr Kreuz bei einer kommunistischen Liste machten, ist weiters Ausdruck davon, dass die Angst vor dem Kommunismus auf Unis nicht nur abnimmt, sondern auch immer mehr Studierende offen für radikale Lösungen sind. Der allgemeine Druck sorgt zudem für eine zunehmende Ausfransung der unipolitischen Landschaft. So schaffte die erstmals antretende Satireliste „Who the f*ck is Herbert“ gleich mit 2 Mandaten den Einzug in die Bundesvertretung.
Diese Krise findet auch einen Ausdruck darin, dass bei zwei Podiumsdiskussionen in Graz und Wien sich selbst die ÖVP-nahe AG sowie die Junos (NEOS) gesellschaftspolitisch betont links gaben. Die Bürgerlichen spüren demnach ebenfalls den vermehrten Druck auf den Unis und sprechen plötzlich über Antidiskriminierung, Antirassismus und die Gleichstellung der Frau.
All diese Ergebnisse sind ein wichtiges Zeichen der unipolitischen Entwicklungen. Sie drücken aber keinesfalls den „gesamthaften“ Willen der Studierenden aus, denn die Wahlbeteiligung lag lediglich bei 21,2 Prozent. Die traditionell niedrige Wahlbeteiligung sorgt schon länger für das Hinterfragen der Legitimität der ÖH. So schien auch bei den Fraktionen der Exekutive (GRAS, VSSTÖ, FLÖ) die Angst vor einer geringen Wahlbeteiligung beinahe größer zu sein, als jene vor einem schlechten Wahlergebnis selbst. Um mehr Studierende zum Gang ins Wahllokal animieren zu können, riefen sogar Bundespräsident, Bildungsminister sowie diverse andere MinisterInnen zur Wahl auf. Diese betonten einig wie selten, wie wichtig es sei, wählen zu gehen und eine starke ÖH als Sprachrohr in der Politik zu haben. Dass die hohe Politik dieses Sprachrohr aber stets geflissentlich überhört, sprach niemand an.
Als am Donnerstagabend die gestiegene Wahlbeteiligung feststand, sorgte dies für Erleichterung. Obwohl eine Wahlbeteiligung von 21,2 Prozent den historisch zweitniedrigsten Wert (nach dem niedrigsten im Pandemiejahr 2021) darstellt, findet ÖH-Vorsitzende Keya Baier (GRAS) den Anstieg „unglaublich erfreulich“ und spricht von einer absoluten Trendwende. Auch Bildungsminister Polaschek zeigt sich erfreut. Diese Einstellungen machen deutlich, dass den Herrschenden und ihren Handlangern unter den Studierenden die politischen Programme relativ egal sind. Zuerst gilt es, die Legitimität der ÖH zu sichern, damit diese die Studierenden im Zweifelsfall unter Kontrolle halten kann. In Zeiten der Krisen und Instabilitäten müssen die Herrschenden schließlich über ausreichend Instrumente verfügen, die unsere Wut kanalisieren und gegen uns richten können. Die Bürgerlichen haben Angst, dass sich infolge der sozialen Zuspitzungen an der Uni die Studierenden nicht mehr mit Wahlen abspeisen lassen, sondern beginnen, für ihre Rechte zu kämpfen.
Die niedrige Wahlbeteiligung ist keine Zufälligkeit. Die ÖH ist ein von den bürgerlichen Institutionen abhängiges Organ und letztlich vor allem eine Ausbildungsstätte für NachwuchspolitikerInnen. Sie spielt in den gesellschaftlichen Auseinandersetzungen keine vorwärtstreibende Rolle und ist nur mit ihren Gremien und symbolischen Aktionen beschäftigt. Die Fraktionen verschwinden nach Wahlen schnell wieder in ihren bürokratischen Kämmerchen, statt die Studentenschaft zu mobilisieren, um echte Verbesserungen zu erkämpfen. Revolutionäre MarxistInnen an den Universitäten müssen die Studierenden auf Kämpfe der gesamten Arbeiterklasse, unter anderem dem Unipersonal orientieren. Nur gemeinsam können erfolgreiche Kämpfe gegen Sparpolitik und für den Sozialismus geführt werden: Students and workers – unite and fight!
(Funke Nr. 214/24.05.2023)