Anstatt sich um die Probleme der Menschen und des Planeten zu kümmern, ergehen sich die Herrschenden in Luxus, Eigennutz, Kriegsgeheul und Korruption. Dies ist ein Resultat der kapitalistischen Produktionsweise.
Der Fokus des Weltgeschehens ist die Ukrainekrise: Truppenaufmärsche, Kindersoldaten, Artillerieduelle, Annexionen, diplomatische Winkelzüge, wobei Informationen selbst Teil der Kriegsführung sind. Wiederholt verlautbarte US-Präsident Biden den russischen Angriff auf die Ukraine, ohne dabei eine patriotische Stimmung auslösen zu können. Die US-amerikanische Arbeiterklasse will von einem neuen Krieg nichts wissen. Der ukrainische Präsident rief einen „Tag der nationalen Einheit“ aus. Zu den Kundgebungen erschienen jedoch mehr Journalisten als Patrioten. Weil nationalistisches Getöse auch RussInnen kalt lässt, geht Putins Regime immer härter gegen soziale Proteste vor und polemisiert in seiner Primetime TV-Liveansprache am 21.2. gegen Lenin (wegen dessen Anerkennung der ukrainischen Nation, der Absage an den großrussischen Chauvinismus und seines Eintretens für die Einheit der Arbeiterklasse).
Die Welt ist eine Aneinanderreihung von Krisenherden, an denen sich die führenden Mächte USA, China, Russland und EU zunehmend direkt und offen feindlich gegenüberstehen, ohne dafür von „ihrem Volk“ Unterstützung zu bekommen.
Die innenpolitische Lage Österreichs ist nicht weniger ernst. Die ÖVP steckt in der tiefsten Krise ihres Bestehens. Neben dem türkisen Netzwerk, der „Hure für die Reichen“, rund um Ex-Kanzler Kurz fokussieren sich die Skandale nun auf das Innenministerium und den Justizapparat. Dazu kommt das „normale politische Geschäft“ der Postenbesetzungen, die vom Postenkommandanten bis zum Obersten Gerichtshof nach dem Gesichtspunkt der Obrigkeitsgefälligkeit erfolgen. Derart in der Defensive reagieren ÖVP und deren Medien nun mit verbrannter Erde. „Je mehr in einem Land die Korruption besprochen wird, desto mehr rutscht ein Land ab“ warnt der Kurier; die Tageszeitung Presse schreibt die Krise Österreichs der Informationsweitergabe dunkler Geheimdienst-Kreise an neugierige Parlamentarier und Medienmacher zu.
Die ÖVP versucht das mediale Interesse weg von sich auf FPÖ-, Russland-, Wirecard, Peter Pilz- und allgemein kriminalitätsnahe Kreise im Geheimdienst BVT zu lenken. Dabei will sie vergessen lassen, dass das BVT (nunmehr: DSN) seit seiner Gründung von ihr dominiert und umfassend für Parteiinteressen eingespannt wird. Und dass Wirecard-CEO und Kurz-Freund Braun wegen Milliardenbetrugs vom „Strategiestab des Bundeskanzlers, ThinkAustria“ direkt in eine deutsche Haftanstalt wechselte.
Die Entzauberung des „neutralen Staates“ und der „seriösen Volkspartei“ ist für die ganze herrschende Klasse gefährlich. Eigentlich sollte der Staat diskret das Gesamtinteresse der Kapitalisten im In- und Ausland organisieren und durchsetzen. Eine langfristige Strategie haben die Herrschenden aber weltweit nicht mehr, schon gar nicht die österreichischen. Sie sind gezwungen auf unkontrollierbare Krisenausbrüche zu reagieren, zunehmend sind sie dabei untereinander gespalten. Die Unsicherheit und die Spaltungslinien an der Spitze der Bourgeoisie fressen sich durch ihren ganzen Apparat nach unten durch. Kein Einzelphänomen ist die Ursache der Krise, sondern ihrer aller Zusammentreffen. Jede Ursache hat Wirkungen und diese werden zu neuen Ursachen.
Die Finanzkrise 2008 war ein Wendepunkt. Die Kapitalistenklassen entschieden sich für das Primat der politischen Stabilität gegenüber der wirtschaftlichen Stabilität, daher die zehnjährige Flutung der Finanzmärkte mit billigem Geld der Zentralbanken. Dies befeuerte die Konjunktur, den exzessiven Reichtum weniger und gleichzeitig das Auftürmen der höchsten Schuldenberge der Weltgeschichte zu Friedenszeiten (heute 355% des Welt-BIP). Mit der Corona-Krise wurden zusätzlich hohe Budgetdefizite zur Stabilisierung in Kauf genommen (z.B. USA 10,8% des BIP im Jahr 2021, Aussetzung des EURO-Stabilitätsmechanismus). Gleichzeitig zum Geldüberangebot schrumpfte das Warenangebot wegen fehlender industrieller Kapazitäten und Lieferkettenprobleme, die Schere zwischen Geld und Warenangebot geht auseinander.
Die „Analyse“ von EZB-Chefin Lagarde, dass die Inflation sich gegen Jahresende von selbst abflachen werde ist pure Phantasie. Aktuell beträgt sie in allen imperialistischen Ländern über 5% – mit einer Dynamik nach oben. Die Zentralbanken Großbritanniens und der USA haben nun begonnen, die Geldmenge zu reduzieren (u.a. durch die Erhöhung des Leitzinses um 0,25%). Die globale Gesamtgemengelage ist für Politiker und Notenbanken aber nicht mehr kontrollierbar. Es ist wahrscheinlich, dass die von Billiggeld aufgepumpte Konjunktur einbricht, bevor sich die Inflation nachhaltig verringern wird. Der Abfluss von über 3000 Mrd. € aus europäischen Unternehmensanleihen in nur einer Februarwoche zeigt, wie schnell die Finanzjongleure selbst auf kleinste Zinsänderungen auf den Märkten reagieren.
Die Arbeiterklasse wird mehrfach zahlen: Durch steigende Preise, durch den kommenden Wirtschaftseinbruch mit Betriebsschließungen und sozialen Kürzungen, durch Kriege um Märkte und Einflusszonen, durch die egoistische Zukunftsvergessenheit der Herrschenden angesichts von Bedrohungen wie dem Klimawandel.
1916 fasste Lenin die erste objektive Bedingung der Revolution als „die Unmöglichkeit für die herrschenden Klassen, ihre Herrschaft in unveränderter Form aufrechtzuerhalten; diese oder jene Krise der ‚Spitzen‘, Krise der Politik der herrschenden Klasse, die einen Riss erzeugt, durch den die Unzufriedenheit und Empörung der unterdrückten Klassen hervorbricht.“ Eine Revolution beginnt also nicht von unten. Sie zeigt sich zuerst in der Krise der Herrschenden.
Doch keine privilegierte Klasse geht von selbst. Und eine Reform des Kapitalismus ist nicht möglich, weil Nationalstaat und profitorientiertes Privateigentum zugleich das Wesen wie auch die innere Schranke des Systems bilden. Aus den Trümmern des Alten wird das Neue entstehen, und seine Protagonistin ist die Arbeiterklasse, die sich ihrer selbst erst in Kämpfen, die ihr die herrschenden Verhältnisse aufzwingen, bewusst wird.
Die Inflation schob bereits den Aufstand der ArbeiterInnen Kasachstans im Jänner und die gewaltige Streikwelle der ArbeiterInnen in der Türkei im Februar an. Dies sind globale Vorboten des sich nun weltweit zuspitzenden Klassenkampfes. Um mehr zu gewinnen als einen partiellen Teuerungsausgleich oder diese oder jene Stabilisierung, brauchen wir eine Organisation im Sinne jenes Menschen, den Putin selbst 98 Jahre nach seinem Tod noch fürchtet: Lenin.
Eine Organisation der Jugendlichen und ArbeiterInnen, die ein festes Ziel verfolgt: ein Instrument aufzubauen, das es der Arbeiterklasse ermöglicht, die Krisen des Systems zu nutzen, um es zu beenden. Dies ist unser politischer Ansatz. Wer den Sieg der kommenden Revolution vorbereiten möchte, ist eingeladen, mit uns, der International Marxist Tendency (IMT), zu kämpfen.
Wien, am 23.2.2022
Aus dem Inhalt:
- Österreich
- Die schwierige Vermessung der Super-Reichen
- SPÖ-OÖ: Neuer Vorsitz, alte Krise
- Über die Aufgaben der KommunistInnen
- Betrieb & Gewerkschaft
- Artık Yeter – es reicht! Das Erwachen der Arbeiterklasse in der Türkei
- Leserbrief: Sexismus am Bauhof
- Gesundheit – Pflege – Kinderbetreuung: Wir wollen alles!
- Leserbrief: Die falsche Work Life Balance
- Jugend
- Das System macht krank – stürzen wir es!
- Leistungsdruck gemeinsam bekämpfen
- Schwerpunkt: Für die Frauenbefreiung – für die soziale Revolution!
- In eigener Sache
- Theoriemagazin: In Verteidigung der marxistischen Ökonomie
- Theorie
- Rosa Luxemburg und die Frauenbefreiung
- Des Spekulanten neuste Mode: NFTs
- Die Revolution wird das Klima retten! Der Kapitalismus hat versagt
- International
- r/Antiwork: Gesunder Klassenhasse & die Streikwelle in den USA
- Iran: Lehrerstreiks fordern das Mullah-Regime heraus
- Burkina Faso: Militärputsch kommt Revolution zuvor
- Ukraine-Konflikt: Internationalismus gegen Imperialismus
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