Vorarlberg: Widerstand gegen die Spitals-„Reform“


Die Schulden des Landes Vorarlberg haben sich seit 2019 fast verdreifacht – auf 713 Millionen Euro. Nun will die Vorarlberger Landesregierung auf Kosten der Arbeiterklasse das Landesbudget sanieren. Der bisher größte Aufreger: die Schließung der Dornbirner Geburtenstation. Von RKP Vorarlberg
„Doppelgleisigkeiten“ wie die Existenz von Geburtenstationen sowohl in Dornbirn als auch in Bregenz sollen damit beendet sein. Es ist ein Sparpaket, das die Qualität der medizinischen Betreuung von Frauen und Schwangeren verschlechtern wird. Das Aus der Geburtenstation Bludenz wurde bereits im September fixiert. Die zuständige Landesrätin Rüscher (ÖVP) will auch die Schließung von ganzen Spitälern in Zukunft nicht ausschließen. Stationsschließungen in den Krankenhäusern sollen letztlich zu einer Aufteilung Vorarlbergs in die Krankenhaus-Regionen Nord und Süd führen.
Dazu kommt, dass bereits dieses Jahr Millionen im Sozialbereich (IfS, aks) gekürzt werden, bei der Unterstützung von Menschen mit Behinderung und beim Kinderdorf. Konfrontiert mit erstem Widerstand bewies Rüscher ihre Arroganz und Abgehobenheit, als sie im ORF-Interview zum Besten gab, dass es “nicht unsere Aufgabe ist, der Bevölkerung jeden Wunsch zu erfüllen und alle 10 Kilometer ein Krankenhaus zu bauen”.
Gegen die Schließung der Geburtenstation regte sich sofort Widerstand. Auf Initiative der Beschäftigten der Gynäkologie in Dornbirn wurde eine Petition zum Erhalt der Geburtenstation gestartet. Binnen weniger Tage unterschrieben 57.000 Menschen, 14% der Vorarlberger Bevölkerung, mehr als Dornbirn Einwohner hat! Beflügelt von diesem Erfolg organisierten Ärztinnen und Hebammen kurzfristig eine Kundgebung vor dem Bregenzer Landhaus, an der sich 400 Personen beteiligten. Der Enthusiasmus war spürbar und zeigte das enorme Potential einer Bewegung gegen die Sparpolitik.
Während diese Initiative der Dornbirner Ärztinnen und Beschäftigten goldrichtig ist, sind die Reaktionen von Arbeiterkammer, Gewerkschaft und SPÖ ein Armutszeugnis.
Der AK-Vorarlberg Präsident Heinzle (ÖVP) etwa zeigt sich empört über die Schließung – aber letztendlich bestärkt er die grundsätzliche Notwendigkeit von Sparpaketen, will aber mehr eingebunden werden („Reden Sie mit uns!“).
Dieselbe Orientierung hat die SPÖ, die gemeinsam mit den Grünen im Landtag einen „Gesundheitsgipfel“ fordern, bei dem Regierung, Opposition und Beschäftigte gemeinsam eine „Lösung“ finden sollen.
Anstatt die wenig überraschende Niederlage im Landtag (die ÖVP-FPÖ-Mehrheit lehnte den Antrag ab) als Startpunkt für die Mobilisierung für eine Großdemo zu nutzen, versiegte hier der Widerstand der Opposition.
Noch absurder ist die Positionierung auf Bürgermeister-Ebene: Während der Dornbirner SPÖ-Bürgermeister Fäßler naturgemäß gegen die Entscheidung ist (und trotzdem nicht zu Protest aufrief), zeigt sich sein Parteikollege und Bregenzer Bürgermeister Ritsch „zufrieden“ mit der Zusammenlegung, die zugunsten des Bregenzer LKH ausgeht. Die Solidarität in der SPÖ reicht also ziemlich genau bis zur Stadtgrenze!
Ein zentraler Widerspruch ist bei den bisher zwei Kundgebungen gegen die Schließung ungeklärt geblieben: Kämpfen wir alleinig für eine Geburtenstation in Dornbirn oder generell gegen konstante Verschlechterungen und Einsparungen im Gesundheits- und Sozialbereich?
Es gibt große Wut. Aber die Perspektive, dass „generell“ eingespart werden muss, schwächt die Bewegung. Bei der ersten Kundgebung schilderte eine Mutter in sehr bewegenden Worten, dass ihr Kind wegen einer Krankheit oft sehr schnell ins Krankenhaus muss und die geplanten Schließungen (und damit ein weiterer Weg) lebensgefährlich für ihr Kind sein könnten. Was heißt das für eine Mutter mit einem Kind mit denselben Problemen in Bregenz, wenn dort die Stationen geschlossen werden? Einsparungen gegeneinander abzutauschen, führt nur zu Entsolidarisierung.
Die Regierung nutzt das aus, indem sie Sparpläne scheibchenweise in einem Bereich nach dem anderen umsetzt. Das war bereits bei der Schließung der Geburtenstation Bludenz der Fall. Wie wir gesehen haben, reichen einzelne Kundgebungen und Petitionen alleine nicht aus.
Ein Vorbild dafür sind die Beschäftigten und der Betriebsrat der Salzburger Landeskliniken, die gegen Gehaltskürzungen beim Pflegepersonal (minus 162,67 Euro brutto) und andere Verschlechterungen systematisch vorgehen. Laut Betriebsrat besteht ein Eskalationsplan, der mit einer Betriebsversammlung und bisher zwei Demonstrationen begonnen wurde – an der am 25. November nahmen bis zu 12.000 Menschen teil!
Das ist der Weg vorwärts. Wir beteiligten uns mit dem Slogan „Pflege statt Panzer“ und der Forderung für eine von Gewerkschaft und Betriebsrat organisierte Großdemo der Beschäftigten an allen Protesten in Vorarlberg und organisierten eine Kundgebung zum Tag gegen Gewalt an Frauen, bei der klar festgehalten wurde: Nieder mit allen Einsparungen zu unseren Kosten!
(Funke Nr. 239)