Wir befinden uns in einer Epoche der strukturellen kapitalistischen Krise. Die Antwort des Kapitals besteht in einer erbarmungslosen Offensive gegen die Rechte und den Lebensstandard der ArbeiterInnen und der Jugend. Nur mit der Theorie und den Methoden des Marxismus kann die Sozialistische Jugend den Bürgerlichen Paroli bieten!
Ideologisch wird der Vormarsch des Kapitals von einem reaktionären Backlash begleitet. Autoritäre Ideen und Strömungen werden wieder salonfähig. Die Spitzen von SPÖ und ÖGB sind weit davon entfernt den Gegenschlag zu organisieren. Sie kämpfen verzweifelt darum, sozialpartnerschaftlich an dieser Offensive teilhaben zu dürfen. Sektiererische Grüppchen, inklusive der Konkursmasse der KPÖ haben außerhalb der ArbeiterInnenbewegung die Plätze auf den Zuschauerbänken des politischen Prozesses eingenommen.
All das bedeutet für eine marxistische Sozialistische Jugend eine ungeheure Verantwortung und Herausforderung. Es ist ihre Aufgabe, die fortgeschrittensten Schichten der Jugend zum Kampf zu organisieren. Gleichzeitig ist es die Pflicht der Sozialistischen Jugend, in den Organisationen der ArbeiterInnenbewegung eine Debatte über Strategien und Taktiken eines erfolgreichen Gegenschlags gegen die Offensive des Kapitals zu entfachen und den Marxismus, als Wissenschaft der Befreiung der ArbeiterInnenklasse, zu verbreiten. Damit die Sozialistische Jugend ihrer Aufgabe gerecht werden kann, sollte sie sich unserer Meinung nach in der nächsten Periode entlang folgender Punkte positionieren:
Für eine SPÖ-Alleinregierung unter der Kontrolle der mobilisierten ArbeiterInnenschaft!
Nach den Niederlagen der ArbeiterInnen in betrieblichen und gewerkschaftlichen Kämpfen wird sich der Kampf gegen das Kapital in der kommenden Phase auf die politische Ebene verlagern. Es handelt sich nunmehr für die SJÖ darum, ehrliche Antworten auf die Frage zu bieten, unter welchen Bedingungen ein wirklicher politischer Wechsel im Sinne der Jugendlichen und der ArbeiterInnen stattfinden kann. Diese Bedingungen lauten unserer Meinung nach folgendermaßen: Die Sozialdemokratie muss die sozialen Interessen der arbeitenden Menschen zu ihrem zentralen Thema machen. Das ist der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, gegen die Ausdehnung der Arbeitszeit, gegen den Kaufkraftverlust und gegen die Privatisierungspolitik. Zentral sind die Forderungen nach einer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich und nach einer Verstaatlichung der Infrastruktur, des Sozial-, Bildungs-, und Gesundheitssystems, sowie der Banken und Monopolen unter der demokratischen Kontrolle von Beschäftigten und Betroffenen. Hinzu kommt die Forderung nach der Rücknahme sämtlicher Verschlechterungen durch Schwarz-Blau. Für die Jugend muss das Recht auf Ausbildung und eine der Ausbildung entsprechende Arbeit ins Zentrum des Programms gerückt werden. Der Wahlkampf muss seine Ergänzung im außerparlamentarischen Kampf finden. Es liegt am ÖGB zu den oben genannten Themen eine Massenbewegung in den Betrieben zu organisieren, die den Wahlkampf der SPÖ durch Massenversammlungen, Massendemonstrationen und Massenstreiks unterstützt.
Gleichzeitig ist der Zeitpunkt günstig für die SJ, rund um die Verteidigung des freien Hochschulzugangs und der Lehrlingsausbildung eine Jugendbewegung in Gang zu setzen.
Auf diese Weise könnte die SPÖ der ÖVP die Initiative wieder entreißen, die öffentliche Meinung gewinnen und im Zusammenhang mit einem Einbruch der ÖVP auf deren natürliches Niveau und der Selbstvernichtung von FPÖ/BZÖ zu einer absoluten Mehrheit gelangen.
Die SJÖ sollte eigenes Wahlkampfmaterial, in dem sie diese Positionen vertritt, produzieren und in SPÖ und ÖGB für ihre Standpunkte kämpfen. Die SJÖ sollte sich zudem gemäß dem SJÖ-Grundsatzprogramm gegen Koalitionen mit bürgerlichen Parteien einsetzen und die Kontrolle und Unterstützung der SPÖ-Alleinregierung durch die mobilisierten Massen fordern.
Die SJÖ muss zur führenden Kraft in der Solidaritätsbewegung mit Venezuela werden!
Der revolutionäre Prozess in Venezuela ist für die ArbeiterInnen- und Jugendbewegung das wichtigste Ereignis seit dem Fall der Berliner Mauer. Der venezolanische Präsident Hugo Chavez hat in Porto Allegre eine Diskussion über die Notwendigkeit einer sozialistischen Gesellschaftsordnung und die Unmöglichkeit eines menschlichen Kapitalismus in Gang gesetzt. Diese Diskussion gilt es gemeinsam mit anderen Erfahrungen der venezolanischen Revolution aufzugreifen und in die österreichische ArbeiterInnen- und Jugendbewegung hinein zu tragen. Auf Grund der „Kapitalismusdebatte“, die nicht nur im fernen Venezuela, sondern auch in Deutschland und Österreich stattfindet, kann der Zeitpunkt dafür nicht günstiger gewählt sein. Zu diesem Zweck, und um Venezuela im Kampf gegen den Imperialismus zu unterstützen, sollte sich die SJÖ aktiv an der internationalen „Hands off Venezuala“-Kampagne beteiligen. Ziel von „Hände weg von Venezuela, muss es sein, eine breite, überparteiliche aber nicht unpolitische Solidaritätsbewegung ähnlich der 70er/80er begründen zu helfen, und dieser einen organisatorischen Rahmen zu geben. Um die SJÖ auf ihre Aufgabe vorzubereiten ist es notwendig, auf allen Ebenen der Organisation den revolutionären Prozess in Venezuela politisch zu begleiten, regelmäßig zu diskutieren und einer marxistischen Analyse zu unterziehen. Weiters sollte sich die SJÖ beim ÖGB für die Anerkennung der bolivarischen Gewerkschaft UNT einsetzen.
Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa!
Nach dem Scheitern der EU-Verfassung in Frankreich und den Niederlanden befindet sich die Europäische Union in der schwersten Krise ihres Bestehens. Auch in Österreich lehnt eine große Mehrheit der Bevölkerung den derzeitigen Kurs der Europäischen Union ab und befindet sich dadurch im Widerspruch zu sämtlichen Parlamentsparteien und zum politischen Establishment. Es wird nun immer klarer und deutlicher sichtbar, was MarxistInnen seit Jahrzehnten voraussagen: Die Vereinigung Europas auf kapitalistischer Grundlage ist eine reaktionäre Utopie. Die Grenzen des bürgerlichen Nationalstaats können nur auf sozialistischer Grundlage nachhaltig überwunden werden.
Da in der ArbeiterInnenbewegung und in der Linken momentan niemand eine sozialistische Alternative zum kapitalistischen Projekt EU anbietet, können rechte Rattenfänger à la Strache den Unmut in eine nationalistische Richtung lenken und von der Diskussion profitieren. Nicht nur die FPÖ, sondern auch manche Euroskeptiker der Linken sehen in einem unabhängigen nationalstaatlichen Weg die soziale Alternative zur neoliberalen EU. Bei der heutigen Verflochtenheit der Weltwirtschaft ist aber jede nationalstaatliche Perspektive ob rechts oder links, ein reaktionärer Versuch das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Keinesfalls bedeutet eine rot-weiß-rote Abkoppelung Frieden und sozialen Fortschritt. Im Gegenteil: Ein Zerfall der EU in Nationalstaaten, würde unzweifelhaft die wirtschaftlichen und militärischen Spannungen in Europa immens verstärken.
Um so größer ist die Verantwortung der Sozialistischen Jugend für den berechtigten Unmut der Bevölkerung einen alternativen Kanal zu öffnen. Dem Europa der Banken, Konzerne und Generäle und den rot-weiß-rot hurrapatriotischen „Raus aus der EU, Phrasen à la FPÖ muss das Europa der ArbeiterInnen und der Jugend gegenüber gestellt werden: Die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa.
Die SJÖ muss die führende Rolle in der antifaschistischen Bewegung einnehmen!
Die antifaschistischen Demonstrationen in Braunau und Linz, vor allem aber die großartige Demonstration in Bludenz verhalfen der SJÖ unter AntifaschistInnen zu großem Ansehen. Diese Position gilt es zu verteidigen und weiter auszubauen. Aufklärungsarbeit, das Organisieren von Konzerten und das Wachstum der SJÖ ist ein wichtiger Teil der antifaschistischen Arbeit, für sich alleine aber nicht genug. Die SJÖ kann nur dann die führende Rolle im antifaschistischen Kampf beanspruchen, wenn sie immer dort den aktiven Kampf mit den Faschisten aufnimmt, wo diese ihr Haupt erheben und dabei die größte Initiative an den Tag legt. Ziel muss es sein, jedes öffentliche Auftreten von Faschisten zu unterbinden. Dabei dürfen wir nur auf unsere eigene Kraft vertrauen und nicht auf die Hilfe der Staatsgewalt.
Die SJÖ muss sich zum freien Wettbewerb der Ideen und zur Demokratie in der Arbeiterbewegung bekennen!
Die SJÖ sollte sich weiterhin in der Tradition der Ära Kollross und in der Tradition der internationalen Arbeiterbewegung sehen – als Organisation, in der politische Strömungen im freien Wettbewerb der Ideen, Methoden und Programme um die politische Linie ringen. Der freie Meinungsaustausch ist die unbedingte Vorraussetzung für eine starke, lebendige und politische Sozialistische Jugend. Er gewährleistet, dass sich Ideen und Methoden auf Grund ihrer Überzeugungskraft und Qualität durchsetzen und nicht aufgrund der bloßen Macht des Apparats. Freier Meinungsaustausch beinhaltet insbesondere die unbeschränkte Freiheit der Strömungen ihre Ideen zu verbreiten (Infostände, Verkauf der Materialien). Wird der freie Meinungsaustausch in welcher Form auch immer eingeschränkt, entstehen ein Klima der Einschüchterung, der Passivität und des Kasernengeists, ein Klima welches das Kriechertum gegenüber dem selbständigen Nachdenken und der eigenständigen Meinungsbildung begünstigt. Bürokratisierung und Entpolitisierung sind die unmittelbare Folge und bereiten den Boden für einen modernistischen Rechtsruck in der SJÖ. Die gesamte harte Arbeit der Linken in den letzten fünf Jahre wäre dann umsonst gewesen.
Die Demokratie in der SJÖ darf nicht eingeschränkt, sondern weiter ausgebaut werden. Damit sich auf den Konferenzen und Verbandstagen die realen Kräfte widerspiegeln und nicht Karteileichen, sollen gemäß der wirklichen Traditionen der SJÖ Mitglieder über 35 nicht zum Delegiertenschlüssel herangezogen werden. Dahingehend sollte der Status des fördernden Mitgliedes angepasst werden. Es kann nicht sein, dass in einer Jugendorganisation inaktive Mitglieder über 35 einen entscheidenden Machtfaktor darstellen.