Seit Monaten findet eine Hetzkampagne statt: Jegliche Solidarität mit dem palästinensischen Volk wird mit Antisemitismus und Terrorsympathien gleichgesetzt. Die SPÖ-Führung hat sich dieser Kampagne vollumfänglich angeschlossen, indem sieben Funke-Unterstützer in Wien-Alsergrund (mit der dezidierten Androhung, die Liste laufend zu erweitern) und zwei Funke-Unterstützer und GenossInnen der SJ Vorarlberg aus der SPÖ ausgeschlossen werden. Von Martin Halder.
Die (ständig wechselnden) „Begründungen“ für die Ausschlüsse sind absolut an den Haaren herbeigezogen und sogar noch absurder als die übelsten Verleumdungen aus den Medien. Die Wiener Partei wirft uns vor, sich nicht von der Hamas distanziert zu haben und Gewalt und Terrorismus zu verherrlichen. Der SPÖ-Vlbg-Landesvorsitzende Mario Leiter unterstellt uns in einem Vorarlberg-Heute-Interview (18.10.23) implizit, es „in Ordnung“ zu finden, wenn Kindern die Kehle aufgeschlitzt würde (!). Das ist eine haarsträubendere Verleumdung, als es sich selbst die rechtesten Medien und Politiker zu sagen trauten und eine völlige politische und menschliche Bankrotterklärung.
Gegen Krieg und Unterdrückung
Im selben Fernsehbeitrag wird der Post der SJ Vorarlberg, der der Anlass für die Angriffe der Medien und der SPÖ gegen uns war, zitiert: „Nach dem Angriff der Hamas führt Israel einen erbarmungslosen Krieg gegen die gesamte palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen.“ Wer kann heute diesen Fakt leugnen? Über 25.000 Tote (mehr als 1% der Gesamtbevölkerung!), tausende vermisste und hunderttausende vertriebene Palästinenser sind die Bilanz von dreieinhalb Monaten Krieg im Gazastreifen.
Die Rechtsaußenregierung Israels unter Netanjahu und die rechtsradikalen Siedlergruppen haben die blutige Unterdrückung der Palästinenser noch einmal verschärft. Doch was tun die Parlamentsparteien – auch die SPÖ – in Österreich? Sie stellten und stellen sich vollständig hinter das sogenannte „Selbstverteidigungsrecht“ Israels, was nichts anderes bedeutet als eine Deckung aller Verbrechen der Unterdrückerseite, der israelischen Armee und der rechten Siedler.
Als Internationalisten treten wir gegen die jahrzehntelange Unterdrückung der Palästinenser durch den israelischen Staatsapparat ein und das nicht erst seit gestern – denn sie ist die konkrete Ursache für Krieg und Terror. Aber wir bleiben nicht dabei stehen, sondern wollen das Problem an der Wurzel bekämpfen: das kapitalistische System, das von der Teile-und-Herrsche-Politik, von der Unterdrückung und Spaltung der Massen lebt.
Wir stehen für eine freiwillige, sozialistische Föderation im Nahen Osten, in der alle Völker und Religionen – egal ob Muslime, JüdInnen, ChristInnen – ein selbstbestimmtes Leben führen können. Das ist nur möglich mittels eines Sturzes der kapitalistischen Regime in der gesamten Region durch eine sozialistische Revolution in einem gemeinsamen Kampf der Massen aller Nationen und Religionen.
Bankrotterklärung der SPÖ
Unsere internationalistische Position auch nur in die Nähe von Hamas-Sympathien oder Antisemitismus zu rücken, ist eine dreiste Lüge und soll die eigene Unterstützung imperialistischer Politik decken.
Mit jedem neuen Bericht über die Kriegsleiden in Gaza wächst allerdings der Druck auf die SPÖ, die sich nun vermehrt besorgt um die humanitäre Lage in der Region zeigt. Dabei handelt es sich um salbungsvolle Worte, während die SPÖ gleichzeitig an der Unterstützung des Kriegs Israels festhält. So sagt der SPÖ-Spitzenkandidat für die EU-Wahlen Andreas Schieder in der ZIB2 (15.01), dass er zwar humanitäre Hilfe für Palästina wichtig fände, das militärische Vorgehen Israels allerdings „legitim“ sei und die Möglichkeit den Krieg zu beenden nicht etwa bei der israelischen Regierung, sondern ausschließlich bei der Hamas liegen würde. Dies ist eine komplette Umkehrung der Tatsachen vor Ort.
Auch in der Innenpolitik stellt sich die SPÖ hinter die österreichische Regierung, die den Nahostkonflikt dazu verwendet, Rassismus gegen Muslime und Flüchtlinge zu schüren. Statt der rassistischen Hetze entgegen zu treten ortet Parteichef Babler angesprochen auf importierten Antisemitismus ein „massives Integrationsversagen“. Er fordert mehr Rückführungsabkommen mit nordafrikanischen Staaten und eine „schlagkräftige Polizei“ gegen alle, die hier nach „Scharia und Kalifat schreien“ würden.
Kapitalisten statt Kommunisten ausschließen
Die Ausschlüsse und Angriffe gegen uns verfolgen eine politische Agenda und sind eine Klassenfrage. Nichts macht das klarer als die Person Alfred Gusenbauer. Der ehemalige SPÖ-Vorsitzende und Bundeskanzler (2007-08) hat durch seine Position im Aufsichtsrat der Signa Holding Millionen am Spekulationsgeschäft von Rene Benko mitverdient.
Doch Babler meint, das Verhalten Gusenbauers wäre zwar „politisch und moralisch nicht in Ordnung“, doch ein Ausschluss sei nicht notwendig:
„Die Statuten der Sozialdemokratie geben keinen Ausschluss her und mein Blick ist vorwärts gerichtet. Ich hab wichtigere Dinge zu tun als nachzudenken, ob jemand monatelang in einem Schiedsgerichtsverfahren beschäftigt ist.”
Um ungestört nach rechts zu gehen und in der kommenden Regierung die Konterreformen der Bürgerlichen durchzuführen, wird der Parteifreund, der mit den großen Kapitalisten per du ist, mit Samthandschuhen angefasst. Eine „Gefahr“ für die Sozialdemokratie ist man nur als Kommunist.
So wird im Schreiben des SP9-Präsidiums der eigentliche Ausschlussgrund genannt: Darin heißt es, dass der Funke den Klassenwiderspruch im Kapitalismus zur Grundlage seiner Politik macht und „seit jeher keine sozialdemokratischen Ziele, sondern jene revolutionärer Kommunisten“ verfolgt.
Daran werden wir auch weiterhin festhalten. Der revolutionäre Marxismus ist seit jeher Bestandteil der Arbeiterbewegung und hat sich immer gegen nationale Unterdrückung ausgesprochen. Als Funke sind wir immer konsequent und offen für unsere kommunistischen Ideen eingetreten und haben im Unterschied zur SPÖ-Führung nichts, wofür wir uns entschuldigen müssten.
Martin Halder ist ehemaliger Vorsitzer der Sozialistischen Jugend Alsergrund (aufgelöst per Beschluss der Sozialistischen Jugend Wien vom 13.11.23). Er wie auch weitere sechs Genossinnen und Genossen der SJ Alsergrund haben vor dem Schiedsgericht der Partei Einspruch gegen ihren Ausschluss aus der SPÖ eingelegt.
(Funke Nr. 220/26.1.2024)