Der „politische Lockdown“ der Führung der Arbeiterbewegung bedeutete, dass der diesjährige 1. Mai anders war als sonst. Neben Corona-Leugnern und Polizeigewalt gingen dennoch tausende KlassenkämpferInnen im ganzen Land auf die Straße – auch der Funke. Ein politisches Statement und ein Bericht zum 1. Mai 2021.
Normalerweise ist der 1. Mai in Wien vor allem geprägt von den Aktivitäten der Sozialdemokratie: Frühmorgens bis zum Mittag ziehen aus allen Bezirken Demonstrationszüge zum Rathausplatz, auf dem sich insgesamt Zehntausende zusammenfinden. Doch dieses Jahr sagte die Wiener Parteiführung, ebenso wie in den meisten anderen Städten, den Maiaufmarsch ab. Auf dem Rathausplatz fanden sich lediglich einige Dutzend von der Partei mobilisierte FahnenträgerInnen ein, die die Kulisse für eine Onlineveranstaltung boten. Wer abseits dieser ausgewählten Personen den 1. Mai traditionell am Rathausplatz begehen wollte, wurde weggeschickt.
Dieses Vakuum führte nicht nur dazu, dass nach der SP-Medienaktion ein Häuflein rechter Corona-Leugner am 1. Mai ungestört von der Arbeiterbewegung am Ring vor dem Rathausplatz auftreten konnte. Es führte auch dazu, dass sich die Polizeiführung am Kampftag der Arbeiterklasse in Wien offensichtlich sicher genug fühlte, auf einer linken Demonstration zu eskalieren – und der Innenminister und die meisten Medien ihr im Nachhinein unterstützend zur Seite springen.
In diesem Sinne war der 1. Mai so ein Abbild im Kleinen der allgemeinen politischen Situation. Das soziale Kettensägenmassaker aus Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit, Lohnverlust, dauernder Überlastung der Beschäftigten im Gesundheitsbereich, gepaart mit einem Korruptionsskandal der Regierung nach dem anderen beantwortet die Führung der Arbeiterbewegung mit einer immer tieferen Beschwörung der „Sozialpartnerschaft“. In diesem verordneten „politischen Lockdown“ hat es seit über einem Jahr keine größeren Mobilisierungen der Arbeiterklasse mehr gegeben. So wird das Heft des Handelns in die Hände des Kapitals, der Rechten und der Regierung mitsamt Staatsapparat gelegt.
Es zeigte sich aber auch, dass trotz des Winterschlafs der Führung der Arbeiterbewegung die Rechten und Corona-Leugner am 1. Mai nichts zu melden haben. Während sich eine Handvoll von ihnen in Wien am Ring versammelten, fanden zeitglich eine Reihe von Demonstrationen der Linken statt, die insgesamt mehrere Tausend Menschen auf die Straße brachten.
„Der Funke“ schloss sich dem politischen Lockdown ebenfalls nicht an, Funke-AktivistInnen beteiligten sich in Wien, Graz, Linz, Innsbruck, Bregenz, Steyr und St. Pölten an Demonstrationen und Kundgebungen der Linken mit Blocks, unserer Zeitung und Reden. Wir argumentierten dabei im Konflikt um die Schließung des MAN-Werkes in Steyr, der derzeit zentralen Klassenauseinandersetzung in Österreich, für eine Verstaatlichung des Werkes unter Kontrolle der ArbeiterInnen. Dort, wie in Pandemie und Krise überall in der Gesellschaft, wird deutlich, dass es eine revolutionäre Perspektive und eine sozialistische Alternative zum Kapitalismus braucht.
In Wien war der Funke schon ab dem frühen Morgen um 6:00 vor der Klinik Ottakring aktiv und etwas später mit einem großen Infotisch am Burgtheater vor dem Rathausplatz zu finden. Parallel dazu bildeten wir zwei Blocks auf größeren Demonstrationen: Einen auf der „MayDay-Demonstration“ mit insgesamt ca. 2.000 TeilnehmerInnen, und einen großen und lautstarken Block auf der „internationalistischen Demonstration“ mit insgesamt etwa 1.000 TeilnehmerInnen. Ihren Abschluss fanden beide Demos im Votivpark, wo danach tausende Menschen den schönen Nachmittag genossen.
Nachdem Autonome an einem Gerüst ein Banner befestigt hatten und mutmaßlich Zivilpolizisten diese festnehmen wollten, eskalierte die Situation auf dem Platz vor der Votivkirche. Die Zivilpolizisten setzten Pfefferspray ein, weitere Einsatzhundertschaften waren innerhalb weniger Minuten zur Stelle, es kam zu einzelnen Festnahmen.
Die Situation schaukelte sich immer weiter auf, bis schließlich in einem Akt der „Kollektivbestrafung“ der Votivpark selbst ohne Vorwarnung mit brutaler Polizeigewalt gestürmt wurde, in dem weiterhin viele hundert Menschen, unter anderem Familien mit ihren Kindern, in der Sonne saßen. Dutzende wurden umgekrempelt, durch massiven Pfeffersprayeinsatz verletzt, eingekesselt, Infotische linker Gruppen wurden durch die Polizei zerstört. So nahm der 1. Mai in Wien ein für die Staatsgewalt unrühmliches Ende. Die Aufgabe der SPÖ, der SJ und der Gewerkschaften wäre es, einen klassenkämpferischen 1. Mai mit dem Ziel des Sturzes der Regierung der Reichen zu organisieren. In Abwesenheit dieser Perspektive kam es am 1. Mai stattdessen zu Polizeiübergriffen gegen die Linke.
Auch in Graz fand gab es am Tag der Arbeit mehrere Demonstrationen. Der Funke nahm am Aufmarsch der SPÖ sowie jenem der KPÖ teil und veranstaltete die 1. Mai-Bündnis Demonstration um 16:00 mit. Der Aufmarsch der SPÖ war mit um die 100 Teilnehmern das kleinste Event, die KPÖ Demonstration mit um die 500 TeilnehmerInnen das größte. Die Demo am Nachmittag war mit ca. 200 v.a. jungen Menschen kämpferisch.
In Bregenz waren Funke und SJ Vorarlberg Initiatoren der Demonstration, die trotz Regen immerhin noch über 100 TeilnehmerInnen mobilisierte. Neben einem Block von uns, einem der aks und einem der türkisch-kurdischen Linken gab es auch einen Block kämpferischer KrankenpflegerInnen, die ihrem Unmut über die Politik lautstark Ausdruck verliehen.
In Linz beteiligten sich Funke-AktivistInnen mit einem eigenen Block unter dem Motto: „MAN: Verstaatlichung und Arbeiterkontrolle“ an der linken Demonstration, danach organisierten sie am Nachmittag einen Infotisch an der Donaulände.
In Innsbruck nahmen wir ebenfalls an der linken Demonstration von um die 1.000 TeilnehmerInnen teil, in einer Rede machte ein Funke-Unterstützer darauf aufmerksam, dass gerade in der jetzigen Situation die klassenkämpferische Geschichte des 1. Mai wiederbelebt werden muss.
Außerdem nahmen wie schon beschreiben Funke-UnterstützerInnen auch an der Kundgebung vor dem MAN-Werkstor in Steyr und einer Demonstration der kurdisch-türkischen Linken in St. Pölten teil.
Insgesamt verkauften wir am 1. Mai über 340 Funke-Zeitungen, viele davon zu einem höheren Solidaritätspreis von 5€ oder mehr: Politik muss selbstfinanziert sein, um unabhängig von Kapitalinteressen sozialistische und revolutionäre Schlussfolgerungen ziehen zu können. Funke-UnterstützerInnen sammeln daher schon seit vielen Jahren am 1. Mai Spenden, um die Finanzierung des alljährlichen Pfingstseminars sicherstellen zu können. Da es dieses Jahr wegen der Corona-Situation nicht im traditionellen Rahmen stattfinden kann, werden wir stattdessen eine „Rote Woche“ abhalten, in der in ganz Österreich regionale Veranstaltungen organisieren. Wir gehen nicht in den politischen Lockdown!
Daher: Wenn du es noch nicht getan hast, unterstütze auch du unsere Arbeit und Spende mit dem Betreff „Rote Woche“ – jeder Betrag, ob groß oder klein, zählt!
Und vor allem: Wenn du uns zustimmst, werde bei uns aktiv!